Einige Premieren

Wer bei der Kommunalwahl in Mannheim antritt und was sich ändert

Erstmals braucht man keinen festen Wohnsitz in Mannheim mehr, um bei der Kommunalwahl zu kandidieren. Das dürfen nun auch 16- und 17-Jährige. Eine weitere Premiere: Keine Ergebnisse mehr am Wahlabend

Von 
Steffen Mack
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Sitzung des Gemeindewahlausschusses mit dem Vorsitzenden Christian Specht (Dritter v. l.). Die vielen Zuschauer im schlauchartigen Raum befinden sich hinter dem Fotografen. © Steffen Mack

Mannheim. Christian Specht hat offenbar gute Laune. Am Ort liegt das sicher nicht. „Machen wir das immer hier, ist das historisch?“, fragt der Mannheimer Oberbürgermeister ungläubig, als er am Mittwochmorgen am Tisch Platz nimmt. Die Mitglieder des Gemeindewahlausschusses, dessen Vorsitz er nun kraft Amtes erstmals inne hat, nicken. Specht meint, wohl halb im Scherz: „Dann hoffen wir mal, dass niemand wegen Sauerstoffmangel umfällt.“ Ohne die Spannung kaputtmachen zu wollen: Das wird in der folgenden, rund halbstündigen Sitzung zum Glück nicht passieren.

13 Parteien und Gruppierungen treten bei Mannheimer Kommunalwahl an

Der schlauchartige Raum 58a im Rathaus eignet sich aber in der Tat für so viele Menschen höchstens mittelgut. Außer den Wahlausschussmitgliedern (Zuständige aus der Stadtverwaltung sowie von den Fraktionen Benannte) vorn am Tisch sitzen auf den Zuschauerbänken auch - teils mehrere - Vertreter aller am 9. Juni kandidierenden Parteien und Gruppierungen. Dies sind 13.

Wer das für eine Unglückszahl hält, dürfte sich nun ein weiteres Mal gruseln. Exakt so viele waren es auch bei der letzten Kommunalwahl vor fünf Jahren. Damals wollte als 14. noch die Familienpartei antreten. Doch sie brachte nicht die 250 Unterstützer-Unterschriften zusammen, die alle bisher nicht im Gemeinderat vertretenen Gruppierungen vorlegen müssen.

Die Grünen stehen auf den Wahlbögen an erster Stelle

Diesmal werden alle zugelassen. Die Reihenfolge der Listen richtet sich nach den Ergebnissen 2019. Die Ersten auf den Wahlbögen sind somit die Grünen, die mit 24,4 Prozent seinerzeit stärkste Kraft wurden. Es folgen SPD (21,2), CDU (19,1), AfD (9,2), Mannheimer Liste (7,4), FDP (6,1), Linke (6,0), die satirische PARTEI (3,0), Mittelstand für Mannheim (1,3) und die Tierschutzpartei (1,1).

Wie man seine 48 Stimmen vergeben kann

  • Bei der Kommunalwahl hat man – entsprechend der Mitgliederzahl des Mannheimer Gemeinderats – 48 Stimmen. Um die zu vergeben, gibt es drei unterschiedliche Möglichkeiten. Zwei davon kann man miteinander kombinieren.
  • Am simpelsten ist es, nur eine Liste unverändert abzugeben. Dann erhalten alle darauf Stehenden jeweils eine Stimme.
  • Wer bestimmte Kandidaten besonders schätzt, kann ihnen aber auch bis zu drei Stimmen auf einmal geben. Die sind hinter ihren Namen einzutragen. Der Fachbegriff dafür lautet Kumulieren.
  • Man muss sich nicht nur auf eine Liste beschränken, sondern kann auch für Bewerber anderer Parteien stimmen. Das heißt Panaschieren. Dann gibt man entweder mehrere Listen ab, oder schreibt die Namen von anderen unten auf einer mit dazu. Inklusive der jeweiligen Kandidaten-Nummer und der gewünschten Stimmenzahl, also eine, zwei oder drei.
  • Allerdings sollte das Mitzählen nicht vergessen werden. Wer mehr als 48 Stimmen vergibt, dessen Wahlbogen ist ungültig. Sind es weniger als 48, verfällt der Rest.
  • Bei der Kommunalwahl 2019 gaben rund 45 000 Menschen nur eine unveränderte Liste ab. Eine breite Mehrheit von etwa 75 000 nutzte die Möglichkeiten, zu kumulieren und zu panaschieren.

 

Neu dabei sind die Klimaliste Deutschland, eine vom früheren Einzelstadtrat Julien Ferrat angeführte Wählerinitiative namens „DIE MANNHEIMER“ sowie eine Gruppierung, die sich „Schützt die Autos“ nennt. Für sie kandidieren vier Studierende, drei von ihnen heißen mit Nachnamen Caglayan.

Ebenfalls keine vollständigen Listen eingereicht haben die Klimaliste mit 16 Namen, die Tierschutzpartei mit 24 und die PARTEI mit 32. Alle anderen sind mit 48 vollzählig.

Beim letzten Mal trat auch die NPD in Mannheim an

Auf eine Teilnahme an der Kommunalwahl verzichtet haben diesmal das Bündnis für Innovation und Gerechtigkeit (2019 holte es 0,5 Prozent) sowie die NPD (0,3), die sich heute „DIE HEIMAT“ nennt. Nicht mehr auf den Wahlbögen steht auch Ferrats frühere Vereinigung, die Mannheimer Volkspartei. Sie scheiterte vor fünf Jahren mit 0,5 Prozent. Einige ihrer Kandidaten finden sich aber auch auf der neuen Liste.

Generell greifen am 9. Juni einige Neuerungen. So dürfen bei der parallel angesetzten Europawahl auch 16- und 17-Jährige mitmachen. Bei der Kommunalwahl können sie erstmals sogar kandidieren. Voraussetzung dafür ist auch nicht mehr, in Mannheim zu wohnen. Jetzt genüge ein „gewöhnlicher Aufenthalt“ hier, so Jens Hölderle vom städtischen Fachbereich Demokratie und Strategie. Unter dieser Voraussetzung dürfen nun auch obdachlose Menschen wählen und gewählt werden.

Mehr Wahlbezirke in Mannheim und eine weitere Premiere

Zudem sind die Wahlbezirke neu zugeschnitten, ihre Zahl hat sich von 199 auf 220 erhöht. Sie verteilen sich auf 51 Gebäude, größtenteils Schulen. Und bei der Auszählung kommt laut Hölderle erstmals eine spezielle Software zum Einsatz.

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Eine weitere Premiere, die indes nicht alle begeistert: Am 9. Juni wird nur bekannt gegeben, wie die Europawahl in Mannheim ausgegangen ist. Kommunalwahl-Ergebnisse gibt es am Sonntagabend noch gar keine. Bislang hat man da zumindest die Stimmzettel ausgewertet, die unverändert abgegeben wurden. 2019 waren das 37,5 Prozent.

Wahlhelfer erhalten statt 60 diesmal 100 Euro Entschädigung

Diesmal erfolgt die Auszählung, wie in anderen Südwest-Städten schon länger üblich, hauptsächlich am Montag und Dienstag. Das übernehmen Beschäftigte der Stadt. Ein Grund für diese Neuerung ist auch die bundesweit wachsende Schwierigkeit, ausreichend ehrenamtliche Wahlhelfer zu finden. Als Anreiz hat die Stadt ihre Entschädigung von 60 auf 100 Euro erhöht. Noch werden Interessenten gesucht (Infos unter www.mannheim.de/ichbindabei).

Voraussichtlich ab Anfang Mai werden die Wahlbögen verschickt. Bis 19. Mai soll der Versand abgeschlossen sein. Briefwahl im Rathaus ist ab 13. Mai möglich. Übrigens in jenem Raum 58a, der Specht nicht sonderlich begeistert hat. Aber eine Stimmabgabe ist ja auch etwas völlig anderes als eine Sitzung.

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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