Mannheim. Es ist ein glitschiges Terrain. Aber zunächst nur im frisch gewischten Treppenhaus, das am seitlichen Eingang des Stadthauses hoch zum Ratsaal führt. Drinnen gerät Karl-Heinz Frings keineswegs in Schlingern. Obwohl der GBG-Geschäftsführer ein Thema erläutert, das für einige Aufregung sorgt: zwei ehemalige US-Kasernen im Süden von Spinelli.
Für den Erhalt kämpfen insbesondere in Feudenheim eine Bürgerinitiative sowie der Bezirksbeirat. Doch die Wohnungsgesellschaft sieht sich nun von einem Gutachten in ihren Abriss-Plänen bestärkt. Demnach wäre eine Sanierung nicht nur ökonomisch, sondern auch ökologisch schlechter als ein Neubau.
Haubenlerche in Mannheim: Schutz vor Katzen nötig
Damit stößt Frings im Unterausschuss für Konversion zwar auf manches Erstaunen, aber durchweg auf Verständnis. Das Gegenteil widerfährt später Buga-Boss Michael Schnellbach. Er soll, nachdem mehr als eine Stunde über die Kasernengebäude diskutiert ist und bevor weitere Anträge zu Spinelli behandelt werden, über den Sachstand informieren.
Dabei erwähnt er auch die Wiederansiedlung von Haubenlerchen und anderen bedrohten Tierarten. Die müssten insbesondere vor Katzen geschützt werden. Weil eine Leinenpflicht für diese nicht durchsetzbar sei, brauche man Zäune. Er schätze, dass 15 bis 18 des insgesamt rund 80 Hektar großen Areals davon betroffen seien.
Dazu sagt Oberbürgermeister Christian Specht, als er das kürzlich erstmals gehört habe, „war das Erstaunen auf meinem Gesicht genauso groß wie bei den Stadträten“. Doch das ist untertrieben. „Ich bin entsetzt“, ruft etwa FDP-Fraktionschefin Birgit Reinemund. Versprochen worden sei doch stets ein offener Grünzug. Sie will wissen, warum diese laut Schnellbach schon 2021 getroffene Vereinbarung bisher noch nie kommuniziert worden sei.
Gemeinderäte in Mannheim über geplante Zäune auf Spinelli verärgert
Das nennt Holger Schmid, Reinemunds Kollege von der Mannheimer Liste (ML) eine „Unverschämtheit“. Schnellbach weist darauf hin, dass nicht die Buga-Gesellschaft die Zäune vereinbart habe. Das hätten die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (als vorherige Eignerin von Spinelli), die Stadt und das Regierungspräsidium Karlsruhe getan.
Überraschung bis Kritik äußern auch Gabriele Baier von den Grünen und LI.PAR.Tie-Fraktionschef Dennis Ulas. Der bedauert, wenn Spinelli nun zum Aubuckel hin komplett eingezäunt werde, sei das wie früher beim US-Militär. Das entwerte auch den Panoramasteg. SPD-Stadtrat Thorsten Riehle regt an, die Zahl der Wege zu überdenken. Dann würden weniger Zäune gebraucht.
Schnellbach hält dagegen, die vorgesehen Wege etwa für den Radverkehr hätten durchaus ihren Nutzen. Die Höhe der Zäune schätzt er sehr grob („Ich habe keine Ahnung von der Thematik“) auf einen bis 1,20 Meter. Dann könne man mit technischen Vorrichtungen verhindern, dass Katzen sie überkletterten.
Gibt es eine Hintertür im Vertrag?
CDU-Stadtrat Thomas Hornung erklärt zwar, ihm gefielen die Zäune auch nicht. Allerdings argumentiert der Hobby-Ornithologe auch, der Schutz vom Aussterben bedrohter Vogelarten sei schon wertvoll. Das dürfe man jetzt nicht stigmatisieren.
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Specht versucht die Debatte schließlich einzufangen: „Wir sind am Anfang eines Prozesses.“ Man müsse nun klären, welche Möglichkeiten es da gebe. Womöglich biete die vertragliche Formulierung, es gehe es um den Schutz der „nachgewiesenen“ Brut, eine Hintertür. Generell brauche es Transparenz und Einbindung der Bürger, um die erhebliche Erwartungshaltung in Sachen Spinelli nicht zu enttäuschen.
Alte Kasernengebäude auf Spinelli sollen abgerissen werden
So wird Frings von Specht für die Bereitschaft gelobt, dem Feudenheimer Bezirksbeirat und weiteren Interessierten die Pläne mit den Kasernengebäuden alsbald bei einem Ortstermin zu erläutern. Das wird auch von den Ausschussmitgliedern einhellig begrüßt. Am Vorgehen der GBG gibt es ebenso wenig Kritik wie Zweifel am Gutachten.
Einige zeigen sich nur erstaunt, dass in diesem speziellen Fall eine Sanierung tatsächlich klimaschädlicher wäre als ein Neubau. Das zeige, wie aberwitzig deutsche Bauvorschriften seien etwa bei der Dämmung, so Schmid. Und Hornung regt an, das ganze Konzept für Spinelli-Süd nochmal stadtplanerisch zu überdenken.
Nach dem vom Gemeinderat beschlossenen Bebauungsplan sollen rund 200 Wohnungen für insgesamt 460 Menschen entstehen. Die Sozialquote beziffert Frings mit 40 Prozent. Neben zwei länglichen, viergeschossigen Häusern - buchstäblich anstelle der beiden Kasernengebäude - sollen noch sieben quadratische gebaut werden, mit vier bis sechs Etagen.
Weiher in der Au Thema im Gemeinderat
Das neue Quartier ist in leichter Holzbauweise klimaneutral geplant. In der ehemaligen Reit- und späteren Turnhalle davor ist eine Kita mit vier Gruppen vorgesehen. Dieses ehemalige Gebäude des US-Militärs bliebe somit ebenso erhalten wie drei weitere, in denen Auszubildende, die Buga-Verwaltung und Flüchtlinge untergebracht sind.
Am Schluss geht es noch kurz um den Weiher in der Au. Den zu verfüllen, hat die ML beantragt. Doch das kommt laut Schnellbach trotz der Probleme mit versickerndem Wasser nicht in Frage. Der See habe einen hohen ökologischen Nutzen, so sei kürzlich einer der sehr seltenen Flussläufer gesichtet worden. Und Umweltdezernentin Diana Pretzell weist darauf hin, dass man bei einem Verzicht auf die Verbindung zum Neckar nachträglich immense Fördermittel verlieren würde. Daraufhin zieht Schmid den Antrag zurück.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Abriss der Kasernengebäude auf Spinelli verständlich