Mannheim. Kurz vor halb acht stehen am Spinelli-Haupteingang noch etwa 50 Fahrräder. Den Rasensprengern lässt sich leicht ausweichen. Am Drehkreuz ganz rechts kommt man noch rein. Kürzlich haben die Buga-Organisatoren die späteste Einlasszeit - auch an Tagen ohne Abendveranstaltung - von 19 auf 20.30 Uhr heraufgesetzt. Warum, erschließt sich auf dem Gelände nicht sofort. Es sind kaum Menschen zu sehen. Womöglich ist eine Reportage an diesem Abend nicht die beste Idee.
Doch dann fällt der Blick auf zwei Pärchen mittleren Alters, die hinter der U-Halle sitzen. Vor ihnen stehen Schüsseln mit Melonen- und Gurkenstückchen („greifen Sie ruhig zu“). Die haben die Dauerkartenbesitzer ebenso wie ihre Gläser und den Wein von daheim mitgebracht, ist ja nicht verboten. An anderen Abenden hätten sie ihre Getränke auch schon an der Weinbar geholt, sagt Bernd Konetschny, „aber manchmal ist es da sehr voll“. Das fällt in diesem Moment schwer zu glauben. Aber die Vier versichern, bei Konzerten sei abends deutlich mehr los. Dann hörten sie die Musik von der Hauptbühne. Aber auch ohne Trubel sei es hier super.
Vor der geschlossenen „Spinelli Kitchen“ sitzen eine junge Frau und ein junger Mann bei einem Getränk. Sie seien Buga-Beschäftigte und hätten nun Feierabend, sagen sie. Zu späterer Stunde sei der Zulauf in der Tat ganz unterschiedlich. Auch das Wetter spiele natürlich eine Rolle.
Beim Biergarten am i-Punkt Grün sind die Rollläden noch offen. Sie hätten aber schon zu, sagt ein Mitarbeiter. „Wenn was los ist, haben wir manchmal bis 20, 21 Uhr auf.“ Sonst flache es ab 16, 17 Uhr deutlich ab. Also weiter übers Gelände. Zumindest all die Besitzer der Räder am Eingang müssen ja irgendwo sein. Zu sehen sind vorwiegend vereinzelte Spaziergänger, wie Annekatrin Hofmann und Rainer Bramm. Sie sind jetzt etwa zum zehnten Mal noch abends auf dem Gelände. Ihnen gefällt vor allem die Ruhe, aber auch, wie idyllisch dann alles wirkt.
Schorle mit „Pfälzer Mischung“
Plötzlich ist rechts eine Menschentraube. „Wir sind vom Kirchgarten“, erzählt Elisabeth Müller, die sich gerade von der Weinbar ein volles Glas geholt hat. „Das ist unser Mitarbeiter-Stammtisch, einmal im Monat.“ Ohne die Hilfe ihrer mehr als 100 Ehrenamtlichen wäre das ökumenische Projekt gar nicht möglich. „Wir sind eine ganz tolle Gemeinschaft“, schwärmt die Feudenheimerin.
Weiter zur Weinbar, angeblich Epizentrum des Spinelli-Nachtlebens. Nun ist sie spärlicher besucht. Am ersten Tisch sitzen zwei Frauen mit Weißweingläsern, ebenfalls aus Feudenheim. Sie stellen sich als Marion und Michaela vor. Abends sei es hier wirklich entspannend, finden sie. „Anfangs war ich bei der Buga eher skeptisch“, sagt Michaela. „Aber jetzt gefällt es mir schon gut.“
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An der Bar bedienen Antonia Zajgla und Lukas Stein. Sie scherzen mit ein paar Stammgästen. Einmal hätten sie sogar erst um halb eins zugemacht, erzählen die beiden. Normal sei zwar 21 Uhr , aber das hänge auch vom Zulauf ab. „Und natürlich von unserer Laune“, lacht Stein, „aber wir haben eigentlich immer gute Laune.“ Er nimmt die Bestellung auf, eine Schorle. „Pfälzer Mischung?“ Nur zu. „Das ist praktisch, da können wir die Weinflasche einfach kippen.“ Ein Schuss Wasser, fertig. Das 0,5-Liter Glas kostet 6 Euro.
Am nächsten Tisch sitzen drei Frauen mit Weißherbst-Schorlen, Buga-Stammgäste. „Ich bin auch abends mindestens einmal die Woche hier“, sagt eine, „an der Weinbar habe ich schon halb Feudenheim getroffen.“ Eine andere meint: „Und ich die halbe Vogelstang!“ Sie sei sogar zwei Abende die Woche da. Gerade komme sie von einem Koch-Event auf der Freilichtbühne. Mit wie vielen Besuchern, eher zehn oder eher 20? „Nein, mindestens 100 dürften es schon sein.“ Nichts wie hin, aber vorher will die Frau von der Vogelstang noch was loswerden: „Ich hätte gar nicht gedacht, dass ich mal so stolz bin, Mannheimerin zu sein!“ Wie sich ihre Heimatstadt auf der Buga Menschen von überall her, präsentiere, sei wirklich toll.
So ganz allein zieht sich der Fußweg zur Parkschale schon. Aber irgendwie wirkt er auch entschleunigend. Und die Freilichtbühne ist kurz vor neun tatsächlich noch proppevoll. Zubereitet wurden bei der AOK-Kochshow Auberginenröllchen auf Wildkräutersalat mit Pestocreme und Senfkaviar, dann Oliven-Polentaschnitten auf Ratatouille mit Cashewparmesan. Zum Nachtisch gibt es Joghurt-Creme-Brulee mit frischen Erdbeeren und Vanillegel. Mit hungrigem Magen schnell weg.
Weiter Richtung Süden ist im niedrigen Gestrüpp ein Tier zu sehen, nachweislich der Ohren ein Feldhase. Davon gab es vor den Buga-Bauarbeiten viele auf Spinelli. Womöglich erobern sie jetzt nachts ihr Territorium allmählich zurück.
Seilbahnfahrt als Höhepunkt
Vom Panoramasteg kommt ein junger Mann mit leerer Flasche, der freundlich grüßt. Oben ist niemand mehr. Aber am - frei zugänglichen - Weiher darunter in der Au sitzen drei kleinere Gruppen beisammen.
Fehlt noch, was alle als abendlichen Höhepunkt nennen: eine Seilbahnfahrt bei Sonnenuntergang. Letzter Einstieg ist um 21.45 Uhr. Bei besonderen Anlässen sei es auch mal später, sagt eine Mitarbeiterin. Die Aussicht ist dann in der Tat, obwohl recht bewölkt, noch schöner als am Tag. Mit zugestiegen ist ein Ehepaar aus Sinsheim, extra angereist für die Kochshow. „Bisher kannten wir Gondeln nur mit Skischuhen“, lacht der Mann. Aber die Atmosphäre sei wirklich „super angenehm“, auch mit dem rauschenden Fahrtwind. Die Frau hätte „nie gedacht, dass Mannheim so viele Kleingärten hat“.
Der Luisenpark wirkt verwaist. Schnell zurück, bevor die Seilbahn schließt. Auch Spinelli sieht jetzt - bis auf eine Reinigungskraft im APERO-Restaurant - gänzlich leer aus. Am Ausgang stehen nur noch wenige Räder, aber zwei Shuttle-Busse. Letzte Abfahrt ist an Abenden ohne späte Veranstaltung 22.22 Uhr. Die Schnapszahl kann man sich auch mit „Pfälzer Mischung“ gut merken.
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