Reiss-Engelhorn-Museen

Warum das Mannheimer Zeughaus zwei Jahre geschlossen wird

Am 28. Juli schließt das Zeughaus der Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen – und zwar voraussichtlich bis Herbst 2027. Das muss sein, denn Passanten droht Gefahr.

Von 
Peter W. Ragge
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Alle Fenster müssen saniert, das Museum daher zwei Jahre geschlossen werden: Das Zeughaus am Mannheimer Toulonplatz. © Markus Prosswitz / Photo-Proßwitz

Mannheim. Lose Scheiben, verzogene Flügel, verrottete Fensterrahmen, befallen mit Ungeziefer und loser Kitt: „Wir müssen dringend tätig werden, bevor Passanten Objekte auf den Kopf fallen“, warnt Yvonne Wagner, Verwaltungsleiterin der Reiss-Engelhorn-Museen. Für die Sanierung der Fenster wird das Zeughaus daher ab 28. Juli für voraussichtlich zwei Jahre bis Herbst 2027 geschlossen. Die kunst- und kulturgeschichtlichen Sammlungen sind bis dahin nicht mehr zu sehen.

Das Zeughaus, 1777/1778 nach Plänen von Peter Anton von Verschaffelt erbaut, gilt als eines der bedeutendsten Bauwerke des Frühklassizismus in Deutschland. Erst war es das Waffenarsenal der Truppen von Kurfürst Carl Theodor, von Uniformen bis zu Kanonenkugeln. Danach diente es der Bürgerwehr, badischen Truppen und als Lazarett. Seit 1901 im Eigentum der Stadt, nutzte sie es erst als Gewerbehalle und Leihamt, aber bereits ab 1908 als Museum.

Einige Fenster stammen noch vom Wiederaufbau nach dem Krieg

2004 bis 2007 gab es, mit Blick auf das Stadtjubiläum 2007, eine Generalsanierung. Allerdings sind damals nicht alle 178 Fenster auf den fünf Stockwerken ausgetauscht worden. „89 stammen noch vom Wiederaufbau in den 1950er Jahren und stehen unter Denkmalschutz“, so Yvonne Wagner: „Hätte man damals alle ausgetauscht, wäre es wesentlich einfacher gewesen.“

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Einige alte Fenster sind auch mit Asbest und Lindan belastet. 2005 wurden aufgedoppelte Isolierglasfenster montiert und fest verbaute Wände gestellt, damit Bilder und Exponate aufgehängt werden können. „Dadurch ist es aber nicht möglich, an die Fenster ranzukommen, seit 20 Jahren ist daher keine Wartung und Pflege möglich“, so sie Verwaltungsleiterin, ohne Ausstellungen zu räumen und diese Innenwände zumindest teilweise abzureißen.

Auch von Außen kommt man nicht leicht an die Fenster heran. Unter dem Toulonplatz ist eine Tiefgarage, deren Decke nicht die Tragfähigkeit hat, dass dort ein großer Hubsteiger stehen kann – die oberen Stockwerke sind unerreichbar. Auf der Gartenseite schränkt der verglaste Vorbau die Zugänglichkeit ein. Die Folge: „Die Verrottung der Fenster schreitet fort“, informiert Wagner. Die bedeute sowohl eine Gefahr für Menschen, die am Zeughaus vorbeilaufen, als auch der dort aufbewahrten Kulturgüter.

Auch die Innenwände des Mannheimer Zeughauses werden angepasst

Schon länger steht daher fest, dass es eine umfangreiche Renovierung geben muss. „Das dient auch der Erhaltung der Substanz und damit des Vermögenswerts der Stadt“, so Yvonne Wagner. Der Haushaltsausschuss des Bundestags bewilligte bereits im vergangenen Jahr 252.000 Euro aus dem Denkmalschutz-Sonderprogramm zur Förderung der national bedeutendsten Kulturdenkmäler, um die Zeughaus-Fenster zu sanieren. Voraussetzung ist, dass die Mittel schnell abgerufen werden und bis 2029 abgerechnet sind. „Wir müssen also jetzt beginnen“, betont die Verwaltungsleiterin.

Mit dem Landesdenkmalamt gab es dazu eine Begehung und eine Bestandsaufnahme aller Fenster. Sie ergab, dass alle alten Fenster zu restaurieren sind und daher erhalten werden müssen. Auch die Fenster von 2005 können repariert werden. Statt der bisher festen Innenwände wird es künftig aber flexible Schiebeelemente geben, um die Ausstellungsfläche beizubehalten, aber die Wartung der Fenster zu ermöglichen.

Der schlechte Zustand der Fenster am Mannheimer Zeughaus ist deutlich zu erkennen. © REM

Die Gesamtkosten werden mit 1,2 Millionen Euro angegeben. Abzüglich der Bundesförderung muss die Stadt 948.000 Euro tragen, die der Gemeinderat bereits bewilligt und die Umsetzung der Maßnahme ab diesem Sommer beschlossen hat. Anfangs war man aber davon ausgegangen, dass ein Jahr reicht. Doch nun gehen die Planer von zwei Jahren aus. Es wird kein Gerüst gestellt, sondern von Innen gearbeitet. „Wir müssen aber mangels Depotflächen stockwerkweise arbeiten. In Eigenleistung wird jeweils alles an Exponaten rausgeräumt, das spart aber die Kosten für Verpackung, Abtransport und Lagerung durch eine Kunstspedition“, erklärt die Verwaltungsleiterin des Museums. Damit erbrächten die Mitarbeiter der Reiss-Engelhorn-Museen „einen engagierten Beitrag zur Kostenreduktion in diesen Zeiten“, so Wagner.

Was bedeutet die Schließung des Zeughauses für die Ausstellungen?

Für die Besucher heißt es indes, dass die kunst- und kulturgeschichtlichen Sammlungen der Reiss-Engelhorn-Museen von der Antike über Kunstschätze aus der Kurfürstenzeit, sakrale Kostbarkeiten und die Theatergeschichte bis zur Mannheimer Stadtgeschichte um 1900 zwei Jahre lang nicht zu sehen sind. Die große Sonderausstellung „Essen und Trinken“ endet ohnehin am 27. Juli. Es gibt lediglich zwei Ausnahmen: Die Ausstellung „Glanz der Antike“ im Kellergewölbe kann an bestimmten Tagen in gebuchten Gruppenführungen auch während der Schließzeit besucht werden. Außerdem sind Anmietungen des Foyers und des Florian-Waldeck-Saals im Erdgeschoss und Veranstaltungen dort weiterhin möglich.

Die Reiss-Engelhorn-Museen konzentrieren sich dann bis 2027 auf zwei Gebäude: das Museum Weltkulturen in D5 und das den Stiftungen gehörende Haus in C4, wo dauerhaft die Ausstellung der Musikinstrumente und die Fotogalerie Zephyr sowie die Glaskunst beheimatet sind.

Trotz Wegfall des Zeughauses öffnen gleich vier Sonderausstellungen im Herbst ihre Tore. Saurier bringen ab 12. Oktober in D5 die Faszination der Urzeit nach Mannheim, schon ab September kann der aus Mannheim stammende Impressionist Philipp Klein in den Stiftungsmuseen in C4 (wieder)entdeckt werden, wo auch eine neue Glaskunst-Schau vorgesehen ist und eine neue Foto-Schau die Dürre in Namibia sowie ihre Folgen zeigt. Im Zeughaus planen die Reiss-Engelhorn-Museen im Herbst 2027 gemeinsam mit dem Planetarium, das dann 100 Jahre alt wird, eine große Sonderausstellung rund um den Mond.

Redaktion Chefreporter

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