Neubaugebiet

Was aus der Franklin Church werden soll

Seit Abzug der Amerikaner steht sie leer: die Kirche auf Franklin. Nun gibt es eine Idee und Menschen, die sie umsetzen wollen - aber kein Geld.

Von 
Peter W. Ragge
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Steht leer und verfällt: die große Kirche auf Franklin Sie könnte als Begegnungsort für den jungen Stadtteil umgebaut werden. © Michael Ruffler

Mannheim. Seit 2012 steht sie leer. „Die verfällt so vor sich hin“, beklagt Pastoralreferent Richard Link mit Blick auf die Franklin Church, die noch von den Amerikanern stammende Kirche im Herzen des Neubaugebiets Franklin. Nun hat ein Verbund aus fünf Institutionen – Eine-Welt-Forum Mannheim, CVJM, Verein Duha, Evangelische Kirche und Katholische Kirche – ein Konzept zur gemeinsamen Nutzung und zudem zur Gestaltung des Gebäudes als Begegnungsort für den neuen Stadtteil erarbeitet. Aber es hakt an der Finanzierung.

Derzeit nutzen die beiden Konfessionen auf Franklin nur einen Bauwagen als Anlaufstelle und einen Raum in der ehemaligen Grundschule der Amerikaner. Das reicht schon lange nicht mehr aus. „Wir arbeiten hier über Konfessionsgrenzen hinweg, um den Glauben ins Leben zu bringen, aber brauchen einen Ort, wo wir beheimatet sind“, so Link. Die Kindergruppen „boomen richtig“, der Kinderchor sei „jetzt schon zu groß und soll weiter wachsen können“. Für weitere Angebote gebe es Nachfrage, aber keine Räume.

„Die Mittel werden wir zur Verfügung stellen“, so der evangelische Dekan Ralph Hartmann zur inhaltlichen Arbeit. „Da lassen wir Franklin nicht allein“, betont er. In den seit 2019 mit der Stadt laufenden Gesprächen über die Nutzung der Kirche auf Franklin sei man aber noch nicht weitergekommen. Wenn das Dekanat sich anderswo von Gemeindehäusern und Kirchen trenne, könne es dort nicht die Verantwortung für ein weiteres Gebäude übernehmen. Er befürworte daher die Idee, die Franklin Church zu „ent-säkularisieren“ und als Gemeinschaftsraum für alle zu nutzen, wobei sich die Kirche gerne beteilige. „Aber da muss jeden Tag das Licht brennen“, so Hartmann.

Zentrum für globales Lernen und ein Weltladen in der Kirche auf Franklin?

Dafür wollen die anderen Institutionen sorgen. Das Eine-Welt-Forum – bekannt vom Weltacker auf der Bundesgartenschau – ist bereits auf Franklin vertreten. „Wir haben sehr lange Räume für Bildungsarbeit gesucht“, so Susanne Kammer, Geschäftsstellenleiterin des entwicklungspolitischen Netzwerks. Seit 2017 nutzt es die ehemalige Grundschule der Amerikaner für 120 Veranstaltungen pro Jahr. „Aber wir haben total Lust, mehr zu machen“, sagt sie. Dazu solle die Kirche zu einem „Zentrum für globales Lernen“ werden. Dazu könne etwa auch ein Weltladen mit fairen Produkten gehören, ehrenamtlich getragen.

So sieht die Kirche von hinten aus. © Michael Ruffler

Der Verein Duha, eine Migrantenselbstorganisation, plant noch mehr. Er erwägt die Eröffnung eines integrativen Cafes mit 50 Plätzen plus Außenbereich, betrieben mit Menschen mit Behinderung, als Treffpunkt für Familien vor Ort, Spielbereich und Rollstuhlschaukel. „Es wird ein familienfreundliches Konzept“, so Projektleiterin Vanessa Kettner: „Man könnte auch Bücher der Stadtbibliothek anbieten“, meint sie. Partner dafür – das Mannheimer Cafe Sammo, die Gemeindediakonie sowie die Eugen-Neter-Schule – habe man schon gewonnen. Auch weitere integrative, interkulturelle Angebote für Behinderte oder ältere Menschen seien denkbar.

Voraussetzung für das neue Zentrum: Franklin Church muss generalsaniert werden

Der Raum für all das wäre in der Franklin Church da. „Es ist noch Platz für weitere Ideen und unterschiedliche Begegnungsformen“, so Manfred Helfert vom Vorstand des Eine-Welt-Forums. Er zählt zu den Aktiven aus dem Kreis der Projektpartner, die sich schon Gedanken über die künftige Trägerschaft des Kirchengebäudes gemacht haben. Vorbild ist die – fast baugleiche – Chapel in Heidelberg, die ebenso ein Trägerverein bewirtschaftet und nicht nur für eigene Veranstaltungen nutzt, sondern sie für Tagungen und Hochzeiten vermietet.

Das wird nicht ehrenamtlich gehen, das ist klar.
Manfred Helfert orstand des Eine-Welt-Forums

Sogar ein Leitbild und einen Satzungsentwurf für den Trägerverein gibt es bereits. Danach stellen sich die fünf Partner vor, dass sie die Vermietung vornehmen. Natürlich müsse sich auch jemand um Fördermittel, Öffentlichkeitsarbeit und Buchhaltung kümmern. „Das wird nicht ehrenamtlich gehen, das ist klar“, meint Helfert, „aber der Stadtteil braucht einen Mittelpunkt“.

Voraussetzung sei, dass die Franklin Church generalsaniert und umgebaut werde. Das erwarten die möglichen Nutzer von der MWSP, der städtischen Projektentwicklungsgesellschaft, die für das Neubaugebiet verantwortlich ist. Sie hat schon vor Jahren Pläne von einem Architekturbüro bearbeiten lassen, die eine multifunktionale Nutzung ermöglichen würden. Sie sahen einen großen Saal mit 400 Plätzen, einen kleineren mit 100 Plätzen und weitere Funktionsräume vor. Neuerdings heiße es, der Umbau solle bis 2027 abgeschlossen sein, sagt Helfert: „Plötzlich ist da viel Tempo drin.“ Die geschätzten Kosten lagen aber schon vor Jahren bei vier Millionen Euro. Die allerdings muss laut den künftigen Nutzern die MWSP tragen. „Die Miete kann höchstens die Betriebskosten decken, aber nicht die Investition“, stellt Dekan Hartmann klar.

Anwohner klagen: „Dem Stadtteil fehlt die Seele“

Die MWSP bestätigt auf Anfrage, dass die Franklin Church „zu einem gesellschaftlichen Zentrum des Stadtteils, ein Ort des Austauschs, für verschiedene Gruppen und Veranstaltungen werden“ solle. Dazu befinde sich ein Trägerverein in Gründung. „Derzeit laufen die Planungen, die unter anderem auf die Bautätigkeiten am Grünen Hügel und am Benjamin Franklin Platz abgestimmt werden“, so eine Sprecherin der MWSP. Angaben zu Kosten, Finanzierung oder dem Zeitplan macht sie nicht.

Dabei sei ein solches Zentrum für den jungen Stadtteil „absolut notwendig und überfällig“, so die Käfertaler SPD-Bezirksbeirätin Andrea Sliwka: „Wir sollten uns da nicht länger hinhalten lassen!“ Franklin sei zwar „aufgesiedelt“ worden „aber es gibt hier keinen Ort des Zusammenlebens, die Menschen reden kaum miteinander“, beklagt sie. Man brauche keinen „Hochglanzentwurf von Architekten“, sondern solle das Gebäude schnell niedrigschwellig sanieren, so Sliwka. Von einem „Riesenproblem“ spricht ebenso SPD-Bezirksbeirat Marko Lange, der wie Sliwka auf Franklin wohnt: „Räume sind immens wichtig für das Zusammenleben“, so Lange: „Was wir fordern, ist nicht unbillig“, rechnet er mit Unterstützung durch die Stadt.

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Das bekräftigen zahlreiche Einwohner, die sich bei der Vorstellung der Idee des Trägervereins äußern. „Acht Jahre wohne ich hier und sehe, dass eine Kirche verfällt, die so viel Potenzial hätte“, ärgert sich eine Anwohnerin. Bislang habe die MWSP nur kommerziellen Investoren den Weg geebnet: „Nun braucht es als Pendant die Kirche für die Gemeinschaft“, verlangt ein Mann. „Dem Stadtteil fehlt die Seele, der soziale Knoten, der Zusammenhalt“, beklagt eine andere Frau, denn in Franklin bestehe die Gefahr, „dass Leute vereinsamen“. Man habe nur Wert auf Architektur gelegt: „Es muss etwas passieren, es muss schnell etwas passieren“.

Noch völlig unklar ist, was mit dem zweiten Kirchengebäude der Amerikaner, der Kapelle auf Sullivan, passiert. Auch die ist laut Bebauungsplan für eine Gemeinbedarfsnutzung vorgesehen. Laut MWSP gibt es „verschiedene Ideen und Konzepte zu sozialen Projekten“ – Details und Zeitplan offen.

Redaktion Chefreporter

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