Mannheim. Ein „Schritt nach vorne“ ist es nach Einschätzung von Bürgermeister Volker Proffen. „Ich glaube nicht, dass wir damit am Ziel sind“, räumt der Sicherheitsdezernent zwar ein. „Aber irgendwie einigt man sich“, sagt er zu einer bisher unbekannten Gemeinsamkeit. Erstmals sind nämlich Proffen als Vertreter der Stadt auf der einen Seite sowie Repräsentanten der Rettungsdienste und der Krankenkasse auf der anderen Seite zusammen aufgetreten. Sie stellten eine Vereinbarung vor, über die fünf Jahre verhandelt, ja sogar intern heftig gestritten worden ist. Für Proffen stellt es „ein sehr positives Zeichen“ dar, dass man sich nun einigen konnte. „Wir sind schon relativ gut, aber wollen noch besser werden und haben noch Potenzial“, fasst Proffen die Vereinbarung zusammen.
Das Problem ist: „Wir können nur Wünsche äußern“, beschreibt der Bürgermeister die Rolle der Stadt. Im Rettungsdienst ist sie nämlich kein Akteur. Das sind allein die Hilfsorganisationen und die Krankenkassen, die gemeinsam den Bereichsausschuss bilden, in dem alle Entscheidungen fallen. Im Vorsitz wechseln sich Joachim Schmid (Arbeiter-Samariter-Bund/ASB) und Sascha Stumpf (AOK) ab. Bei der Stadt liegt nur die Rechtsaufsicht, ein Stimm- oder Vetorecht hat sie nicht.
Drei Entwürfe hat die Stadt bisher zurückgewiesen
Allerdings muss sie den sogenannten Bereichsplan, den Krankenkassen und Hilfsorganisationen gemeinsam erarbeiten, genehmigen. Darin wird geregelt, wo wie viele Rettungswagen zur Verfügung stehen. Seit 2019 hat die Stadt drei Entwürfe für den Plan als „nicht genehmigungsfähig“ zurückgewiesen, weil ein Gutachter ihn mehrfach als „unzureichend“ bezeichnet hat. Der ASB verlegte im Alleingang einen Rettungswagen in seine neu eingerichtete Rettungswache in Sandhofen und eröffnete einen weiteren Standort im Casterfeld – schon im Vorgriff auf eine Einigung, aber zunächst ohne Rechtsgrundlage. Das wurde von der Stadt gerügt; die Auseinandersetzung landete dann beim Regierungspräsidium Karlsruhe, und der SPD-Landtagsabgeordnete Boris Weirauch schlug (vergeblich) einen neutralen Vermittler vor.
„Wie in einer guten Familie gibt es auch mal kontroverse Diskussionen“, sagt Sascha Stumpf dazu. Laut Joachim Schmid sind sämtliche inhaltlichen und formalen Auseinandersetzungen mit der Stadt beendet, was Proffen bestätigt. Die Stadt hat den neuen Rettungsdienstplan demnach genehmigt. Eine öffentliche Debatte darüber im Ausschuss für Sicherheit und Ordnung des Gemeinderats, der in der Vergangenheit schon vehement mehr Information und Verbesserungen im Rettungsdienst gefordert hat, gab es indes dazu vor der Vereinbarung nicht.
Sie sieht vor, dass künftig mehr Rettungswagen und Notarzteinsatzfahrzeuge in Mannheim einsatzbereit sein sollen. Bisher sind die Notärzte am Theresienkrankenhaus, in Friedrichsfeld (Johanniter-Rettungswache) und Käfertal (ASB-Rettungswache) rund um die Uhr besetzt, das Malteser-Fahrzeug auf der Hauptfeuerwache nur tagsüber. Das soll laut Schmid „innerhalb von zwölf Monaten“ rund um die Uhr verfügbar sein.
Sieben Standorte mit Rettungswagen in Mannheim
Rettungswagen stehen bisher in Mannheim an sieben Standorten: Sandhofen, Käfertal, Lagerstraße, Parkring, Hauptfeuerwache, Casterfeld, Friedrichsfeld. Von den Hilfsorganisationen wird zudem noch der firmeneigene Roche-Rettungswagen dazugezählt, weil die Firma sich mal bereiterklärt hat, in Notfällen auch außerhalb des Firmengeländes zu helfen – was öfter vorkommt als anfangs gedacht. Ohne ihn sind acht Rettungswagen rechnerisch rund um die Uhr startklar, weitere fünf Fahrzeuge kommen zu bestimmten Tageszeiten dazu.
Laut Schmid soll bereits „in den nächsten drei Monaten, also Anfang Oktober“ ein zusätzlicher Rettungswagen am Standort Käfertal mit 5360 Betriebsstunden vorgehalten werden. Ein weiteres Fahrzeug am Standort Lagerstraße beim Roten Kreuz mit 4650 Stunden soll innerhalb von sieben Monaten, etwa bis Jahresende, hinzukommen. Es sind also keine 24-Stunden-Fahrzeuge.
Die zusätzlichen Stunden in Käfertal ersetzen den 2021 von dort vom ASB nach Sandhofen verlegten Wagen. Die Einrichtung dieser Rettungswache ist jetzt offiziell genehmigt. Das gilt ebenso für den Standort Casterfeld. Dort hatte der ASB im Herbst 2023 Hallen einer ehemaligen Kfz-Werkstatt in der Innstraße angemietet. Allerdings hatte der ASB bisher im Mannheimer Norden seinen Schwerpunkt, während die Johanniter von Friedrichsfeld aus den Süden abdeckten. Nun muss der ASB seine Fahne wieder einrollen – der Standort ist in den Verhandlungen der Organisationen untereinander, die ja auf Marktanteile achten, den Johannitern zugefallen.
Dies diene „der optimalen Versorgung vom Mannheimer Süden“, so Sascha Stumpf zu dem Standort. Laut Schmid wolle man mit den zusätzlichen Fahrzeugen „noch eine Schippe drauflegen, weil es ja um Leben und Gesundheit geht“. Allerdings habe Mannheim bereits einen Spitzenplatz bei den Eintreffzeiten, „den wollen wir halten und ausbauen“, so der ASB-Geschäftsführer.
Ausfallkonzept für Mannheim soll bis Ende Oktober vorliegen
Das alte Rettungsdienstgesetz Baden-Württemberg sagt, in 95 Prozent der Fälle solle es „nicht mehr als zehn, höchstens 15 Minuten ab Eingang des Notrufs bis zum Eintreffen eines Rettungsmittels“ dauern. „Das wird in Mannheim seit Jahren erfüllt, teils übererfüllt“, sagt Schmid, „das kann nicht jede Stadt von sich behaupten“. Er gibt den Wert Stand Ende 2023 mit 96,97 Prozent an und nennt auch nur diese eine Zahl.
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Allerdings bezieht sich das auf 15 Minuten. Zehn Minuten, die das Gesetz an erster Stelle als Hilfsfrist nennt und die auch in Gerichtsurteilen als Maßstab bestätigt worden sind, werden nach Informationen dieser Zeitung nur in 81,67 Prozent der Fälle erreicht. Das beschlossene, noch nicht rechtsgültige neue Rettungsdienstgesetz des Landes schreibt nun zwölf Minuten vor und definiert einen Notfall auch neu. Nach diesen Kriterien würde Mannheim die 15 Minuten zu 80,5, die zwölf Minuten zu 70,9 und die zehn Minuten nur zu 59,9 Prozent der Fälle erreichen, so die internen, nicht veröffentlichten Zahlen.
Ein Problem ist immer wieder, wenn Personal (durch plötzliche Krankheit) oder Fahrzeuge (durch Defekt/Unfälle) ausfällt, denn generell sind Fachkräfte knapp. Laut Schmid liegen die Ausfälle bei „unter ein Prozent“ – auf was sich die Zahl bezieht, sagt er indes nicht. Angerechnet werden auch nur Ausfälle von über vier Stunden; darunter müssen sie nicht gemeldet werden.
Bestandteil der Vereinbarung mit der Stadt ist nun, dass die Hilfsorganisation bis Ende Oktober eine Ausfallkonzeption erarbeiten und vorlegen. Darin soll geregelt werden, dass und wie sich die Organisationen untereinander mit Personal und Fahrzeugen helfen – dass also dann mal, zum Beispiel, Personal unterschiedlicher Organisationen gemeinsam mit einem Fahrzeug ausrückt oder etwa, dass das DRK mal einen ASB-Wagen nutzt oder umgekehrt. Bislang gebe es da nur „eine mündliche Absprache“, so Schmid.
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