Mannheim. „Das klingt ja auch heute noch total modern!“, staunt Bürgermeister Volker Proffen, als er den Text von 1652 hört. Für die damals von Kurfürst Karl Ludwig (1617-1680) erlassenen zweiten Stadtprivilegien Mannheims ist der frühere Regent nun auf der „Kurpfälzer Meile der Innovationen“ geehrt worden. Die Bronzetafel ist die 30. von 42, die – eingelassen in den Gehweg vor dem Schloss entlang der Bismarckstraße – an besondere Ideen und Erfindungen aus Mannheim und der Region erinnert.
Seit einem Jahr hatte das Projekt „Kurpfälzer Meile der Innovationen“ pausiert. Dafür entstand sie zur Bundesgartenschau quasi ein zweites Mal. Im Klimapark, dem naturbelassenen westlichen Bereich des Spinelli-Geländes, sind Metalltafeln mit Fotos der Bronzeplatten und weitere Informationen entlang eines Wegs vom Ausgang Wachenheimer Straße bis zur Seilbahnstation fest verankert worden. Die sollten auch nach der Buga bleiben – allerdings ist der Bereich derzeit nicht zugänglich.
Noch fehlen Sponsoren
Dafür geht es jetzt vor dem Schloss umso schneller weiter. Nach der Ehrung für Karl Ludwig folgt bereits nächste Woche die Ehrentafel für die fünf Chemie-Nobelpreisträger der Region, finanziert von der Dr. Rolf M. Schwiete Stiftung. Weiter geht es im April mit der Erinnerung an die Spektralanalyse und im Juni mit der Bronzetafel für das Röhnrad. Im November, passend zur großen Ausstellung in der Kunsthalle, wird das Jubiläum „100 Jahre Neue Sachlichkeit“ gewürdigt. „Dann fehlen noch sieben Tafeln. Für die haben wir die Namen, aber bisher keinen Sponsor“, so Roswitha Henz-Best, zweite Vorsitzende des Vereins „Kurpfälzer Meile der Innovationen“.
Schließlich kostet eine Platte mit Verlegung und Versicherung 5500 Euro. Daher zieht sich die Realisierung des Projekts, für das allein der von Fritz-Jochen Weber geführte Verein verantwortlich zeichnet, auch seit November 2016 hin. Der Verein hatte mit der Stadt verabredet, vor dem Schloss bis zu 42 Bronzeplatten mit den Maßen 42 auf 42 Zentimeter zu verlegen. Die Auswahl der Geehrten erfolgte in Absprache mit dem Marchivum.
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Für Bürgermeister Proffen ist der Verein „ein wunderbares Beispiel für sehr engagierte Bürgerschaft“. „Danke, dass sie sich mit großer Leidenschaft dafür einsetzen, dass Menschen gewürdigt werden, die Großes geleistet haben“, so Proffen. Das sei „ein wichtiger Beitrag, dass sich Menschen aus der Region mit unserer Geschichte identifizieren“.
Und genau das ist das Ziel. Mannheim werde „viel zu wenig damit in Verbindung gebracht, was hier an geistigen und technischen Entwicklungen entstanden ist“, so Egon Manz, ebenso stellvertretender Vorsitzender: „Dabei haben diese Entwicklungen zu Wohlstand in unserer Region geführt“, hebt er hervor.
„Und viele Dinge sind heute noch sehr modern“, betont Karl-Heinz Frings, Geschäftsführer der GBG-Unternehmensgruppe. Das gelte besonders für die Worte des Kurfürsten aus dem 17. Jahrhundert, der schon damals Menschen aller Nationen in Mannheim willkommen geheißen habe. „Glaubensfreiheit, kein Unterschied zwischen den Nationalitäten – das ist noch heute von großer Bedeutung, das passt gut zu uns“, begründet Frings das Sponsoring der GBG. Dass Mannheim „eine bunte, lebendige Stadt geworden ist, hat damals seinen Anfang genommen“, erklärt Frings.
Religiöse Toleranz
So sieht es auch Proffen. „Nach den Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges hätte die damals junge Geschichte der Stadt Mannheim schon zu Ende sein können“, so der Bürgermeister. „Aber Karl Ludwig war überzeugt, dass die Stadt durch Zuwanderung und toleranten Umgang profitieren kann“, erklärt er, schließlich sei Religionsfreiheit damals „eine Seltenheit und für die Zeit sehr ungewöhnlich“ gewesen. Der damalige Kurfürst habe „zukunftsweisend etwas Außergewöhnliches geschaffen“, das auch heute noch Bedeutung habe.
Im Detail stellt das Roswitha Henz-Best dar, die den geschichtlichen Hintergrund schildert. Karl Ludwig, einer der Söhne des entmachteten „Winterkönigs“ und Kurfürsten Friedrich V., wächst im Exil der Familie in Den Haag auf. Erst 1648, im Westfälischen Frieden am Ende des Dreißigjährigen Krieges, bekommt er wieder die seinem Vater aberkannte Kurpfalz. 1649 kehrt er nach Heidelberg zurück, will aber die Festung Friedrichsburg in Mannheim wieder aufbauen. Doch die ursprünglichen Einwohner sind entweder tot oder geflüchtet. Also möchte er Zuwanderer gewinnen, „…ehrliche Leut von allen Nationen“, wie er in Deutsch, Niederländisch und Französisch schreibt. Neben der Abschaffung der Leibeigenschaft und des Zunftzwangs winken Neubürgern eine 20-jährige Steuerbefreiung sowie ein kostenloser Bauplatz, lediglich mit einem jährlichen Zins. Besonders ungewöhnlich für die damalige Zeit ist die Offenheit gegenüber allen Religionen, worauf viele Menschen aus französischsprachigen Gebieten (besonders Hugenotten), Flandern, Holland, der Schweiz oder Italien einwandern und gemeinsam die Stadt aufbauen.
„Er war ein aufgeklärter Kurfürst in einer Zeit des Absolutismus und steht für Toleranz in einer Zeit religiöser Fanatiker“, so Roswitha Henz-Best. Mannheim habe Karl Ludwig „die erste moderne Stadtverfassung mit dem Recht auf kommunale Selbstverwaltung“ sowie durch „liberale und wirtschaftsfreundliche Regelungen den gelungenen Wiederaufbau nach dem Dreißigjährigen Krieg zu verdanken“.
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