Mannheim. Mehr als sieben Wochen sind vergangen, seit Sulaiman A. am 31. Mai auf dem Marktplatz einen Stand der islamfeindlichen „Bürgerbewegung Pax Europa“ mit einem Messer angegriffen und dabei sechs Menschen verletzt hat. Der Polizist Rouven Laur erlag zwei Tage später seinen schweren Stichverletzungen.
Dass das Attentat deutschlandweit schockiert hat, war rasch zu spüren. Dass die Tat auch international Aufmerksamkeit erfährt, zeigt ein Artikel der US-amerikanischen Tageszeitung „New York Times“, der in diesen Tagen erschienen ist. Unter der Online-Überschrift „Where Germany’s Immigration Debate Hits Home“ (etwa: „Wo sich Deutschlands Migrationsdebatte im Brennglas zeigt“) beschreiben Sarah Maslin Nir und Christopher Schuetze die Stimmung nach dem Attentat in Mannheim und Deutschland.
So berichten sie über den Marktplatz, der als Gedenkort „übersät mit handgeschriebenen Schildern“ sei. Oder über Rouven Laur, den charismatischen „Officer“, der Arabisch gelernt hat, um mit arabischsprachigen Menschen einfacher kommunizieren zu können.
Der Artikel thematisiert vor allem aber die Debatten um Migration, die das Attentat verstärkt hat. Dass der Angriff in Mannheim passiert sei, in einer „vielfältigen Stadt“, habe Deutschland erschüttert, heißt es auf Englisch. Besonders schmerzhaft sei das Attentat aber auch für jene vielen Muslime gewesen, die schon lange in der Stadt leben.
Autorin zwei Tage lang in Mannheim unterwegs
Die hätten Angst, nun stärker in den Fokus der Debatten zu geraten. Nach dem Treffen Rechtsextremer im Januar - der Artikel spielt auf das Potsdamer Treffen an - sei diese Sorge im Alltag vieler präsent. „Jetzt haben wir das Gefühl, dass sich die ganze Debatte wegen solcher Ereignisse verändert“, zitiert die „NY Times“ eine Anwohnerin des Marktplatzes. „Ich habe Angst.“ Cem Yalçinkaya Gemeindesekretär der Yavuz-Sultan-Selim-Moschee erklärt etwa, Mitglieder der Gemeinde seien „normale Nachbarn“, die ein „normales Leben“ führen wollen. „Sie wollen hier gut leben und Teil dieses Landes und dieser Stadt sein.“
Im Gegensatz dazu kommt unter anderem ein Mann zu Wort, der die AfD-Demo als Ordner begleitet: „Wir haben in Deutschland ein sehr großes Problem, und das Problem ist die Einwanderung - Einwanderung aus dem Islam, Muslime.“
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Der Artikel zitiert eine Statistik, nach der Asylbewerber für etwa zehn Prozent der „Verbrechen gegen das Leben“ verantwortlich seien. „Aber Angriffe von ihnen erhalten oft übermäßige Aufmerksamkeit, werden von Boulevardzeitungen aufgegriffen und von Politikern instrumentalisiert.“ Auch berichten Nir und Schuetze über Debatten nach dem Attentat, die eine schnellere Abschiebung von Straftätern fordern.
A. war 2014 nach Deutschland eingereist. Ein Asylantrag war abgelehnt worden. A. wurde aber nicht abgeschoben, weil Afghanistan als kein sicheres Herkunftsland gilt. Bis zum Attentat war er polizeilich nicht aufgefallen und hatte sich trotz abgelehnten Asylantrags rechtmäßig im Land aufgehalten, weil er mit einer Deutschen verheiratet und Vater zweier Kinder ist. Darauf macht auch die „NY Times“ aufmerksam.
Am Tag nach dem Attentat eine erste Meldung verfasst
Schuetze hatte am Tag nach dem Attentat eine erste Meldung verfasst, sagt er dem „Mannheimer Morgen“. Insgesamt hat die „New York Times“ also zweimal berichtet. Für die Reportage ist Nir nach Mannheim gereist. Sie lehnt eine Anfrage ab, darüber zu sprechen, wie sie die Stimmung wahrgenommen hat, welche Gründe ausschlaggebend waren, über das Attentat zu berichten oder nach welchen Kriterien sie etwa Gesprächspartner ausgewählt hat.
Nir hat Yalçinkaya in dessen Büro besucht, erzählt dieser. Bereits vor ihrer Anreise hatten sie länger telefoniert. „Ich finde es bemerkenswert, dass ein so großes internationales Leitmedium bei solchen zeitgeschichtlichen Ereignissen genau hinschaut und sich ein Bild vor Ort macht.“ Demnach sei Nir am 6. und 7. Juni in der Stadt gewesen, wo sie auch die Kranzniederlegung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erlebt hat. Etwa zwei bis drei Stunden hätten Yalçinkaya und sie sich an den beiden Tagen unterhalten. „Eine Journalistin der ,New York Times’ empfangen zu dürfen und die Erfahrung zu machen, mich mit ihr zu unterhalten, war eine große Ehre“, sagt Yalçinkaya.
Die „New York Times“ gilt als eine der renommiertesten Tageszeitungen weltweit. Sie ist die mit den meisten Pulitzer-Preisen ausgezeichnete Tageszeitung und hat mit die meisten Online-Abonnenten.
Zum Artikel: https://tinyurl.com/2c72gou9
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