Alter Meßplatz

55.000 Euro für Mannheimer Freizeitprojekt ALTER - und einige offene Fragen

Das Projekt ALTER bekommt eine Finanzspritze aus der Mannheimer Stadtkasse. In der Politik-Debatte darüber gab es einen ersten Lösungsansatz zur Kriminalität rund um den Alten Meßplatz. Und es ging um die "Frauenarmee"

Von 
Timo Schmidhuber
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Ein für viele wichtiger Anlaufpunkt in der Neckarstadt: das Freizeitprojekt ALTER am Alten Meßplatz. © Christoph Blüthner

Mannheim. Die Diskussion dauerte gut eine halbe Stunde. Dann gaben die Stadträtinnen und Stadträte im Hauptausschuss wie erwartet doch grünes Licht: Das Freizeitprojekt ALTER am Alten Meßplatz bekommt eine einmalige Unterstützung von 55.000 Euro. Nächste Woche muss zwar noch der gesamte Gemeinderat zustimmen, aber das gilt jetzt nur noch als Formsache. Trotzdem sehen die Kommunalpolitiker noch so manche ungeklärte Frage - zum ALTER genauso wie zur Sicherheitslage am Alten Meßplatz. Und dann wurde auch noch sehr emotional diskutiert, wie der Begriff „Frauenarmee“ einzuschätzen ist. Doch dazu später mehr.

Der 55 000 Euro-Zuschuss für ALTER und den Betreiberverein POW ist fürs laufende Jahr gedacht. SPD, Grüne und die damalige Fraktion LI.PAR.Tie hatten ihn bei den Etatberatungen im vergangenen Jahr auf den Weg gebracht. Allerdings sollte POW vor der Auszahlung ein Konzept vorlegen. Dafür hatte der Verein - trotz intensiver Unterstützung durch das städtische Quartiermanagement - jetzt doch einige Zeit gebraucht. Das Haushaltsjahr jedenfalls neigt sich fast schon wieder dem Ende zu.

Freizeitprojekt ALTER: CDU und FDP fürchten weitere Zahlungen in der Zukunft

Dass POW mit dem ALTER wichtige Arbeit für die Neckarstadt leistet, das sehen nicht nur SPD, Grüne und LTK (die neue Fraktion aus Linke, Tierschutzpartei und Klimaliste) so, sondern auch CDU und FDP. Dennoch gab es offene Fragen - zum Beispiel die, ob der einmalige Zuschuss in Zukunft weitere Zahlungen nach sich ziehen wird. Aktuell gibt es bei POW eine Sozialarbeiterstelle, sie ist für drei Jahre finanziert über das SWR-Spendenprojekt „Herzenssache“, dazu kommt die Arbeit von Ehrenamtlichen. „Was passiert, wenn die das Angebot nicht mehr stemmen können und plötzlich drei Vollzeitstellen nötig sind?“, wollte CDU-Stadtrat Christian Hötting wissen. Er wolle hier schon mal „eine sanfte rote Linie einbauen“, dass die Stadt nicht mehr finanzieren könne, betonte er. Auch sieht Hötting die Gefahr, dass durch das Angebot von ALTER möglicherweise Doppelstrukturen in der Sozialarbeit aufgebaut werden.

Die große Frage: Wann wird das Forum Deutsche Sprache gebaut?

Reinhold Götz (SPD) fordert von der Stadtverwaltung mit Blick auf die kommenden Haushaltsberatungen im Dezember eine Stellungnahme, wie sie das Projekt ALTER einschätzt. Ihn treibt vor allem der sich verschärfende Drogenhandel und die Kriminalität im südlichen Bereich des Alten Meßplatzes um (wir berichteten). „Der Verein POW wäre überfordert, wenn man ihn mit der Situation alleine lassen würde“, betonte Götz. Er verlangt von der Polizei, dass sie den Stadträten ausführlich ihre Einschätzung der Sicherheitslage am Alten Meßplatz vorstellt. Die bisherigen Aussagen in der Presse hätten sich doch „auf einer sehr allgemeinen Ebene“ bewegt. Tobias Vahlpahl, der Leiter des städtischen Quartiermanagements, konnte in dieser Sache in der Sitzung immerhin verkünden, dass kommende Woche ein Ortstermin von Stadt, Polizei und anderen betroffenen Akteuren auf dem Alten Meßplatz anberaumt sei. Das Ziel: Schauen, wie sich die Situation dort verbessern lasse.

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Wichtig für die weitere Entwicklung rund um den Platz ist aus Sicht von Götz auch die Frage, wann das Forum Deutsche Sprache gebaut werde. Für das Museum, das die Klaus Tschira Stiftung für das Institut für Deutsche Sprache errichten will, gibt es derzeit wie berichtet noch eine große Finanzierungslücke. Wenn dafür keine Lösung gefunden werde, „müssen wir sehen, wie wir damit umgehen“, so Götz. Dennis Ulas (LTK) betonte, gerade mit Blick auf den Drogenhandel und die Verzögerung beim Forum sei es wichtig, dass die südliche Platzhälfte von einem Projekt wie ALTER bespielt werde. Die Gefahr von Doppelstrukturen in der Sozialarbeit sieht Ulas nicht. „Sozialarbeit muss man dort anbieten, wo die Menschen unterwegs sind.“

Auch Birgit Reinemund (FDP) hält es für wichtig, dass es auf der südlichen Platzhälfte ein Angebot wie den ALTER gibt. „Da ist Gutes entstanden.“ Doch auch sie fürchtet wie Hötting mögliche weitere finanzielle Begehrlichkeiten.

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Die „Frauenarmee“ sorgt für hitzige Diskussionen

Bleibt zum Schluss noch die Sache mit der „Frauenarmee“, die in der Sitzung für eine hitzige Debatte sorgte. Dabei handelt es sich um ein Projekt von POW, das gegen die „Unterrepräsentation von Frauen im öffentlichen Raum“ vorgehen will und das ebenfalls Teil des vorgelegten ALTER-Konzepts ist. Zum Projekt gehört die Konzertreihe „Musik von Frauen für Frauen“, bei der ausschließlich „nicht-männliche Künstler*innen“ auftreten sollen, und zwar „ausnahmslos vor einem weiblichen Publikum“. Das ging Holger Schmid (Mannheimer Liste) dann doch deutlich zu weit. „Ausgrenzung mit Ausgrenzung zu beantworten, war noch nie eine gute Idee“, sagte er. Christian Hötting betonte, dass es wichtig sei, Gleichberechtigung herzustellen. Er bezweifle aber, ob das Projekt „Frauenarmee“ der richtige Weg dafür sei. Nina Wellenreuther (Grüne) entgegnete auf Schmids Diskussionsbeitrag sinngemäß, dass man jemanden, der Frauenrechte ignoriere, durchaus auch ausgrenzen könne. Es war dann SPD-Stadträtin Melanie Seidenglanz, die versuchte, eine Brücke zu schlagen. Sie bot Schmid einfach an, ihn zum Frauenkonzert mitzunehmen.

Das reichte nicht, um den ML-Fraktionschef von dem 55 000-Euro-Zuschuss für den ALTER zu überzeugen. Die ML votierte dagegen, genauso wie die AfD. „Das Konzept“, sagte Stadtrat Jörg Finkler, „kommt mir so vor, wie aus dem Boden gestampft, um die 55 000 Euro zu kriegen.“

Redaktion Stellvertr. Leiter der Lokalredaktion Mannheim

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