Mannheim. Ein Werkzeugsatz, eine Rolle Telefonkabel, Feldfernsprechgeräte, ein paar Schaufeln und ein Schubkarren – so fingen sie an: Das Technische Hilfswerk (THW), vor über 70 Jahren mit 25 Mann gegründet, musste die ersten Jahre ohne ein eigenes Fahrzeug auskommen. Inzwischen ist daraus eine schlagkräftige Einsatzorganisation mit zwölf Fahrzeugen, sieben Anhängern und rund 150 ehrenamtlichen Helfern geworden, die jetzt – wegen Corona verspätet – ihren besonderern Geburtstag feiern.
Entstanden war das THW als ein Glied in der damals dicht geknüpften Kette der Zivilen Verteidigung. Die Wiege des Mannheimer Ortsverbands stand in der K 5-Schule, der erste Geschäftsführer Junghans residierte in T 2. Drei Jahre später zog man in die alte Neuostheimer Fliegerkaserne – und hatte beim Winterhochwasser den ersten Einsatz.
Fahrzeuge kamen erst Mitte der 1960er Jahre und dann, 1973, gleich ein ganzer Wagenpark, als nach der Verstaatlichung der Polizei der „Luftschutzhilfsdienst“ im THW aufging. Da gehörten auch noch DKW-Jeeps mit Sirenenanhängern, um die Bevölkerung vor Luftangriffen zu warnen, zum Arsenal.
Domizil in der Raststätte
Über die ab 1970 genutzte Gerwigstraße und den Standort Hochuferstraße zog das THW 1984 in die alte und einstmals erste deutsche Autobahnraststätte an der A 656 bei Seckenheim und dann 2011 nach Friedrichsfeld in einen gemeinsamen Neubau mit der Freiwilligen Feuerwehr neben den Johannitern – seinerzeit ein als bundesweit wegweisend gelobtes Modell eines modernen Rettungszentrums.
Wegweisend war das Mannheimer THW öfter. 1986 flogen erstmals Mannheimer THW’ler zu einem Auslandseinsatz: In Griechenland bahnten sie sich mit der damals neuartigen Sauerstofflanze den Weg durch Erdbebentrümmer und retteten Überlebende. Im gleichen Jahr noch bauten vier weitere Mannheimer eine Brücke in Somalia.
Ob Erdbeben in Armenien, Brunnen- und Krankenhausbau in Somalia, Hilfsgütertransporte – weltweit half das Mannheimer THW, und der frühere hiesige THW-Geschäftsführer Richard van Hazebrouck machte sich dabei einen derart guten Namen, dass er nach Bonn berufen wurde, lange für Bundesregierung und UN internationale Hilfseinsätze koordinierte.
Neben spektakulären Notfalleinsätzen ist dem THW aber zum Beispiel auch der Kutzerweiher im Luisenpark in seiner heutigen Form zu verdanken – denn THW-Helfer halfen im Vorfeld der Bundesgartenschau 1975 mit Pumpen und beim Aufschütten von Kies. Bei Wahlen transportieren die Männer und Frauen in den blauen Fahrzeugen stets die Stimmzettel aus allen Wahllokalen ins Wahlamt im Rathaus.
Heute ist das THW Mannheim „eine moderne, leistungsfähige Hilfsorganisation mit motivierten, gut ausgebildeten und engagierten Einsatzkräften“, so Georgia Pfleiderer im Namen des Landesverbands beim Festabend zum Geburtstag in der Hauptfeuerwache. Allein nach der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal waren Mannheimer Helfer 7000 Stunden ehrenamtlich im Einsatz. Insgesamt fielen 2022 über 22 000 ehrenamtlich geleistete Stunden an.
Das THW sorgt für Licht und Zelte, wenn die Polizei nächtliche Großkontrollen durchführt. Bei Großeinsätzen kocht das THW für Polizisten, Feuerwehrleute und Sanitätskräfte. Die Helfer packen mit an, wenn Schäden von Unfällen oder Großbränden zu beseitigen sind, stehen für Hochwasser und Stürme parat, sichern herabstürzende Fassadenteile und haben schweres Gerät für alle kniffligen Fälle. Zuletzt waren sie zudem gefordert, um Teststationen, Impfzentren oder Flüchtlingsunterkünfte einzurichten. Auch die „MM“-Aktion „Wir wollen helfen“ unterstützen sie jedes Jahr.
Nachwuchsmangel kennen die Helfer mit den blauen Fahrzeugen nicht. „Wir haben keinen Platz mehr in den Spinden“, so Francesco Iacono in seinem Jahresrückblick, denn die Helferzahl steige: „Es gibt viele, die Lust und Bock haben, bei uns mitzumachen“, freute er sich. Auch die THW-Jugend meldet Zuwachs.
Dabei weist der THW-Ortsverband Mannheim eine Besonderheit auf: Unter den rund 200 Aktiven (einschließlich Junghelfer) sind 26 Prozent Frauen – 16 Prozent beträgt der Bundesschnitt. „Mannheim ist Spitzenklasse bei der Förderung von Frauen“, so Pfleiderer, und das beste Beispiel ist die Chefin: Seit 15 Jahren steht Nicole Dudziak als Ortsbeauftragte an der Spitze. Sie war die erste Frau in dieser Funktion in Baden-Württemberg.
Ausgezeichnete Helfer
Pfleiderer bescheinigte den Mannheimern „eine beeindruckende Leistung bei oft schwierigen, nervenzehrenden Umständen“. Das funktioniere aber „nur, wenn alle an einem Strang ziehen“, bedankte sich Dudziak bei allen Helfern, ebenso bei deren Partnern und Arbeitgebern. „Wir können nur helfen, wenn man uns ziehen lässt“, betonte sie.
Für ein „Engagement, weit über das normal Maß hinaus“ überreichte Pfleiderer an Zugführer Benjamin Wenker das Helferzeichen des THW in Gold mit Kranz, das es nur für „außeordentliche Verdienste“ gibt. Katja Scheer, Stephan Kielau und Sascha Zimmermann erhielten das Helferzeichen in Gold. Thomas Cimniak, Hilmar Dudziak und Holger Mayfarth sind immerhin seit 40 Jahren aktiv beim THW „im Dienst der Humanität“, so Pfleiderer, dabei, Ben Wenker 20 Jahre und Melanie Kuhnert, Ann-Katrin-Rudolph, Marie-Yve Rudolph und Anne Edelmann zehn Jahre.
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