Nachrücker-Serie

Wie der neue Mannheimer AfD-Stadtrat Rainer Kopp Björn Höcke und Alice Weidel sieht

Seit der Kommunalwahl 2019 sind 15 Menschen in den Mannheimer Gemeinderat nachgerückt, mehr als jemals zuvor. Nun ist es Rainer Kopp, der sagt: "Glücklich bin ich darüber nicht." Was der AfD-Mann damit meint

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Steffen Mack
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Rainer Kopp vor dem Schloss. In die AfD ist er 2015 wegen des Vorsitzenden Jörg Meuthen eingetreten. Heute findet er Nachfolgerin Alice Weidel sehr gut. © Steffen Mack

Mannheim. Die Frage nach dem Foto hat Rainer Kopp erwartet. „Ich wusste, dass Sie damit kommen“, sagt er. Am Abend der Kommunalwahl 2019 hätten Rüdiger Ernst und er nur in der ersten Reihe im Ratssaal posiert, um jenes Bild als persönliche Erinnerung zu haben. Doch dann habe es der damalige Mannheimer AfD-Kreisvorsitzende Robert Schmidt ins Internet gestellt und „Danke für Ihr Vertrauen“ darunter geschrieben. Zwei Tage später stellte sich nach der Stimmenauszählung heraus, dass Ernst und Kopp - die Ersten auf der AfD-Liste - nicht gewählt worden waren. Das gab Häme.

Ich hätte liebend gerne noch fünf Monate gewartet.
Rainer Kopp AfD-Stadtrat in Mannheim

Hat Kopp sich sehr geärgert, es nicht geschafft zu haben? „Jein“, sagt er. „Wäre schon cool gewesen“, habe er sich anfangs gedacht, dann aber schnell gemerkt, dass das kein Drama sei. „Da muss man halt durch.“

Rainer Kopp rückt in den Mannheimer Gemeinderat nach

Jetzt hat es doch noch gereicht. Nach Ernst ist auch er in den Gemeinderat nachgerückt. Freuen könne er sich darüber nicht wirklich, so der 54-Jährige. „Ich hätte liebend gerne noch fünf Monate gewartet.“ Er kam nur noch vor der Kommunalwahl zum Zug, weil AfD-Fraktionschef Bernd Siegholt verstarb.

Mit dem „Mannheimer Morgen“ hat er sich für dieses Porträt am Stadthaus verabredet. Das Wetter ist am frühen Abend recht schön, also ein Spaziergang zum Schloss. Erst das Biographische: Kopp ist in Heidenheim geboren, lebt seit 1994 in Mannheim. Mit seiner Frau und seiner 18-jährigen Tochter wohnt er in den C-Quadraten. Der neue Stadtrat arbeitet als Kaufmann in der Autobranche.

Infrastruktur ist für den neuen Stadtrat das drängendste Problem

Auf die Frage nach den für ihn drängendsten Themen nennt Kopp die „ganz üble“ Infrastruktur. Manche Schlaglöcher „reißen einem die halbe Achse weg“. Die Stadt müsse dringend mehr Geld in ihre Straßen investieren. Bei Radwegen („ich fahre auch gerne mit dem Rad“) empfiehlt er, zunächst mal den Bestand zu sanieren, statt neue „Radautobahnen“ zu bauen. So missfällt ihm die in der Feudenheimer Au: „Wie kann man so einen breiten Streifen mitten in die Natur betonieren?“

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Die Wahrscheinlichkeit, dass Kopp fortan die Mannheimer Verkehrspolitik und andere Bereiche entscheidend mitgestalten kann, ist allerdings gering. Alle anderen Fraktionen lehnen bislang eine Zusammenarbeit mit seiner AfD strikt ab.

So sieht Rainer Kopp die Demos gegen rechts

Wie ist es, für eine Partei in den Gemeinderat einzuziehen, gegen die vor Kurzem noch Woche für Woche landauf, landab Zehntausende Menschen auf die Straße gingen? „Das basiert doch auf einer Lüge“, meint er. Kommt jetzt eine Verschwörungstheorie (Siegholt etwa glaubte, hinter den „Correctiv“-Enthüllungen über das Potsdamer Treffen stecke die Ampel, um von den Bauernprotesten abzulenken)? „Nein“, sagt Kopp. Ihm gehe es um den Begriff „Deportation“, den Medien anfangs fälschlicherweise benutzt hätten und bei dem man ans Dritte Reich denke. Gesprochen worden sei jedoch lediglich um Remigration von Menschen, die etwa straffällig würden. „Damit hätte ich kein Problem.“ Es gehe ja keineswegs darum, jemanden nur rauszuschmeißen, weil der einem nicht passe.

Bitte schreiben Sie nichts Böses.
Rainer Kopp AfD-Stadtrat Mannheim

Er habe nichts gegen Migranten, beteuert Kopp, seine Frau komme aus Bulgarien. Aber für sie beide laute nun mal die Devise: „Wenn ich in einem anderen Land bin, muss ich mich an die Regeln halten.“

Auch wenn Kopp das in Potsdam Diskutierte nicht für verwerflich hält, bedauert er die Enthüllungen dennoch. „Das gibt unseren politischen Gegnern natürlich Munition.“ Das gelte auch für manche Aussage des Thüringer AfD-Chefs Björn Höcke, „der kokettiert gern mit Zweideutigem“. Für rechtsextrem halte er ihn jedoch nicht. Generell gelte für ihn wie für die große Mehrheit in der AfD: „Nazis und Rechtsradikale wollen wir nicht in unserer Partei haben.“ Leider auch einige Spinner und Querulanten anzuziehen, sei indes bei jeder neueren Bewegung so. Das werde sich schon einspielen.

AfD-Stadtrat Rainer Kopp findet Alice Weidel sehr gut 

Kopp trat auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015 in die AfD ein. Wegen Jörg Meuthen, erzählt er, ein Auftritt des damaligen Vorsitzenden in der Lanzkapelle habe ihn begeistert. Dass der die Partei verlassen habe, weil sie ihm zu radikal sei, sehe er nicht so. Meuthen sei vielmehr „nicht wirklich ein Teamplayer“.

Wen der Mannheimer Vize-Kreisvorsitzende nun sehr gut findet, ist die Bundesvorsitzende Alice Weidel. Über eine zunehmende Radikalisierung der AfD witzelt er: Wenn sie immer weiter nach rechts gehe und die Erde ja eine Kugel sei, müsse sie irgendwann ganz links landen.

Auf dem hinteren Schlosshof wird Kopp das Gespräch über seine Partei zu viel. „Wollen Sie mich nicht vielleicht auch mal was zur Bibliothek fragen?“, sagt er leicht sarkastisch. Klar. Aber erstens hätte er die eingangs selbst ansprechen können, als es um die ihm wichtigsten Themen ging - da erwähnte er nur die Verkehrsinfrastruktur. Zweites räumt Kopp auf Nachfrage ein, dass sich wohl mehr Menschen für seine Position in der AfD als für seine Haltung zur Stadtbücherei interessieren. Er ist übrigens der Meinung, dass die im Stadthaus bleiben und auf einen Neubau verzichtet werden sollte.

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Dann geht es noch um ein paar andere Themen. So hat er sich neulich im Integrationsausschuss über zwei Rednerinnen geärgert, die sich beim Kritisieren des israelischen Militäreinsatzes in Gaza nicht vom Terror der Hamas distanziert hätten. Der Islam gehört in seinen Augen nicht zu Deutschland, aber die hier lebenden Muslime, solange sie sich anpassen. Die Entwicklung der Breiten Straße missfällt ihm sehr. Und er findet, keiner dürfe zum Umstieg auf Bus oder Bahn gezwungen werden, weil die viel zu unzuverlässig seien.

Nach gut einer Stunde führt der Spaziergang zurück zum Stadthaus. Eigentlich ist nun auch vieles geklärt, oder? Er nickt. „Bitte schreiben Sie nichts Böses.“ Nein, nie. Alles, was er gesagt hat, spricht ja für sich.

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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