Mannheim. Seit Anfang des Jahres erhalten Universität und Hochschule für ihr „TransforMA“-Projekt über fünf Jahre gemeinsam zwölf Millionen Euro. „TransforMA“ wird in der zweiten Förderrunde der Initiative „Innovative Hochschulen“ von Bund und Ländern gefördert, hatten Universität und Hochschule im Dezember mitgeteilt. Das Projekt soll vor allem Wissen in die Gesellschaft hinein transferieren. An diesem Donnerstag besuchen Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Wissenschaftsministerin Petra Olschowski die Hochschule, um sich über „TransforMA“ zu informieren.
Worum geht es in „TransforMA“ überhaupt?
Über allem stehe die Frage, wie sich akademisches Wissen „wirksam in den Dienst der Gesellschaft stellen lässt“, erklärt Mathias Hafner. Der Prorektor für Forschung und Technologietransfer leitet „TransforMA“ aufseiten der Hochschule, die das Verbundprojekt auch insgesamt koordiniert. „Es geht um Wissen, das für die vielfältigen Transformationsbedarfe unserer Gesellschaft relevant ist.“ Klimawandel, Mediendidaktik, Bildung, Deindustrialisierung, Politik, digitale Transformation oder Auswirkungen der Produktionsverlagerung - das Projekt soll viele Themen behandeln.
Es gehe darum, dass Forschende und Gesellschaft eine gemeinsame Sprache lernen und zueinander fänden, erläutert Julia Derkau, Leiterin des Bereichs Bildungsinnovation, die aufseiten der Universität das Projekt gemeinsam mit dem Inhaber der Carl-Theodor-Professur am Historischen Institut, Hiram Kümper, koordiniert. „An Hochschulen gibt es viele Menschen, die spannenende Erkenntnisse haben. Außerhalb der Hochschulen gibt es ebenfalls viele Menschen mit relevantem Wissen“, sagt Derkau. „,TransforMA’ soll beide zusammenzubringen.“
Universität und Hochschule wollen also - ganz vereinfacht gesagt - den ihnen öfter wenig schmeichelhaft nachgesagten Elfenbeinturm einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen. „Wir wollen die Hochschulen auch mehr und mehr öffnen“, kündigt Hafner an. „Die Gesellschaft soll uns als Ideentankstelle und als Innovationsknotenpunkt zu ihrem Nutzen wahrnehmen.“ Deshalb sollen Forschung und wissenschaftliches Arbeiten transparenter werden. Außerdem soll die Öffentlichkeit die Möglichkeit haben, sich besser darüber informieren zu können, was an Universität und Hochschule geschieht.
Wir wollen nicht für die Schublade arbeiten, sondern mit unserer Arbeit auch etwas bewirken.
„Wir wollen nicht für die Schublade arbeiten, sondern mit unserer Arbeit auch etwas bewirken“, sagt Derkau. Die Gesellschaft würde es sich „bewusst leisten“, Wissenschaft „als System von der unmittelbaren Gewinnanwendung abzukoppeln und die nötige Freiheit zu geben“, meint Kümper. Dadurch könne Forschung an Hochschulen besser vorangetrieben werden als in großen und an wirtschaftliche Zwänge gebundene Unternehmen. „Wir haben aber bisher die Überlegung etwas vernachlässigt, wie das, was sich die Gesellschaft leistet und leisten muss, wieder zurückkommt.“ Man wolle nutzbares Wissen erlangen und dazu nun die Forschung nach Bedarfen ausrichten. Zwar habe die Forschung das bislang auch schon gemacht. „Das wirklich systematische Ausrichten nach Bedarfen lernen wir jetzt erst durch das Projekt“, sagt Kümper. „Wir wollen den Menschen, die für uns Steuern zahlen, zeigen, wofür die genutzt werden.“ Auch soll die Ausbildung zum Unternehmer oder zur Unternehmerin gefördert werden.
Wie soll der Wissenstransfer funktionieren?
Hochschule und Universität haben Kooperationspartner für „TransforMA“ gewonnen und sind mit weiteren Institutionen, Initiativen und Unternehmen in Gesprächen. Das Spektrum der Partner reicht unter anderem von NextMannheim über die Fachbereiche der Stadt bis zum Bildungscampus Neckarstadt-West oder der IHK, zählen die Koordinatoren auf. „TransforMA“ soll wissenschaftliche Forschung am Bedarf des Partners ausrichten - und so einen stärkeren Nutzen zu erlangen. Darüber hinaus soll sie mithilfe des Partners, beispielsweise in Museen, für jedermann erlebbar werden. „Was hilft es uns, wenn unsere Forschung zwar wichtig ist, aber draußen nicht wirklich ankommt?“, fragt Kümper. Die Projekt-Forschung richte sich an die Wirtschaft genauso wie an Jugendliche oder an die Stadt als Institution, sagt Hafner. „Wirkung und Wirksamkeit und die Frage, was relevant ist, sind wichtige Aspekte von ,TransforMA’.“
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Wie soll der Wissenstransfer konkret ausschauen?
„TransforMA“ ist in Teilprojekte unterteilt. Darunter ist unter anderem der Bereich Wissenskommunikation, in dem Forschung in die breite Öffentlichkeit so kommuniziert werden soll, dass diese sie versteht und von ihr erfährt. Ein anderes Teilprojekt kümmert sich darum, Erkenntnisse auszustellen, begehbar oder fühlbar machen, wie Hafner es beschreibt. „Wir richten Demonstrationsräume ein, in denen zum Beispiel im Technoseum oder im Mafinex jeder Forschung und Technik selbst erleben kann.“ Kümper hofft darauf, dass diese Räume der Öffentlichkeit mehr Aufschluss darüber geben, wo beispielsweise KI im Alltag hilft. „Davon gehört hat man immer schon mal was, aber in den Räumen kann man den Stand der Wissenschaft sehr genau sehen.“ In Transferlabors, die weder zur reinen Lehre noch zu reinen Forschung dienen, wollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zusammen mit ihren Partnern außerdem relevante Projekte erörtern und erforschen.
Wissenstransfer und Transparenz sind begrüßenswert: Wozu sind die zwölf Millionen Euro?
Etwas mehr als die Hälfte fließt an die Hochschule, die das Projekt koordiniert. Der andere Teil geht an die Universität. Die Koordinatoren gehen davon aus, dass so etwa 20 Stellen geschaffen werden können. „Wir bekommen als Hochschulen die Möglichkeit, neben dem Tagesgeschäft, mit Gesellschaft und Wirtschaft ins Gespräch zu kommen“, sagt Kümper. So würden durch Vertretungen Freiräume für Forscherinnen und Forscher geschaffen oder Ressourcen zur Bedarfsermittlung bereitgestellt werden. „Aus dem normalen Budget lässt sich das nicht rausschneiden“, erklärt Hafner.
Warum arbeitet die große Universität mit der kleineren Hochschule an einem so relevanten Projekt zusammen?
Beide hatten sich in der ersten Runde der Initiative vergeblich beworben - mit alleinigen Anträgen. In der Folge gab es Gespräche von Akteuren beider Hochschulen für einen gemeinsamen Antrag. Laut Kümper und Hafner ergänzten sich die Einrichtungen eher, als dass sie in Konkurrenz zueinander stünden: So verfüge die Universität über den renommierten sozialwissenschaftlichen und geisteswissenschaftlichen Forschungsbereich - der fehlt an der Hochschule, die aber als eine der forschungsstärksten Hochschulen für Angewandte Wissenschaften in Deutschland hohe Kompetenzen in Technik und Angewandter Wissenschaft biete, die wiederum der Universität fehlten. „Wir bringen die Expertisen von zwei großen Häusern zusammen und haben dadurch ein wahnsinniges Innovationspotenzial, das wir mit der Förderung ausschöpfen“, sagt Kümper.
Und was passiert, wenn die Förderung in fünf Jahren ausläuft?
„Wir wollen in fünf Jahren die Fremdsprache Transfer lernen“, sagt Kümper. Ob die danach weiter genutzt wird? Es ginge darum, im Training zu bleiben. Kümper vergleicht das mit der Essensbestellung im Ausland. „Es hilft, wenn drei Leute ihre unterschiedlichen Brocken zusammenklauben und dann doch das richtige Essen kommt“, meint er. „Genauso wird beim Transfer auch vieles hängenbleiben.“
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Das "TransforMA"-Projekt ist eine große Chance für Mannheim!