Mannheim. Pflegefachkraft Christian Hajder erläutert nicht nur an einem Übungsmodell, was es mit der „Künstlichen Lunge“ und dem zungenbrecherischen Namen Extrakorporale Membranoxygenierung, kurz ECMO, auf sich hat. Er erzählt auch, dass er 16 Jahre auf einer „Normalstation“ gearbeitet habe, ehe er sich für die Intensivpflege entschied. Bereut habe er diesen Entschluss nie – „im Gegenteil, ich hätte viel früher wechseln sollen“. Christian Hajder gehörte zu jenen Fachkräften, die beim vierten Pflegefestival der Universitätsmedizin Mannheim mit eigener Erfahrung und viel spürbarer Begeisterung für ihre jeweiligen Einsatzbereiche innerhalb der UMM werben.
„UMMdenken“ prangt auf dem Plakat. Pflegedirektor Rayk Oemus-Diehl, der selbst aus der Intensivpflege kommt und vom „besten Job der Welt“ schwärmt, weiß, dass es häufig Vorbehalte kombiniert mit falschen Vorstellungen sind, die davon abhalten, sich auf Tätigkeitsfelder wie Intensiv, Anästhesie, Notfall einzulassen. „Wir wollen mögliche Berührungsängste abbauen“, so Maximilian Ruppert, pflegerischer Departmentleiter.
Im Haus 37, Ebene 3, wo „TheSiMa“ (Abkürzung von „Themenräume Simulation Mannheim“) sein Domizil hat, gewährt das Lernkrankenhaus einen Blick hinter die Kulissen von medizinischen Bereichen, die üblicherweise nicht zugänglich sind – auch nicht für Auszubildende anderer Stationen. Aber nicht nur UMM-Azubis in der Gesundheits- und Krankenpflege und natürlich examinierte Kräfte sind eingeladen, einen Eindruck davon zu gewinnen, was sich beispielsweise auf einer Spezialeinheit für Menschen nach einem akuten Schlaganfall tut oder wie ein (simulierter) Not-Kaiserschnitt abläuft und danach Mutter und Baby, womöglich ein „Frühchen“ , versorgt werden. Auch externe Gäste konnten sich anmelden. Beispielsweise sind Marion und Anna gekommen, die als fertige Pflegekräfte in einem kleinen anderen Hospital arbeiten. „Wir möchten uns erst mal nur informieren“, betonen die beiden.
„Auf einer Intensivstation ist jeder Tag eine Herausforderung“
„Ich bin nie allein, habe immer Unterstützung und die Möglichkeit zu fragen“, sagt Melek Dogan, als sie umgeben von interessiert lauschenden Besuchern berichtet, wieso es ihr keine Angst bereitet, an einem Hightech- Arbeitsplatz eingesetzt zu sein, bei dem eine Maschine ganz oder teilweise Atemfunktionsleistungen von schwer lungengeschädigten Patienten außerhalb des Körpers übernimmt. Für die junge Frau, die seit ihrem Examen zwei Jahre auf der ECMO-Station tätig ist, steht fest: „Ich mache die Fachweiterbildung.“ Im November beginnt sie mit dem berufsbegleitenden Kurs.
Eine Fachkraft-Pflege-Weiterbildung im Bereich Intensivmedizin, die hat Christian Brein schon vor Jahren absolviert. Er ist nicht der Einzige, der bei dem Festival betont: „Auf einer Intensivstation ist jeder Tag eine Herausforderung – nie gleich.“ Nach einer Pause ergänzt er: „Mir gefällt, dass man nicht aufhört zu lernen.“ Und das Publikum lernt an einem Notfall-Bett, wo eine ziemlich echt wirkende Puppe als Patient mit Herz-Kreislauf-Stillstand fungiert, welche vier umkehrbare und damit behandelbare Ursachen den Kollaps ausgelöst haben könnten – die „4 H“ genannt: Weil die vier medizinischen Begriffe jeweils mit dem Großbuchstaben „H“ beginnen, beispielsweise Hypoxie für Sauerstoffmangel.
Klar wäre ein roter Teppich in einer Intensivstation ziemlich unhygienisch. Ein solcher wird hingegen symbolisch ausgerollt. Überhaupt ist das etwas andere Festival „großes Kino“ mit der Intensivpflege als Hauptdarsteller. Außerdem gibt es informative Filme, die so spannend wie Krimis sind – weil es ja in der Medizin häufig ebenfalls um Leben und Tod geht. Oder präsentiert sich ein „Tatort namens ZNA“ , der die Zentrale Notaufnahme in Szene gesetzt.
Interaktiv sollen die Besucherinnen und Besucher das Pflegefestival erleben. Und so prangt in einer Schüssel mit Wasser und Eisbrocken eine Schafslunge, die über einen Schlauch mit einem Ball zum Pumpen verbunden ist. Einmal fest drücken und schon bläht sich das dunkelrote Organ eindrucksvoll auf. Welch ein Aha-Erlebnis!
20 Stellen könnten sofort vergeben werden
Laut einer Studie, die von der Hans-Böckler-Stiftung gefördert wurde, fehlen den deutschen Krankenhäusern in der Intensivpflege bis zu 50 000 Vollzeitkräfte. Dass auf solchen Spezialstationen Betten wegen Personalmangel geschlossen werden müssen, sorgt immer wieder für Schlagzeilen.
Pflegedirektor Rayk Oemus-Diehl spricht auf Nachfrage von 20 Stellen, die er im Bereich der Intensivpflege –wozu er auch Wachstation, Anästhesie sowie Notfallaufnahme und Stroke Unit zählt – sofort vergeben könnte, wenn er Bewerbungen dafür hätte.
Mit Veranstaltungen wie dem Pflegefestival will die UMM auf ungewöhnliche Weise nicht nur über Berufsfelder informieren, sondern auch dafür begeistern. Jedenfalls sagt eine junge Frau, die in einem Jahr Pflegeexamen macht: „Also ich könnte mir gut vorstellen, was mit Intensiv zu machen.“ Auch wenn ihr ECMO großen Respekt eingeflößt habe, wie sie einräumt. Und Pflegedirektor Rayk Oemus-Diehl zeigt sich mit der Info-Veranstaltung sehr zufrieden – auch als professionelle Gemeinschaftsleistung der beteiligten Teams.
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