Mannheim. Kommt es später, aber doch in der geplanten Form? Werden Größe und Umfang des Forums Deutsche Sprache, das am Alten Meßplatz erstehen soll, samt Innenausstattung reduziert? Oder wird es am Ende anderswo und in anderer Form gebaut werden? Offene Fragen verbinden sich derzeit mit dem vom Mannheimer Leibniz-Institut für Deutsche Sprache (IDS) initiierten Renommierprojekt. Dort, wo in diesem Herbst mit dem Bau begonnen werden sollte, am südlichen Teil des Platzes, neben der soziokulturellen Einrichtung „Alter“, sieht man weiterhin nur parkende Autos und eine öde, leere Asphaltfläche.
Wann und wie es weitergeht, ist nicht geklärt. Näheres zum Sachstand ist weder von der Stadt, die das exponierte Grundstück zur Verfügung stellt, noch vom IDS oder der Klaus Tschira Stiftung auf Anfrage zu erfahren. Die von SAP-Mitbegründer Klaus Tschira großzügig ausgestattete Stiftung mit Sitz in Heidelberg - laut Wikipedia beträgt das Eigenkapital vier Milliarden Euro - hatte im Sommer 2020 mitgeteilt, dass sie das Gebäude und die erste Dauerausstellung des innovativen Forums dem IDS schenken wolle. Die Stiftung ist die Bauherrin.
Von Kosten in Höhe eines zweistelligen Millionenbetrags war offiziell nur die Rede, nach Abschluss der Planungsphase ergab sich dann ein erhöhter Finanzbedarf. Die Differenz zum ursprünglichen Kostenansatz sei ebenfalls ein zweistelliger Millionenbetrag, ließ Stiftungsgeschäftsführerin Lilian Knobel im Juni in einer gemeinsamen Pressemitteilung ihrer Institution, der Stadt und des IDS wissen. Hinzu kämen „außergewöhnlich hohe Preissteigerungen im Bausektor“, die ja auch von anderen Projekten her bekannt sind. Stiftung, Stadt und IDS seien „im Gespräch, um eine tragfähige und finanzierbare Lösung zu finden“, hieß es. Zum Abschluss gekommen ist man damit noch nicht.
Pressesprecher Dirk Schumann teilt für die Stadtverwaltung mit: „Der Oberbürgermeister steht im Gespräch mit Stiftung und IDS.“ Und weiter: „Wir versuchen zu unterstützen und zu vermitteln.“ Sollte es einen neuen Sachstand geben, werde man dies in Abstimmung mit Stiftung und IDS mitteilen. Das IDS will sich nicht äußern. Von der Stiftung heißt es auf Anfrage, man sei im Gespräch, um „eine tragfähige und finanzierbare Lösung zu finden“.
Konzept des Forums sei „einzigartig und wichtig“
Die Frage nach den ursprünglich geplanten Kosten und der Steigerung bleibt unbeantwortet; man lässt wissen: „Die genauen Kosten für unsere Förderprojekte kommunizieren wir generell nicht.“ Ergänzt wird aber, dass die Stiftung das Konzept für ein Forum Deutsche Sprache weiterhin als „einzigartig und wichtig“ bewertet. Zu der zugesagten Schenkungssumme stehe man noch immer. An einer Realisierung sind alle Beteiligten interessiert. Ob sie es aber auch in gleichem Maße sind? Worum es näher geht in den Gesprächen, sagt keiner. Dass die Möglichkeit einer preisgünstigeren Fertigstellung erörtert wird, liegt auf der Hand. Die Frage, ob dies größere Abstriche bei den Inhalten des Forums zur Folge hätte, das sowohl über die aktuelle Sprache informieren als auch Beiträge zu ihrer Erforschung erbringen soll, schließt sich unmittelbar an.
Forum Deutsche Sprache
- Das Forum Deutsche Sprache soll nach Worten von IDS-Direktor Henning Lobin „die deutsche Sprache in all ihren Facetten erlebbar und verständlich machen“. Es ist als Begegnungsort und Forschungsstätte geplant.
- Es soll eine multimediale Ausstellung zur deutschen Sprache und ihren Varietäten bieten; das Publikum will man einladen, zur Wissenschaft beizutragen - durch Beantwortung von Fragen zum Sprachgebrauch und Dokumentation des individuellen Sprechens.
- Das Konzept folgt dem Wissenschaftstrend der Citizen Science (Bürgerforschung) und trägt der Tatsache Rechnung, dass Sprache alle betrifft und verbindet. Wissenschaft ist hier nicht exklusiv. Das soll auch die Ausstellung zeigen sowie das geplante Vortrags- und Veranstaltungsprogramm.
- Für Bürgerforschung in diesem Sinne steht das schon preisgekrönte Projekt „Sprachchecker“ des IDS. Unter Beteiligung von Jugendlichen wird die sprachliche Vielfalt im Stadtteil Neckarstadt-West dokumentiert.
Um den ursprünglichen Plan - ein Bau mit fünf Geschossen und einer Gesamtfläche von 4800 Quadratmetern - weiterzuverfolgen, ergeben sich zwei Optionen: Ein weiterer Geldgeber kommt hinzu, sei es ein öffentlicher oder privater - oder die Klaus Tschira Stiftung ringt sich doch dazu durch, die Kostensteigerung zu tragen. Die Suche nach einem öffentlichen Partner dürfte angesichts der bekannten Klage über klamme Kassen schwierig werden - und hätte in jedem Fall weiteren Zeitverzug zur Folge. Der zunächst geplante Eröffnungstermin 2027 ist schon jetzt kaum zu halten. Die Stadt, die laut ihrem Sprecher versucht „zu unterstützen und zu vermitteln“, versteht dies wohl eher ideell. Dass der Alte Meßplatz nun ohnehin für negative Schlagzeilen sorgt (Stichwort Drogen- und Gewaltkriminalität), dürfte das Interesse an einem zügigen Baubeginn erhöhen.
Das Land Baden-Württemberg und der Bund, die das IDS gemeinsam unterhalten, haben ihre Beiträge bereits erhöht; sie finanzieren den neuen Programmbereich „Dokumentationszentrum der deutschen Sprache“ mit sechs Personalstellen, der das inhaltliche Konzept des Forums ausführt und die laufende Arbeit der Ausstellungs- und Forschungsstätte gewährleisten soll.
SAP war seit Beginn Mannheim verbunden
Keiner sagt es laut, aber fast alle, die mit der Sache befasst sind, werden sich denken: Die beste Lösung wäre, wenn die Klaus Tschira Stiftung auch die Mehrkosten übernähme. Dass sie dazu in der Lage wäre, lässt sich wohl behaupten. Vielleicht darf man in diesem Zusammenhang auch daran erinnern, dass das 1972 in Weinheim gegründete Softwareunternehmen SAP sogleich ein Büro in Mannheim eröffnete. Der Stadt und ihrer kulturellen Infrastruktur ist im Übrigen schon eine andere Stiftung eines SAP-Mitbegründers verbunden: Die Hector-Stiftung steuerte zum Neubau der Kunsthalle einen „zweistelligen Millionenbetrag“ bei, nämlich 50 Millionen Euro.
Über ihre „Förderphilosophie“ schreibt die Tschira-Stiftung auf ihrer Homepage: „Um Ideen mit besonderem Potenzial umzusetzen, sind wir bereit, neue Wege zu gehen. Unseren Projektpartnern ermöglichen wir Gestaltungsfreiheit, die Förderung zielt auf eine nachhaltige Wirkung ab. Ein erfolgreicher Abschluss der Projekte ist uns wichtig.“ Neue Wege gehen, nachhaltig wirken, erfolgreich abschließen: Beim Forum Deutsche Sprache eröffnen sich erweiterte Möglichkeit dazu.
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