Mannheim. Es scheint alles kaum aufzufallen. Jetzt ist seit Tagen in allen Medien die Rede vom Warntag, vom großen Probealarm – aber gegen 11 Uhr am Mannheimer Wasserturm, im Herzen der Metropolregion, ist alles wie immer. Reger Lieferverkehr von Autos in der Fußgängerzone, viele Passanten. Acht Minuten vor 11 Uhr werden die digitalen Werbetafeln an den Stadtbahnhaltestellen plötzlich dunkel, dann leuchtet der Schriftzug auf „Dieser Screen warnt und informiert.“ Aber ob die Menschen an den Haltestellen oder die, die aus den Bahnen aussteigen – es schaut keiner hin. Und das bleibt auch so, als der Probealarm losgeht.
Noch ehe der Zeiger der Uhr auf die 11 springt, heulen die Sirenen los, sehr laut vernehmbar. Dann schrillt das Handy, grell und unangenehm. Gleichzeitig ist ein großes Ausrufezeichen an der Stadtbahnhaltestelle zu sehen. „Probewarnung bundesweit – Es besteht keine Gefahr“ steht da. Und in vielen Jacken und Taschen geben Handys schrille Laute von sich. Dazu leuchtet noch die Warn-App NINA auf. Drei Signale auf einmal also.
Warn-App löst verzögert aus
Aber auf der Straße ist nur große Gelassenheit und normale Geschäftigkeit zu beobachten. Manchmal schaut jemand auf sein Handy, aber in manchen Taschen klingelt es einfach weiter. Niemand schaut auf die großen Werbebildschirme. Spricht man Menschen an, reagieren sie recht teilnahmslos. Ja, ja, man habe von der Probewarnung gehört, die Sirenen gehört. Auf den Planken ist von Weitem auch eine Sirene länger zu hören als die eine Minute, die der Alarm dauern soll. Was sollte man jetzt im Ernstfall tun? Das wisse sie „eigentlich nicht“, druckst eine Frau etwas herum. „Hoffentlich passiert nichts“, murmelt sie dann noch.
KATWARN, die zweite Warn-App neben NINA, löst erst um 11.24 Uhr aus. In einer Bäckerei berichtet eine Mitarbeiterin, junge Kolleginnen hätten bei den Alarmtönen erschrocken auf ihre Handys geschaut. „Dabei war in meiner Kindheit Probealarm ganz normal, da gab es das zwei Mal im Jahr“, sagt sie.

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Aber viele Menschen haben offenbar doch mitbekommen, was geplant ist. Beim Mannheimer Polizei-Notruf gehen aus Mannheim, Heidelberg und dem Rhein-Neckar-Kreis nach Angaben eines Sprechers „deutlich unter zehn“ Anrufe von Bürgern ein, die verunsichert sind oder sich informieren wollen. „Nur vereinzelt Anrufe“ meldet die Mannheimer Feuerwehr-Leitstelle, welche die Sirenen in der Stadt ausgelöst hat. Nach einer ersten Übersicht haben alle 65 funktioniert. „Ich bin zufrieden“, so Erster Bürgermeister und Feuerwehrdezernent Christian Specht. „Die Sirenen haben Alarm ausgelöst und waren gut zu hören. Auch die Warnapps und Cell Broadcasting hat gut funktioniert“, sagt er. Allerdings sei für die Warn-Apps der Bund zuständig. Wenn jemand in einem geschlossenen Gebäude sei, etwa unter der Dusche stehe und die Sirene nicht laut genug höre, dann sei das kein Problem – denn Sirenen dienten ja dazu, die Menschen aufzufordern, in geschlossene Gebäude zu gehen, Fenster und Türen zu schließen und dann dort Informationen über Radio oder Internet aufzurufen. „Aber bei uns war es überall unüberhörbar“, so Andreas Hilgenstock von der Geschäftsleitung des Mannheimer Modehauses Engelhorn, wo aber der Geschäftsbetrieb wie überall ganz normal weiterläuft.
Fehler bei der Entwarnung in Mannheim
Allerdings passiert in Mannheim ein Fehler bei der für 11.45 Uhr angekündigten Entwarnung. Statt dem Dauerton von einer Minute wird er, zumindest in der Innenstadt, zwei Mal kurz unterbrochen – früher das Signal für Feueralarm. Um 11.49 Uhr kommt die richtige Entwarnung.
Ralph Tiesler, der Präsident des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), will die Rückmeldungen aus dem gesamten Bundesgebiet „nun auswerten und damit das System weiter optimieren“. In einigen Gemeinden des Rhein-Neckar-Kreises ist es nämlich am Warntag, abgesehen von Handys, still geblieben – sie haben keine Sirenen. Das gilt ebenso für Teile von Südhessen und der Pfalz. Und die Alarmierung über die Warn-Apps sei „häufig zeitverzögert auf den Smartphones angekommen“, so der Brand- und Katastrophenschutzinspekteur des Landkreises Alzey-Worms, Michael Matthes. „Technisch betrachtet gibt es Optimierungsbedarf“, sagt Landrat Dietmar Seefeldt von der Südlichen Weinstraße. Aber das Thema Warnung sei „in den Köpfen der Menschen angekommen“, meint er.
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