Medizintechnik

Neuartige Methode gegen Hirntumore wird am Uniklinikum Mannheim erprobt

Klingt nach Science-Fiction, ist aber Realität: Die Uniklinik Mannheim testet eine innovative Behandlungsmethode, um das Wachstum von Krebszellen zu stören. Eine wichtige Figur ist hier der US-amerikanische Investor Rod Canion

Von 
Roland Schmellenkamp
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Die Uniklinik Mannheim koordiniert eine internationale Forschungsarbeit, um die Wirksamkeit einer innovativen Behandlungsmethode zu testen. © uwe Anspachdpa

Mannheim. Viele Anekdoten kann Rod Canion von seiner ehemaligen Firma Compaq, Bill Gates von Microsoft und vielen anderen Prominenten aus den Gründerjahren der Massencomputerherstellung erzählen. Doch wieso der 79-Jährige am Montagnachmittag zwei Stunden Medizinern Rede und Antwort stand, hat einen ganz anderen Hintergrund: Der reiche US-Amerikaner ist seit einigen Jahren Investor im Bereich der Medizintechnik, eine von ihm unterstützte Firma hat eine ungewöhnliche Behandlungsmethode bei Hirntumor entwickelt und nun soll anhand einer weltweiten Studie ermittelt werden, ob und wie gut diese Methode tatsächlich ist.

Methode bereits erfolgreich eingesetzt

„Es klingt nach Star Trek und hört sich wie eine verrückte Idee an“, sagte Canion Montagnachmittag im Gebäude von Cubex gegenüber der Klinik vor rund 70 Gästen zu dieser Methode: „Mittels magnetischer Felder soll quasi das Wachstum der Krebszellen blockiert werden. Und zwar nicht durch Hitze oder ähnlichem, sondern indem der Herstellungsprozess der Krebszellen damit gestört wird.“ Es habe, so Canion, bereits Behandlungserfolge mit der in Texas entwickelten Methode gegeben.

Moderator Jörg Schieb (l.) und Investor Rod Canion. © Roland Schmellenkamp

Nun sei es Zeit für eine große medizinische Studie an Menschen, und dafür sei Frank Giordano „der perfekte Typ“. Der Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie der Universitätsmedizin erklärt im Gespräch mit dieser Zeitung, dass er bereits eine weltweite Studie an Hirntumoren mit einem Produkt der Firma Carl Zeiss durchgeführt habe, das „hat Beachtung gefunden“. Seitdem habe Mannheim einen exzellenten Namen für die klinische Prüfung von Medizinprodukten. Eine solche Studie werde ganz anders durchgeführt als bei Pharmaprodukten.

Der Vertrag dafür liege vor, und es sei zu 99 Prozent sicher, dass er Chefprüfer der Studie werde und Mannheim koordinierende Prüfstelle. Beginn der Versuche an verschiedenen Studienzentren mit der Behandlung von Hirntumor mittels magnetischer Felder soll 2025 mit zunächst 40 Patienten sein, Dauer drei Jahre. Ziel sei, so der amerikanische Informatiker Canion, das Leben zu verlängern – aber auch bei dieser neuen Behandlungsmethode würden wahrscheinlich nicht alle Krebszellen abgetötet, der Tumor könne wiederkommen.

Einst Informatiker, jetzt Investor

  • Rod Canion gründete Compaq 1982 mit zwei Freunden, alle waren Manager beim Halbleiterhersteller Texas Instruments.
  • Sie fragten sich nach dem Bedarf und hielten einen tragbaren Computer für sinnvoll. Der Compaq Portable war zwar tragbar, aber ungefähr so schwer wie ein Desktop-PC: gut 20 Kilogramm.
  • Bereits im ersten Jahr verkaufte Compaq über 50 000 Exemplare. 1986 folgen tragbare Computer, die kompatibel zu IBM waren. In den 1990er Jahren folgten Computer für Verbraucher.
  • Der Computerpionier Canion wurde 1945 geboren und wuchs in Houston, Texas, auf. Er war bei den Compaq-Mitarbeitern populär und versuchte, flache Hierarchien unter den Angestellten zu haben. Beispielsweise hatte keiner einen reservierten Parkplatz und alle ähnliche Büros.

Laut Giordano werde die Uniklinik dafür bezahlt – er persönlich jedoch nicht, „das gehört zu meinen Dienstaufgaben“. Gewinn werde die Uniklinik damit zwar nicht machen, aber es gebe zusätzliche Forschungserkenntnisse, wissenschaftliche Publikationen und „den Ruhm werden wir einheimsen“. Die zwei Gründerzentren Cubex One und Cubex 41 sind Zentrum für junge Unternehmen aus der Medizintechnik, Ausgründungen der Universitätsmedizin. Rund 40 Unternehmen sind dort untergebracht. Und Rod Canion sei, so Giordano, immer interessiert an Investitionen in Medizintechnik.

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Der Investor gab den Besuchern einige Tipps: „Du kannst die besten Ideen haben, aber wenn du dafür nicht das nötige Geld hast, kommst du damit nicht auf den Markt.“ Und selbst wenn man bewiesen habe, dass ein neues Produkt funktioniert, sei man nicht fertig: „Man muss die Kliniken und Ärzte davon überzeugen!“ Generell empfahl der erfolgreiche Unternehmer, immer ein Auge offen zu haben für Entwicklungen und Chancen, die man nicht erwartet hätte – und gute Gelegenheiten zu nutzen. Außerdem solle man sein eigenes Produkt schützen, denn sonst würde die Konkurrenz schnell ähnliches entwickeln.

Mannheims Medizintechnologie an der Spitze Deutschlands

Giordano betont im Gespräch mit dieser Zeitung, dass das Klinikum Mannheim im Bereich der Medizintechnologie deutschlandweit auf Platz 1 sei, „ich kenne kein anderes Uniklinikum mit dieser Stärke, das hat Leuchtturmcharakter“. Dies müsse auch in der aktuellen Debatte zur Fusion mit Heidelberg Beachtung finden. Generell sei Deutschland bei Medizintechnologie weltweit ganz vorn dabei. In Europa sei Deutschland mit 25 Prozent vom Umsatz auf dem Kontinent stärkster Standort, Baden-Württemberg sei wiederum bundesweit mit einem Viertel Umsatz führend. 70 Prozent betrage die Exportquote, ein Großteil seien medizinische Geräte.

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