Klimaschutz

Wirrwarr um Zuschusss von Mannheimer Balkon-Solaranlagen

Seit Kurzem werden Mini-Solaranlagen für Balkone von der Stadt Mannheim bezuschusst. Ein Neckarauer folgte bei der Anmeldung seiner Anlage dem Rat der Klimaschutzagentur. Trotzdem stand seine Förderung auf der Kippe

Von 
Martin Geiger
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Die Nachfrage nach dem städtischen Zuschuss für die Balkon-Solaranlagen war sehr groß – nun gibt es vereinzelt Ärger wegen der benötigten Steckdose. © picture alliance / dpa-tmn

Mannheim. Die Energiewende in Deutschland wird, so ist es immer wieder zu hören und zu lesen, durch bürokratische Hürden erschwert. Regelmäßig wird erwähnt, dass etwa der Bau eines Windrades bis zu sieben Jahre dauert. Doch es hakt offenbar auch an anderer Stelle, wie nun Peter Wallerath aus Neckarau erfahren musste.

Er wollte einen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels leisten und hat sich, wie er berichtet, eine Solaranlage für den Balkon gekauft. Diese werden seit Kurzem von der Stadt mit 500 Euro gefördert. Die Nachfrage war so groß, dass innerhalb von zwei Wochen mehr als die 240 Anträge eingegangen sind, für die das Geld reicht. Doch das ist nicht Walleraths Problem.

Das Problem mit der Steckdose

Er war schnell genug, um sich den Zuschuss zu sichern – zumindest theoretisch. Erhalten hat er ihn jedoch noch nicht. Denn die Auszahlung scheiterte bislang an einem heiklen Punkt: der Steckdose, mit der der Neckarauer seine Anlage ans Stromnetz anschließen will.

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Was etwas skurril klingt, ist ein Problem, mit dem landauf, landab derzeit viele Menschen kämpfen dürften. Denn die Sache mit der Dose ist bei diesen Mini-Solaranlagen ziemlich verzwickt.

Fachleute widersprechen Norm

Laut der aktuell gültigen Norm muss in Deutschland solch ein Solarkraftwerk nämlich mit einem sogenannten Wielandstecker ans Stromnetz angeschlossen werden. Dieser soll sicherer sein als der herkömmliche Schuko-Stecker. Allerdings kostet der Einbau einer entsprechenden Dose nach Angaben von Experten der städtischen Klimaschutzagentur ungefähr 300 bis 400 Euro – die die Betreiber der Balkon-PV-Anlage selbst bezahlen müssen.

Das Kuriose dabei ist: Sehr viele Fachleute finden, dass der Wielandstecker gar nicht unbedingt nötig ist. Auch die Energieberater der Klimaschutzagentur sehen das so – weshalb sie bei einer Informationsveranstaltung Anfang März in der Abendakademie den Zuhörerinnen und Zuhörern empfohlen hatten, bei der Anmeldung der Anlage beim Netzbetreiber – der MVV Netze – den entsprechenden Absatz einfach durchzustreichen, mit dem man die Verwendung eines Wielandsteckers bestätigen sollte.

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So hat es Peter Wallerath auch gemacht, erzählt er. Die Folge sei jedoch gewesen, dass die MVV seine Anmeldung nicht akzeptiert habe. Ohne die Genehmigung des Netzbetreibers gilt sein Förderantrag aber als nicht vollständig – weshalb die Klimaschutzagentur ihm die Auszahlung des bereits reservierten Zuschusses verwehrt hat. „Mit solch einem Vorgehen wird man den Klimawandel nicht mehr aufhalten können“, ärgert sich der Neckarauer.

Heidelberg erlaubt beide Stecker

Er ist nicht der Einzige, der dieses Problem hat: Etwa ein halbes Dutzend solcher Fälle sind der Klimaschutzagentur bekannt, wie Prokuristin Marianne Crevon mitteilt. Was für die Betroffenen besonders schwer zu verstehen sein dürfte: Sowohl das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, die Bundesnetzagentur und der Bundesverband der Verbraucherzentralen haben sich bereits dafür ausgesprochen, den traditionellen Schukostecker zuzulassen.

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Selbst der Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE), der maßgeblich an der Erarbeitung der Normen beteiligt ist, hat sich im Januar für dessen Duldung ausgesprochen. Doch bis die Änderungen rechtlich greift, wird es aufgrund des komplexen Verfahrens wohl 2024. Und bis dahin gilt die alte Norm. Also die mit dem Wielandstecker.

Darum betont eine Sprecherin der MVV: „Damit MVV Netze eine Anmeldung für Balkonanlagen annehmen kann, müssen die Anmelder bestätigen, dass die Anlage gemäß VDE-Normen installiert wird.“

In Heidelberg, wo die Stadt die Anlagen ebenfalls fördert, geht man mit dem Thema anders um, erklären Vertreter von Kommune und Stadtwerken: Dort werden beide Stecker akzeptiert. „Für beide gibt es jeweils Richtlinien von unterschiedlichen Normierungsorganisationen“, teilen sie mit. „Um den Klimaschutz voranzubringen, möchten wir es den Antragsstellenden deshalb so einfach wie möglich machen.“

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Auch in Mannheim zeichnet sich nun ein Kompromiss ab: Wie die Initiative Quadrat-Solar Peter Wallerath mitteilte, hat die MVV ihr Anmeldeformular modifiziert. Inhaltlich verändert sich damit zwar kaum etwas. Doch der explizite Hinweis auf die spezielle Steckdose entfällt.

Alle Betroffenen, deren erste Anmeldung nicht anerkannt wurde, sollen das neue Formular jetzt zugeschickt bekommen, um es zu unterschreiben – und dann doch noch ihre Förderung zu erhalten.

MVV ändert Anmeldeformular

Wallerath findet diese Lösung „okay“. Die Klimaschutzagentur offenbar auch. Sie rät nun nicht mehr dazu, den Passus durchzustreichen. Stattdessen sollten die Anlagenbetreiber selbst entscheiden, ob sie einen Wielandstecker verwenden möchten oder nicht, erklärt Crevon – gegebenenfalls in Absprache mit ihrer Versicherung, um im Fall der Fälle auszuschließen, dass es bei einem Schaden zu Problemen kommt.

„Bei veralteten Elektroinstallationen sollte ein Fachbetrieb die Installation prüfen“, betont sie. „Ansonsten ist die Nutzung mit Schuko-Stecker unbedenklich, wenn der Wechselrichter über einen Netz- und Anlagenschutz verfügt.“ Mehrfachsteckdosen sollen den Experten zufolge nicht verwendet werden.

Redaktion Reporter für das Ressort "Mannheim".

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