Mannheim. Er verabschiedet sich mit schwarzen Zahlen: Einen Gewinn von 119 000 Euro weist die letzte Bilanz von Reinhard Becker als Geschäftsführer der Rhein-Neckar-Flugplatz GmbH aus. Nach über 20 Jahren als Chef in Neuostheim geht der 65-Jährige im Sommer in den Ruhestand und übergibt jetzt schon nach und nach an den bisherigen Prokuristen Dirk Eggert. Der muss die Sanierung der Landebahn, wofür der Flugplatz 2025 erstmals zeitweise geschlossen wird, und die Umstellung auf mehr Umweltfreundlichkeit bewältigen.
Allein die Sanierung der 1190 Meter langen und 25 Meter breiten Landebahn werde „eine Mammutaufgabe“, ahnt Dirk Eggert jetzt schon. Etwa alle 15 Jahre sind diese Arbeiten aus Sicherheitsgründen erforderlich. 2009 hatten zwei Wochenenden gereicht, an denen der Flugbetrieb komplett eingestellt wurde. Im April 2025 dagegen wird an zehn Tagen außer dem Rettungshubschrauber „Christoph 53“ gar kein Flugzeug in Neuostheim landen oder starten können.
Grasbahn des Mannheimer Flughafens nicht betroffen
„Wir müssen den kompletten Belag abfräsen“, so Eggert. „Da kommen wir um eine Schließung nicht drumherum“, ergänzt Becker. An den zehn Tagen werde dann rund um die Uhr gearbeitet. Drei Millionen Euro sind für den neuen Belag veranschlagt. Dieses Budget hat der Aufsichtsrat vom 1926 eröffneten Flugplatz, an dem neben der Stadt auch zu einem Viertel das Land Baden-Württemberg sowie mit kleineren Anteilen die Städte Ludwigshafen und Heidelberg beteiligt sind, bereits bewilligt. Das gilt ebenso für eine weitere Investition von mehreren hunderttausend Euro, um die Landebahnbefeuerung – also alle Lichter im Anflugbereich und entlang der Piste – komplett auf energiesparende LED umzustellen.
Von den Arbeiten nicht betroffen ist die Grasbahn, die von den 30 von hier operierenden Segelfliegern genutzt wird – gesperrt wird sie aber dennoch. „Da werden ständig Lkw auf die Landebahn fahren, das wird eine riesige Baustelle, da ist das Risiko einfach zu groß“, so Becker.
Mit seinem Abschied geht nicht nur in Neuostheim eine Ära zu Ende. Ehe der Betriebswirt zum Flugplatz kam, war Becker zehn Jahre kaufmännischer Geschäftsführer der Mannheimer Kongress- und Touristik GmbH im Rosengarten (heute m:con), und davor seit der Ausbildung stets bei der Stadt Mannheim beschäftigt. Jetzt den Flugplatz zu verlassen, falle ihm nicht leicht, gesteht Becker, denn es sei „eine spannende Aufgabe“ gewesen, „die mir super gefallen hat“. Aber die wisse er jetzt „in guten Händen“, ist Becker überzeugt.
Flughafen Mannheim schreibt keine roten Zahlen
Dirk Eggert arbeitet schon seit 20 Jahren als Prokurist an der Seite von Becker. Der 58-Jährige hatte zunächst Reiseverkehrskaufmann gelernt und bei Hapag Lloyd gearbeitet, ehe er 2000 zum Flugplatz Neuostheim kam, sich zum Fluglotsen weiterbildete und auch als Flugleiter im Tower tätig war. Seit 2014 führte er nebenbei die Rhein-Neckar-Air, die nach dem Konkurs der Cirrus Air 2012 von Unternehmen der Region gegründet wurde, um von Mannheim aus einen Linienflugbetrieb zu managen und zu vermarkten. Diese Aufgabe hat Eggert jetzt abgegeben, um sich ganz auf den Flugplatz zu konzentrieren.
„Uns hätte nichts Besseres passieren können, als Eggert zu gewinnen“, freut sich der ehemalige Bürgermeister Michael Grötsch, bisher der Aufsichtsratsvorsitz der Flugplatz-Gesellschaft. Das Gremium habe Eggert einstimmig bestellt. „Er ist eine klasse Besetzung, und wir wollen ja immer fähige Fach-und Führungskräfte in der Region halten“, betont Grötsch.
Reinhard Becker habe „ganz hervorragende Arbeit geleistet“, lobt Grötsch. Und zum Glück gehe er der Stadt nicht ganz verloren. Noch für ein Jahr bleibt Becker in Teilzeit Geschäftsführer des Großmarktes mit der Aufgabe, einen Nachfolger zu finden und einzuarbeiten.
Mit der Bilanz, die Becker in Neuostheim hinterlassen hat, ist der Aufsichtsratsvorsitzende mehr als zufrieden. Die Phase roter Zahlen ist vorbei, die Umsatzrückgänge durch die Corona-Zeit verdaut. Die Zahl der Flugbewegungen ist in 2023 wieder deutlich auf 37 972 gestiegen (Vorjahr 35 422), noch mehr die Zahl der ein- und aussteigenden Passagiere, nämlich von 64 273 auf 72 214. Auf den Linienverkehr entfallen davon 11 310 Fluggäste (nach 10 619 im Vorjahr).
Neuerdings Flüge von Mannheim nach Elba
Regelmäßiger Flugbetrieb nach Berlin lohne sich nicht mehr, sagt Eggert, seit die Maschinen nicht mehr in Tegel und damit mitten in der Stadt landen können und Schönefeld so hohe Gebühren erhebe. Hamburg werde man „vielleicht ab September wieder versuchen“, so Eggert. Sehr gut angenommen würden die Flüge zu den Urlaubsinseln Sylt und Usedom sowie ab Mai zur Mittelmeerinsel Elba. „Da sind wir die Einzigen, die da hinfliegen“, so Eggert. Eine große Rolle für Neuostheim spielen aber der Charter-, Fracht-, Ambulanz-, Schul- und Firmenflugverkehr. Von den 152 hier stationierten Flugzeugen sind 14 Jets von Unternehmen der Region.
Seit Sommer hebt von Neuostheim zudem das Elektroflugzeug „Velis Electro“ vom slowenischen Hersteller Pipistrel ab. Die Maschine hat als erster Flugzeugtyp mit Elektroantrieb eine Zulassung der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) erhalten. Für Eggert ist das „der erste Schritt zur Elektrofliegerei“. Er plant ein Flug- und Lade-Netzwerk als Kooperationsprojekt der Flugplätze Mannheim, Worms und Speyer.
Das gehört zu seinem Konzept des „Green Aviation Hub“, sprich dem umweltfreundlichen Flugplatz. „In Zeiten, in denen der Luftverkehr durch die Klimadiskussion immer häufiger mit negativen Schlagzeilen behaftet ist, sehe ich das als große Chance“, so der neue Geschäftsführer. Insbesondere im regionalen Flugverkehr mit bis zu 19 Sitzplätzen sei – im Gegensatz zu großen Maschinen – die technische Entwicklung emmissionsfreier Maschinen bereits „sehr weit fortgeschritten“, weiß Eggert. Dann werde diese Art des Personentransports über mehrere hundert Kilometer sogar die klimafreundlichste Art des Reisens sein, meint er, denn bis auf die Start- und Landebahn gebe es keinen weiteren Landschaftsverbrauch.
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