Mannheim. Nach dem Streit bei den Mannheimer Parkhausbetrieben (MPB) gerät ein weiteres städtisches Unternehmen in die Diskussion: Bei der GBG soll es zuletzt zu Hunderten Verstößen gegen gesetzliche Arbeitszeitregelungen gekommen sein. Die Hintergründe im Überblick.
Was genau ist geschehen?
Im vergangenen Jahr ist es bei der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GBG, die komplett der Stadt Mannheim gehört, zu mehr als 450 Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz gekommen. Das haben sowohl Geschäftsführung als auch Betriebsrat gegenüber dieser Redaktion bestätigt. Die Zahl bezieht sich auf die klassische kommunale Wohnungsbaugesellschaft, also das Kerngeschäft der GBG, zu deren Gruppe mittlerweile auch etliche andere Tochtergesellschaften gehören.
Um welche konkreten Verstöße geht es?
Um die maximal zulässige Arbeitszeit von zehn Stunden pro Tag. Diese ist von den insgesamt knapp 400 Beschäftigten im Jahr 2024 zusammengerechnet mehr als 450 Mal überschritten worden.
Wie ist es dazu gekommen?
Nach Angaben der Geschäftsführung gibt es bei der GBG „ein hohes Maß an Freiheit“ bei der Einteilung der Arbeitszeit. Im täglichen Gleitzeitkorridor zwischen 6 und 20 Uhr können die Beschäftigten flexibel ihren Aufgaben nachgehen. Zudem gebe es weitreichende Möglichkeiten, um im Büro oder mobil zu arbeiten.
Diese „gut geübte und gerne genutzte Praxis“ hat offenbar dazu geführt, dass die Mitarbeitenden in Einzelfällen die 10-Stunden-Grenze überschritten und dies in ihren Arbeitsnachweisen dokumentiert haben. Es handelt sich also nicht um angeordnete oder bewilligte Überstunden.
Wer hat die Gewerbeaufsicht eingeschaltet?
Das ist offen. Nach Informationen dieser Redaktion wurde dort aufgrund der Verstöße gegen die gesetzlichen Arbeitszeitregelungen Anzeige erstattet. Die Stadt Mannheim, zu der das Gewerbeaufsichtsamt gehört, bestätigte gegenüber dieser Redaktion zwar das Vorliegen der Anzeige.
Weitere Fragen wollte ein Sprecher jedoch nicht beantworten: „Mehr Informationen können wir aus Gründen des Datenschutzes und aufgrund der Tatsache, dass es sich hierbei um einen laufenden Vorgang handelt, leider nicht erteilen.“
Wie geht es jetzt weiter?
Die Gewerbeaufsicht untersucht die Vorfälle. Nach Angaben der GBG-Geschäftsführung sei ein Gesprächstermin bereits vereinbart. Welche Maßnahmen die Behörde darüber hinaus noch ergreift, wollte ein Sprecher der Stadt Mannheim nicht verraten.
Haben die Verstöße Konsequenzen für die GBG?
Das lässt sich erst beantworten, wenn die Gewerbeaufsicht ihre Untersuchung abgeschlossen hat. Theoretisch wäre laut Arbeitszeitgesetz eine Geldbuße von bis zu 30.000 Euro denkbar, wenn Arbeitgeber vorsätzlich oder fahrlässig ordnungswidrig handeln.
Was sagt der Betriebsrat dazu?
Er hat nach Informationen dieser Redaktion intern bei einer Betriebsversammlung im Dezember auf das Problem hingewiesen. Auf eine aktuelle Anfrage hin möchte er sich inhaltlich nicht weiter dazu äußern. „Generell ist der Betriebsrat der GBG Unternehmensgruppe durch das Betriebsverfassungsgesetz verpflichtet, die Einhaltung von Gesetzen im Unternehmen zu überwachen“, teilte er nur mit. Diese „originäre und bedeutsame Aufgabe“ habe das Gremium veranlasst, das Thema Arbeitszeiten aufzugreifen und eine interne Diskussion anzustoßen. „Der Betriebsrat hat absolutes Interesse daran, die Angelegenheit gemeinsam mit der Geschäftsführung und dem Gewerbeaufsichtsamt lückenlos aufzuarbeiten und zu einem guten Ergebnis für die Belegschaft zu kommen“, betont er weiter.
Was sagt die Geschäftsführung des Unternehmens dazu?
Sie betont, dass es bezogen auf die Gesamtzahl der Arbeitstage der knapp 400 Beschäftigten im vergangenen Jahr „in etwas weniger als 0,7 Prozent zu Verstößen gekommen“ sei. Eine Häufung in einzelnen Bereichen gebe es nicht. „Das Überziehen der Tageshöchstarbeitszeit war zudem weder angeordnet noch erwartet“, erklärt ein Sprecher. Sofort nach dem Hinweis auf die Verstöße seien alle Führungskräfte aufgefordert worden, dafür zu sorgen, dass die Arbeitszeitregeln „zwingend eingehalten werden“.
Ist es in diesem Jahr zu weiteren Verstößen gekommen?
Ja, allerdings zu deutlich weniger. Im Januar hat die Geschäftsführung eigenen Angaben zufolge ein „engmaschiges Monitoring“ eingeführt. Seither sei die Zahl der Verstöße um etwa zwei Drittel gesunken und liege im ersten Halbjahr 2025 „noch bei rund 0,2 Prozent“.
Was sagt der Gesamtpersonalrat der Stadt dazu?
Da es sich bei der GBG um ein eigenständiges Unternehmen handelt, ist er in den Vorgang nicht eingebunden. „Aus Sicht des Gesamtpersonalrats ist aber dringlich geboten, dieses Thema ordentlich zu behandeln und dafür Sorge zu tragen, dass Tarifrecht und Arbeitsschutzmaßnahmen eingehalten werden“, teilt Vorsitzende Anja Russow-Hötting mit.
„Wir haben die Erwartung, dass auch die Töchter beziehungsweise Gesellschaften der Stadt als gutes Beispiel einer Arbeitgeberin agieren.“
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Arbeitszeit-Verstöße bei der Mannheimer GBG: Kein Skandal!