Denkmalschutz

Warum das alte Fährhaus in Mannheim weiter verrottet

2017 gab es einen Brand, seitdem ist es abgesperrt: das alte Fährhaus in Mannheim-Neuostheim. Es ist ein besonderes Denkmal, und es gäbe einen Investor, der es retten will. Aber es tut sich nichts

Von 
Peter W. Ragge
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Es verfällt immer mehr: das alte Fährhaus von 1867 in Neuostheim, seit einem Brand 2017 abgesperrt und mit einer Plane provisorisch gesichert. © Thomas Tröster

Mannheim. Absperrgitter, viel Gestrüpp und Müll, auf dem Dach teils Schutzfolien, vernagelte Fenster - dieses Bild bietet schon lange ein Baudenkmal aus dem 19. Jahrhundert: das alte Fährhaus, ehemals Kiosk vom Campingplatz Neuostheim. Zwar gibt es einen Investor, der bereit wäre, das Gebäude zu sanieren und als Gastronomie zu betreiben. Er verliert aber langsam die Geduld, weil er das Gefühl hat, dass er von der Stadt hingehalten wird.

Vom Rathaus selbst kommt auf Anfrage nur eine knappe Antwort. „Die Stadt befand und befindet sich mit verschiedenen Interessenten im Austausch“, so der Büroleiter von Baubürgermeister Ralf Eisenhauer. „Noch kann jedoch nichts Konkretes mitgeteilt werden“, erklärt er. Sobald sich der Sachverhalt ändere, werde man Gemeinderat, Bezirksbeirat und die Öffentlichkeit informieren. „Die Verwaltung unternimmt selbstverständlich die notwendigen Sicherungsmaßnahmen“, versichert er.

Altes Fährhaus in Neuostheim: gastronomische Nutzung war angedacht

Vor zweieinhalb Jahren hatte die Stadt dazu erklärt, in einem halben Jahr - das wäre Ende Januar 2023 gewesen - sollten die Verhandlungen abgeschlossen sein. Im Oktober 2023 war von „fortgeschrittenen Verhandlungen“ über eine gastronomische Nutzung die Rede. Aber sie ziehen sich weiter hin.

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Man sei „trotz großen Aufwands und Kosten noch keinen Schritt weiter“, klagt Dirk Kuchenbuch: „Für uns ist und wird es schwierig, unter diesen Umständen das Thema weiter zu verfolgen“, so der Investor. 2020/21 hat er auf dem Lindenhof den alten Lokschuppen, das ehemalige Werkstattgebäude und die Schienenfahrzeughalle, alle von 1872 stammend, vor Verfall und Abriss gerettet und für Büros sowie Gastronomie umgebaut. Dafür erhielt er den Preis für Denkmalpflege - und großes Lob der Stadt.

Nach Brand: Stadt wollte Altes Fährhaus abreißem lassen

Doch in Neuostheim kommt er nicht weiter. Kauf oder Pacht, das Recht zur Nutzung für eine Gastronomie trotz nahen Naturschutzgebiets und die Zufahrt für Ver- und Entsorgung - stets tauchten neue Probleme auf, obwohl dort ja lange eine gastronomische Versorgung des Campingplatzes ansässig war.

Seit der Campingplatz Neuostheim 2016 durch die Stadt geschlossen wurde, sind das Areal und auch das Haus, von dem aus er lange verwaltet wurde, indes verwaist. Daraufhin nutzten es Obdachlose. 2017 entstand ein Brand, bei dem die Flammen sich durch das Dach fraßen. Die Stadt wollte daher das Fährhaus ganz abreißen, doch hiergegen formierte sich harter Widerstand von Bezirksbeiräten, dem Verein Stadtbild sowie vom Landesdenkmalamt. Kuchenbuch erklärte sich deshalb bereit, das Gebäude zu übernehmen und dort einen gastronomischen Anlaufpunkt für Radfahrer am stark frequentierten Neckartal-Radweg zu etablieren.

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Derzeit scheitere das Vorhaben hauptsächlich an der geplanten Verlegung des bestehenden Bahnübergangs der OEG/Linie 5, der noch nah beim Fährhaus ist. Er soll im Zuge der Sanierung der Haltestelle Duale Hochschule um ca. 800 Meter dorthin verlegt werden. „Das gleicht einem Schildbürgerstreich“, sagt Kuchenbuch, denn dann gehe der Übergang auf einen Fahrradweg und sei schwer einzusehen, da links und rechts sehr hoher Baumbestand existiere. „Über diesen Übergang ist eine Versorgung des Fährhauses nicht machbar“, so Kuchenbuch, während er andere Streitpunkte für lösbar hält. Die Stadt äußert sich gar nicht zu Details.

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Der Bezirksbeirat hat Kuchenbuchs Pläne bisher begrüßt und auch der Verein Stadtbild unterstützte ihn. „Das ist eine insgesamt unerfreuliche Geschichte“, bedauert Helen Heberer, Vorsitzende des Vereins Stadtbild. „Da hat man schon mal jemanden, der sich um die Sanierung und den Erhalt eines solchen historischen Baus mit privaten Mitteln kümmern würde, und dann wird er (jahrelang) blockiert, weil Planer die Gesamtheit der Anliegen nicht im Blick haben“, kritisiert sie und hofft, dass der Investor durchhält. Schließlich wäre es „eine gute Lösung für die Stadt“, so Heberer.

Ab 1891 diente das Fährhaus als Dampfbahnstation

Derzeit jedoch sei das Baudenkmal „immer mehr dem Verfall ausgesetzt“, schimpft Volker Keller, der Zweite Vorsitzende des Vereins Stadtbild. Dabei sei das Fährhaus „das älteste Kulturdenkmal von Neuostheim und der letzte Zeuge der über 600-jährigen Geschichte der Neckarnutzung“, so Keller. Er nennt es „für Feudenheim und Neuostheim identifikationsstiftend“ sowie ein „Dokument der Verkehrsgeschichte“, weil es eine auf das Mittelalter zurückgehende Fährverbindung dokumentiere. Schließlich wird eine Feudenheimer Fähre bereits 1365 als Zollstation und 1476 als Überfahrt bezeugt.

Als ab 1866 die dampfbetriebene Kettenschifffahrt die Treidelschifffahrt ersetzt, führt dies zu einem Umbau der Feudenheimer Fähre - in diese Zeit fällt der Bau des heutigen Fährhauses. Der eingeschossige Putzbau mit Sandsteinrahmungen und Satteldach wurde laut Volker Keller um 1867 erbaut, als der Standort noch zu Feudenheim zählte. Ab 1891 diente das Fährhaus zudem als Dampfbahnstation der Kleinbahnlinie nach Heidelberg. Die Feudenheimer Bauern aber nutzten weiter die Überfahrt zu ihren Feldern links des Neckars, ebenso Kaufleute mit dem Ziel Feudenheim. 1969, mit dem Bau der Brücke des Rhein-Neckar-Schnellwegs, wurde der Fährverkehr laut Keller eingestellt. Das Fährhaus wurde zum Fischerhaus, dann zum Campingplatz.

Redaktion Chefreporter

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