Benz-Baracken

Wünsche der "Hartz und herzlich"-Stars zur Mannheimer Kommunalwahl

Es ist ein sehr ungewöhnliches Thema für "Hartz und herzlich": Bei einem Dreh am Freitag ging es um Demokratie und lokalpolitisches Engagement. Die Bewohner äußerten sehr konkrete Wünsche

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Steffen Mack
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Die Gastgeber Chris Rihm (v.l.), Markus Sprengler, Michael Klesius an den Mannheimer Benz-Baracken. © Michael Ruffler

Mannheim. Als Erster kommt ein großer Mann mit Kappe auf dem kahlen Kopf. Wer auch nur ab und an die in den Mannheimer Benz-Baracken gedrehten „Hartz und herzlich“-Folgen sieht, kennt ihn.

„Brauche ich ein Mikrofon?“, fragt Elvis, der wie alle in der Serie nur mit Vornamen genannt wird. Die Antwort gibt er sich selbst mit einem Kopfschütteln: „Ich bin laut genug.“

Formate wie dieses auf RTL2 spalten die Gemüter. Einige finden die Darstellung der Grundsicherungsempfänger voyeuristisch. Andere monieren, die bekämen unkritisch eine Bühne. Am Freitag indes geht es um ein für diesen Sender sehr ungewöhnliches Thema: Demokratie und lokalpolitisches Engagement.

Kommunalpolitik bei „Hartz und herzlich“: Manche wollen wählen gehen

Der Ausgangspunkt des Treffens, das im Haus der verstorbenen Dagmar im Freien Weg organisiert wurde, ist rund einen Kilometer entfernt. Dort hat Hausmeister Michael Klesius ein Büro im Reisegeschäft von Chris Rihm.

Von links im Uhrzeigersinn: Michael Klesius, Lothar, Markus Sprengler, Chris Rihm, Beate, Ela, Jannie, Leann, Elvis und Pascal sprechen im Haus der verstorbenen Dagmar über Kommunalpolitik. © Steffen Mack

Er und der Grünen-Stadtrat entwickelten die Idee, mit Bewohnern der - mittlerweile größtenteils ehemaligen - Baracken mal über Politik zu sprechen. Ihr Ziel ist es auch, die in mancher Gegend zuletzt sogar unter zehn Prozent liegende Wahlbeteiligung zu erhöhen.

Viele "Hartz und herzlich"-Akteure haben keine Wahlbenachrichtigung 

Mitgebracht hat Rihm seinen SPD-Kollegen Markus Sprengler. Die Fraktionszugehörigkeit der beiden spielt in dem rund einstündigen Gespräch jedoch keine Rolle, es geht überparteilich zu. Als Jannie sagt, sie sei schon sehr lange nicht mehr wählen gegangen, schlägt ihr Rihm vor, die 48 Stimmen quer durch die Listen auf ihr sympathische Menschen zu verteilen. Diese Möglichkeit biete einzig die Kommunalwahl.

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Ela will wählen. Beate auch, sogar zum ersten Mal. Andere halten sich da bedeckt. Elvis meint, als kroatischer Staatsbürger sei er dazu gar nicht berechtigt. Als er hört, dass er das doch ist, verweist Elvis auf eine fehlende Wahlbenachrichtigung. Rihm und Sprengler ermuntern ihn, bei der Stadt danach zu fragen.

"Hartz und herzlich"-Stars wünschen sich mehr Spielplätze

Die Zwei wollen von den Anwesenden wissen, welche Wünsche sie an die Politik haben. Die sind sehr konkret: Im Freien Weg solle mit dem Einrichten einer Spielstraße, Bodenschwellen oder Geschwindigkeitskontrollen das Rasen unterbunden werden (Ela: „Hier ist Tempo 30, die brettern teilweise mit 80 bis 100 durch“), es soll Angebote für Jugendliche und vor allem mehr Spielplätze geben.

Auf der anderen Straßenseite, wo die alten Blöcke durch schicke neue ersetzt wurden, gebe es zwar welche. Doch dort würden ihre Kleinen von den zugezogenen Nachbarn weggeschickt. Wobei Elvis dafür ein wenig Verständnis hat. „Allein in den drei Häusern bei uns leben mehr als 20 Kinder.“ Da werde es auf den Spielplätzen laut, auch weil die direkt neben Wohnzimmern lägen.

Zu viel Müll im sozialen Brennpunkt bei "Hartz und herzlich"

Ein Ärgernis ist auch, dass die neuen Häuser abschließbare, versenkbare Müllbehälter haben, aber offenbar viele - auch Fremde - ihren Abfall einfach in die frei zugänglichen auf der Straßenseite gegenüber werfen. Beim Abholen quelle dann aus ihren überfüllten Tonnen viel raus, schimpft Elvis. Weil sich die Müllabfuhr für nicht zuständig erkläre, habe seine Frau kürzlich auf der halben Straße alles aufgelesen.

Kritisiert wird zudem, dass Radfahrer und Fußgänger auf der Hessischen Straße ums Eck keine Möglichkeit haben, bei starkem Autoverkehr die Obere Riedstraße zu überqueren. Sie müssen schlimmstenfalls warten, bis eine Straßenbahn kommt, nur dann wird die Ampel für Autofahrer Rot. Das ist in der Tat sehr lästig und völlig unbegreiflich.

Jannies Tochter Leann wünscht sich das Neun-Euro-Ticket zurück, 49 Euro seien zu viel. Beate und ihr Sohn Pascal wenden ein, dass Grundsicherungsempfänger ein Sozialticket für 30 Euro bekommen könnten. Rihm und Sprengler erklären, damit sei Mannheim bundesweit einer der Vorreiter - und das habe der Gemeinderat beschlossen.

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Die Stadträte versprechen, alle Wünsche und Kritikpunkte mitzunehmen. Sie machen aber auch deutlich, dass sie nur zwei von 48 sind. Hilfreich sei, die Anliegen mal persönlich - wie es andere Gruppen täten - vor dem Ratssaal vorzutragen. Rihm will Elvis auch die Mailadressen aller Fraktionen schicken.

Elvis beklagt: „Die haben die Gegend abgeschrieben“

Der Kroate zeigt sich jedoch immer wieder skeptisch. „Die haben die Gegend abgeschrieben“, meint er. Dabei gebe längst ganz andere soziale Brennpunkte. „Und die haben Spielplätze“, ärgert sich Ela. Viel Kritik gibt es auch an der GBG. Die Wohngesellschaft wird man ständig überpiepen müssen, wenn das Treffen ausgestrahlt wird (wann, ist offen).

Am Ende appellieren die Stadträte, zur Wahl zu gehen. Von links bis rechts gebe es genug Angebote, sagt Rihm. „Aber bitte nur im demokratischen Spektrum!“ Also bis auf eine Partei. Den Namen nennt er, auf Wunsch des Aufnahmeleiters, nicht. Alle wissen auch so, wer gemeint ist.

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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