Betreuung

Was tun gegen die Kita-Misere in Mannheim?

Die Parteien und Listen zur Kommunalwahl sind gefragt: Was gedenken sie zu unternehmen, um die vielen Probleme in Kitas und Krippen in den Griff zu bekommen? Das wollten betroffene Eltern bei einer Podiumsdiskussion wissen

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Bertram Bähr
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In der Johanniskirche auf dem Lindenhof moderierte Elternbeirat Dominik Bonaszewski (Mitte, stehend) die Podiumsdiskussion zum Thema Kitas. © Bertram Bähr

Mannheim. Fehlende Kita- und Krippenplätze, krasser Personalmangel und dadurch eingeschränkte Öffnungszeiten, unterschiedliche Gebühren für gleiche Leistungen, intransparentes Vergabesystem: In der Kinderbetreuung häufen sich die Probleme. „Warum ist noch nichts passiert? Wie lange wollen Sie noch reden und keine Taten folgen lassen?“, lauten denn auch Fragen des Publikums.

Das Publikum: Es besteht überwiegend aus betroffenen Eltern. Sie sind auf Einladung des Gesamtelternbeirats der evangelischen Tageseinrichtungen zusammengekommen, um mit Kandidierenden zur Kommunalwahl am 9. Juni ins Gespräch zu kommen. Der Tenor der Antworten auf die provokant formulierten Elternfragen ist ziemlich ähnlich: Getan wurde schon einiges, aber es reicht nicht, um die Probleme zu lösen – zumindest nicht in einem „großen Wurf“. Aber an „vielen kleinen Schräubchen“ drehen, um die Situation zumindest zu verbessern: Das wollen alle.

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Alle: Das sind Alice van Scoter (Grüne), Heidrun Kämper (SPD), Claudias Kranz (CDU), Nalan Erol (Linke), Kathrin Kölbl (FDP), Christiane Fuchs (Freie Wähler/Mannheimer Liste) und Julien Ferrat (Die Mannheimer). Eingeladen hat der Gesamtelternbeirat alle 13 zur Kommunalwahl antretenden Parteien und Listen. Noch zugesagt hatte die Klimaliste, deren Vertreterin Jessica Martin aber kurzfristig erkrankt war – ebenso wie Katharina Funck von der CDU. Claudius Kranz ist spontan für sie eingesprungen und muss sich nach kurzer Zeit wieder verabschieden, weil er die Bezirksbeiratssitzung in Sandhofen zu leiten hat.

Als Moderator umreißt Elternbeiratssprecher Dominik Bonaszewski die multiplen Probleme im Betreuungsbereich – und präsentiert potenzielle Lösungsansätze. So überlege die Stadt Heidelberg derzeit, die Gehälter der Erziehungsfachkräfte zu erhöhen. Auch Mannheim solle sich „überlegen, ob das nicht eine Möglichkeit wäre“.

In sozial benachteiligten Mannheimer Stadtteilen bekommen weniger Kinder einen Kita-Platz

Bonaszewski kritisiert das Platzvergabe-System Meki, das insbesondere Eltern aus sozial benachteiligten Stadtteilen schade. Aus diesen Gebieten hätten 30 Prozent der Kinder keinen Platz, insgesamt liege die Zahl dagegen bei 15 Prozent.

Der Elternbeirat geht auch auf die sehr unterschiedlichen Gebühren bei städtischen und freien Einrichtungen ein, die deutlich mehr verlangen (müssten), um ihre Kosten zu decken. Eltern könnten teurere Plätze dennoch kaum ablehnen, weil sie sonst komplett leer ausgingen. Und schließlich sei es ein wirtschaftlicher Standortnachteil, wenn ein Unternehmen merke, dass Mitarbeiter wegen Betreuungsproblemen „keine Zeit mehr haben zu arbeiten“.

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Die Statements der Kandidierenden zur Gesamtsituation sind zeitlich begrenzt, deshalb greifen sie in der Regel nur Teilaspekte auf. Claudius Kranz betont, dass man im Gespräch mit Erzieherinnen und Eltern von „Best-Practice-Beispielen“ aus anderen Städten erfahren habe. So steuere München den Personaleinsatz entsprechend dem Bedarf zu unterschiedlichen Tageszeiten mit Hilfe einer App. Mannheim sei Vergleichbares schon angeboten worden, die Stadt habe das aber nicht umgesetzt. Auch müsse die „Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher in Zukunft bezahlt werden“.

Forderung nach mehr Geld und besseren Arbeitsbedingungen für Personal in Mannheimer Kitas

Die Berücksichtigung von „Best-Practice-Beispielen“ fordert auch Kathrin Kölbl. Außerdem müsse man Teilzeitkräften „Boni in Aussicht stellen, wenn sie ihre Arbeitszeit ausweiten“. Christiane Fuchs bezeichnet es als „guten Schritt“, bei freien Trägern „für eine auskömmliche Finanzierung“ – und damit auch für eine Gebührenangleichung – zu sorgen. Es könne nicht sein, dass der Elternanteil bei der Gesamtfinanzierung in städtischen Einrichtungen um die elf Prozent liege, bei freien Trägern dagegen um die 30 Prozent.

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Alice van Scoter moniert, die Situation habe sich seit 2017 – als sie sich selbst in der Elternarbeit engagierte – nicht wesentlich verbessert. Aber immerhin habe man mit den Standortkonzeptionen den planmäßigen Ausbau von Kita-Plätzen auf den Weg gebracht und viele kleine Programme zur Personalgewinnung gestartet. Heidrun Kämper wünscht sich, dass die Stadt „denjenigen, die Angebote machen, entgegenkommen“ und „bürokratische Hürden abbauen“ solle. Es gebe „einige private Initiativen, die gerne eine Kita betreiben würden. Dass sie immer wieder auf Widerstand stoßen, ist ein Unding.“

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Nalan Erol fordert, „dass der Beruf Erzieher einfach attraktiver gestaltet und besser bezahlt werden muss“. Deshalb habe man für die Berufsgruppe eine „Arbeitsmarktzulage“ beantragt, wie sie etwa München mit 200 Euro pro Monat bereits leiste. Außerdem müssten Kinder in sozial benachteiligten Gebieten stärker gefördert werden. Julien Ferrats Botschaft ist klar: Um ein bedarfsdeckendes Angebot bereitzustellen, sei es „alternativlos“, das Personal „über Tarif“ zu bezahlen.

Eines der Themen der anschließenden Fragerunde sind „gerechte Kitagebühren“. Heidrun Kämper ist für eine allmähliche Angleichung bei städtischen und freien Trägern. Kathrin Kölbl und Christiane Fuchs wünschen sich einheitliche Gebühren. Nalan Erol und Julien Ferrat fordern gebührenfreie Kitas. Alice van Scoter sagt, es sei schon einiges zur Angleichung getan worden, aber „jeder Euro kann nur einmal ausgegeben werden“. Claudius Kranz hat zu diesem Zeitpunkt die Runde bereits verlassen müssen.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim. Schwerpunkte: Schulen und Kitas

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