Mannheim. Nach der Einstufung der propalästinensischen Gruppe Zaytouna Rhein-Neckar-Kreis als Verdachtsfall durch das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) hat die Gruppe am Montagabend in Mannheim erneut demonstriert – und dabei die Vorwürfe scharf zurückgewiesen. Wie berichtet, stuft das LfV Zaytouna als einen zentralen Akteur des propalästinensischen Protestgeschehens ein und wirft der Gruppe unter anderem vor, auf Versammlungen und in sozialen Medien den Staat Israel und seine Bürger herabzuwürdigen. Die Leugnung des israelischen Existenzrechts sowie Sympathien für das in Deutschland verbotene Netzwerk Samidoun seien laut LfV Ausdruck einer Bestrebung, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richte. Eine Anfrage dieser Redaktion für eine Stellungnahme ließ Zaytouna seit Anfang Juli trotz mehrmaliger Anfrage bislang unbeantwortet.
Natürlich ist es uns scheißegal, dass wir vom Verfassungsschutz beobachtet werden.
Am Montagabend nun rief die Gruppe zur Kundgebung „Stoppt den Hungertod – brecht die Blockade jetzt“ auf dem Mannheimer Marktplatz auf. Nach Angaben der Polizei kamen in der Spitze bis zu 120 Menschen zusammen. In Reden wurde der Verfassungsschutz scharf kritisiert. Die Einstufung sei ein Versuch, die Protestbewegung einzuschüchtern. Es gebe kein Land mit einem juristischen Existenzrecht, sagte ein Redner. Israel stehe für „Genozid, Apartheid, Kolonialismus“. Er erklärte weiter: „Natürlich ist es uns scheißegal, dass wir vom Verfassungsschutz beobachtet werden.“ Aussagen, die die Einschätzung der Sicherheitsbehörden eher bestätigen als entkräften dürften.
Die Rednerinnen und Redner kritisierten teilweise emotional die humanitäre Lage in Gaza. Sie warfen Israel die Blockade von Hilfslieferungen vor und prangerten die Haltung und das Wegsehen deutscher Politiker an. Zaytouna werde sich trotz der Beobachtung durch den Verfassungsschutz auch weiterhin für die Rechte palästinensischer Gefangener in Israel und der Palästinenser in Gaza ein, hieß es.
Versammlungsbehörde untersagt Auftritt eines Redners – Gericht gibt Stadt Recht
Für die Demonstration hatte die Stadt Mannheim in einer Auflage ein Auftrittsverbot für einen bekannten Aktivisten der Gruppe erlassen. Der Grund: Bei früheren Versammlungen habe dieser die Parole „From the river to the sea, Palestine will be free“ in einer Form verwendet, die nach Ansicht der Versammlungsbehörde „aufstachelnd“ wirkte. Diese Konstellation habe sich laut Behörde wiederholt. Deshalb sei sein Auftritt nun untersagt worden, erklärt eine Sprecherin.
Zaytouna hat dagegen Rechtsmittel eingelegt. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe bestätigte laut der Sprecherin der Versammlungsbehörde die Auflage. Eine Bestätigung des Gerichts stand am Dienstag noch aus, erfolgte aber am Mittwochmorgen. Gegen die Ablehnung kann noch Beschwerde eingelegt werden.
Es ist das erste Mal, dass die Versammlungsbehörde eine solche Auflage in Mannheim gegenüber einem Einzelredner verhängt hat. Nach der Einstufung als Verdachtsfall hatte die Stadtverwaltung erklärt, eine „erhöhte Sensibilität im Umgang mit entsprechenden Versammlungen“ verfolgen zu wollen. Dies bedeute zwar nicht „automatisch schärfere Maßnahmen“, wohl aber eine noch „aufmerksamere Prüfung im Vorfeld“, hieß es.
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