Mannheim. Wer Alice von Scoter kennt, der hätte eines erwartet: Der Ort, den die Grünen-Politikerin für das Gespräch mit dem „Mannheimer Morgen“ vorschlagen würde, läge zweifelsohne auf der Rheinau. Hier ist schon immer ihr Lebensmittelpunkt. Hier hat sich die 42-Jährige vielfältig engagiert: als Elternbeirätin, als Bezirksbeirätin, als Fördervereinsvorsitzende des Jugendhauses im Nachbarschaftshaus, für mehr als eineinhalb Jahre gar als Quartiermanagerin.
Stattdessen bittet Alice van Scoter zum sieben Kilometer entfernten Hanns-Glückstein-Park auf den Lindenhof. Der Treffpunkt Rheinau, „das war meine erste Überlegung“, sagt sie auf die entsprechende Frage. Schließlich sei sie diesem Stadtteil „nach wie vor sehr verbunden. Ich bin da geboren, aufgewachsen. Mein Vater war da schon in der Grundschule“. Aber „trotz allem bin ich ja Mannheimerin“. Die Wahl des Orts stehe so auch ein wenig dafür, dass der Blick als Stadträtin über das direkte Umfeld hinausgehe.
Was sie an der kleinen Parkanlage zwischen Glücksteinallee und Lindenhofstraße so schätze, sei das Zusammenwirken von Urbanität und Natur. Auf der einen Seite das Mafinex als Start-up-Zentrum, der gut zu Fuß zu erreichende Bahnhof, die gelungene Wohnbebauung. Auf der anderen Seite ein „hohe Aufenthaltsqualität für ganz, ganz viele Menschen, die hier wohnen, die hier arbeiten. Das gefällt mir sehr gut.“
Bildung bleibt trotz neuer Schwerpunkte „Herzensthema“
Neben der Wahl des Platzes mag als Zweites verwundern, dass Alice von Scoter zur wirtschafts- und frauenpolitischen Sprecherin der neuen Grünen-Fraktion bestimmt wurde – und nicht etwa zu der für Bildungspolitik Verantwortlichen. Schließlich ist die Mutter von vier Kindern – der Sohn inzwischen 18, die Töchter 13, zehn und sechs Jahre alt – über ihr Engagement im Bildungsbereich in die Politik gekommen: „Elternbeirätin, Elternbeiratsvorsitzende, Tätigkeit im Stadtelternbeirat in verschiedenen Positionen – das war so ein bisschen Blut lecken, was Mitgestaltung angeht.“ So wurde sie kurz nach der Kommunalwahl 2019 Grünen-Mitglied – und wenig später für die Partei Bezirksbeirätin.
So sei ihr Bildung nach wie vor ein „Herzensthema“. Aber eben auch eines, das sie bei anderen Stadträtinnen bestens aufgehoben sieht. Zum Beispiel bei Regina Jutz, die in der vergangenen Wahlperiode schon bildungspolitische Sprecherin war. Oder bei der Studentin und jüngsten Stadträtin Mia Helbig, die sich für dieses Thema sehr interessiere.
„Ich bin mit den Themen Bildung und Wirtschaft in den Wahlkampf gegangen“, sagt Alice von Scoter. Dass sie jetzt den Fokus auf Letzteres legt, ist für sie völlig logisch: „Hier liegt meine eigentliche berufliche Kompetenz und auch meine Leidenschaft.“ Die 42-Jährige hat an der Dualen Hochschule Mannheim ihren Bachelor gemacht und in Darmstadt mit „Nonprofit Management“ ihren Master. Vor wenigen Monaten gründete die Rheinauerin ihre eigene Firma „Futura Experts“ – mit der sie als Unternehmensberaterin die Transformation zu nachhaltigem Wirtschaften begleiten möchte.
Hier schließt sich auch ein Kreis zum politischen Engagement: „Die Start-up-Szene ist mir sehr wichtig“, sie gelte es weiter zu fördern. Es gebe in Mannheim zwar „viele Weltkonzerne und alteingesessene Unternehmen“, aber „wir wollen ja auch, dass unsere Wirtschaft weiter voranschreitet“. Sie möchte mithelfen, „neue Firmen nach der Gründung hier zu halten“. Dazu will die 42-Jährige zunächst einmal viele Gespräche führen, um zu erfahren: „Was hat euch bewogen, hier zu gründen? Was können wir politisch tun, um eure Arbeit zu unterstützen?“ Und wie lassen sich auch kleinere Unternehmen mitnehmen auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit? Anknüpfen möchte sie daneben an die durchaus erfolgreiche Frauen- und Mädchenförderung. Ihr Ziel: sie „weiter zu fördern und voranzubringen“.
Aufstieg von Platz elf auf acht „eine große Ehre“
Ein Thema für Unternehmen ist zunehmend, dass in erster Linie ihre Mitarbeiterinnen Probleme mit der Kinderbetreuung haben und deshalb ihre Arbeit reduzieren oder gar ganz aufgeben müssen. Hier gibt es auch für Alice van Scoter viele Berührungspunkte zu dem Thema, über das sie in die Politik gekommen ist. Meist seien es „Frauen, die beruflich zurückstecken müssen, wenn die Betreuung nicht klappt. Auch deshalb finde ich ganz wichtig, da am Ball zu bleiben.“ So werde sie weiterhin zum Thema Bildung einiges zu sagen haben.
Wichtig ist der Grünen-Stadträtin außerdem die „Entwicklung des öffentlichen Raums“, zum Beispiel durch gute Radverbindungen auch in den Stadtteilen oder durch verkehrsberuhigte, autofreie Bereiche vor Schulen, wie sie es auf der Rheinau erreichen konnte: „Ich möchte mich dafür einsetzen, dass so etwas auch vor vielen anderen Grundschulen möglich ist.“
Dafür, und auch auf vielen anderen Gebieten, brauche es eine konsequente Bürgerbeteiligung. Statt einer „Planung auf dem Reißbrett“ müsse man „die Menschen, die es betrifft, abholen und ernst nehmen“. Den Menschen zuhören, das habe ihr schon bei ihrem früheren Engagement und nicht zuletzt im Kommunalwahlkampf „irre Spaß gemacht“, ihr „neue Perspektiven eröffnet“. Und großen Erfolg beschert. Die Wählerinnen und Wähler brachten van Scoter von Listenplatz elf auf acht – und ermöglichten damit erst ihren Einzug in den Gemeinderat: „Dafür bin ich wirklich dankbar. Es ist nicht selbstverständlich und eine große Ehre, als relativ Unbekannte so gewählt zu werden.“
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