Mannheim. Für Nicky Suiker ist das alles nichts Besonderes. „Was wir mal aufgebaut haben, bauen wir eben auch wieder ab“, sagt der Chefmonteur der Firma Doppelmayer. Er hat die Seilbahn schon im niederländischen Almere, wo sie zur Floriade 2022 fuhr, auf- und wieder abgebaut. Und jetzt koordiniert er die Demontage der beiden Stationen und der zehn Stützen der Seilbahn der Bundesgartenschau, die überwiegend an das österreichische Skigebiet Kappl verkauft worden ist.
Bei den drei kleinsten Pfeilern, direkt nach den Stationen, geht alles ganz schnell. Die direkt nach dem Antrieb auf Spinelli sind ja nur 14,12 und 5,5 Meter hoch gewesen. Bei der 41,5 Meter hohen Stütze am Weg entlang der Schützengesellschaft 1744 dauern die Arbeiten schon länger. Erst klettern Monteure, gesichert mit Auffanggurt und Helm, nach oben. „Wir bereiten den Abbau vor“, erklärt Suiker.
Schließlich umfasst die Rundrohrstütze sieben Segmente, dazu der Stützenkopf. Überall lösen die Monteure jede zweite Schraube und lockern die anderen schon mal vor. „Dann geht es später schneller“, erläutert Suiker, denn pro Stützen-Segment sind es teils über 100 Schrauben. Auch die Messeinrichtungen zur Überwachung von Windgeschwindigkeit und Windrichtung, die es auf fünf der Pfeiler gibt, sind bereits abmontiert.
Zusatzgewichte für den Kran
Derweil bringt Uwe Siebig den Autokran der Firma Gräser-Eschbach, die früher auch in Mannheim ansässig war, in Stellung. Nachdem alle Sensoren eingestellt sind, muss er sich aber erst schwerer machen. 60 Tonnen Gewicht bringt der Kran auf die Waage, aber von einem Tieflader lädt er drei weitere Stahlgewichte von 40 Tonnen, ehe Siebig seinen 60 Meter langen Ausleger ausfahren und mit der Arbeit beginnen kann. Auch für Siebig ist, wie er sagt, der Seilbahn-Abbau „nichts Besonderes“, hat er doch auch vor der Bundesgartenschau einen Teil der Stützen montiert.
Zunächst nimmt er die beiden Rollenbatterien nacheinander an den Haken. Sie umfassen jeweils zehn gummigefütterte Räder, an denen das Seil geführt wird. Je drei Tonnen wiegt solch ein Teil, das Siebig direkt auf der Pritsche eines Lastwagens absetzt. Der bringt sie zunächst zu einem Lagerplatz auf dem Spinelli-Areal. „Da müssen wir sie schon ein bisschen verpacken, ehe es auf die Autobahn nach Wolfurt geht“, erklärt Nicky Suiker. Dort, in Vorarlberg in Österreich, hat das als Weltmarktführer geltende Familienunternehmen seinen Sitz, und dort wird die Anlage noch mal überholt, ehe sie nach Kappl geht.
Das gilt aber nicht für alle Teile. Die Stütze inmitten der Feudenheimer Au neben einem Wirtschaftsweg mit einer Höhe von 32,43 Metern etwa wird in Mexico-City wiederverwendet, wie Suiker sagt. „Daher wird die auch als Nächstes abgebaut, denn die wird dort bald gebraucht, das eilt“, erläutert er. In Mexico City hat Doppellmayr eine urbane Seilbahnverbindung gebaut, die erweitert werden soll. In den österreichischen Alpen, wo ein Großteil der Mannheimer Materialien eine neue Verwendung findet, dienen sie der Modernisierung der bestehenden Diasbahn. Die dortige Anlage wurde 1987 errichtet und ist mit Vierergondeln ausgestattet. Zukünftig werden die Gäste mit den 64 Buga-Kabinen, in denen jeweils zehn Personen Platz finden, auf den Berg gebracht.
Aber noch läuft der Abbau in Mannheim. Nach den beiden Rollenlagern nimmt Kranführer Siebig den, wie die Seilbahnleute sagen, Stützenkopf mit Joch an den Haken – die wegen des Flugverkehrs in signalrot gestrichene Spitze des Turms. Knapp fünf Tonnen wiegt das Teil, das dennoch ganz leicht wirkt, als es zu Boden schwebt. Dann sind die Stahlsegmente der Stützen dran, die anfangs einen Durchmesser von 2,20 Meter haben und dann immer dünner werden. Auch das Fundament, das in einem Kleingarten sitzt, wird bis zum Frühjahr noch verschwinden.
Alles wird renaturiert
Nach dem Abbau der Pfeiler in der Au folgen zum Abschluss die Stützen 3, 4 und 5, die im Sportpark Pfeifferswörth und am Neckarufer Richtung Luisenpark stehen, wobei der nördlich des Neckars mit 46,6 Metern die Höchste ist. „Wir planen, dass wir in den nächsten drei Wochen die Stützen demontieren werden“, erklärt Nadine Haas, für Mannheim zuständige Projektleiterin der Firma Doppelmayr, den Zeitplan. Parallel arbeitet ein zweites Team der Firma an der Demontage der beiden Stationen, wo bereits die Verkleidung aus getönten Glasscheiben, Dach und Antrieb entfernt sind. Auch die Stationen werden in Kappl weiterverwendet.
Wenn Doppelmayr alles abgebaut und abtransportiert hat, ist es dann Sache der Bundesgartenschau-Gesellschaft, die Betonfundamente zu entfernen. Dabei handelt es sich um acht Schwerlastfundamente aus Beton mit Bodenplatte und Sockel sowie um zwei wölf bis 14 Meter tief reichende Pfahlgründungen. In der Feudenheimer Au müssen sie komplett, sonst bis auf eine Tiefe von 1,5 Metern entfernt werden – so lautete die Vorgabe des Regierungspräsidiums Karlsruhe im Genehmigungsbescheid. Die Grünflächen werden danach renaturiert. Dabei muss sogar der Boden „in der ursprünglichen Schichtung und Mächtigkeit wieder eingebaut“ werden, so die Behörde. Dazu hat die Genehmigungsbehörde im Planfeststellungsbeschluss eigens einen landschaftspflegerischen Begleitplan angeordnet,
Mit der Seilbahn waren während der Bundesgartenschau vom April bis Oktober 2023 laut elektronischer Zählung an den Stationen 3,06 Millionen Menschen gefahren – manche der 2,2 Millionen Buga-Besucher fuhren also doppelt. Dabei stellte ein Nachhaltigkeitsbericht der Hochschule Darmstadt fest, dass die Seilbahn die umweltfreundlichste Verbindung zwischen den Luftlinie knapp 2,1 Kilometer von einander entfernten Ausstellungsgeländen Spinelli und Luisenpark darstellt, welche die bestehende, öffentliche Verkehrsinfrastruktur nicht zusätzlich belastet. Doppelmayr hatte den Auftrag erhalten, die Seilbahn zu bauen, zu betreiben und wieder zu entfernen.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Zukunft von Seilbahn und Buga: Schwung nicht genutzt