Denkmalschutz - Verein Stadtbild kämpft für Erhalt

Altes Fährhaus könnte Kiosk für Radfahrer werden

Von 
Peter W. Ragge
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Seit dem Brand 2017 nur notdürftig gesichert: das ehemalige, denkmalgeschützte Fährhaus der Fähre Feudenheim – Neuostheim. © Michael Ruffler

Mannheim. Das alte Fährhaus in Neuostheim soll wieder als Kioskbetrieb oder Gastronomie genutzt werden. Dazu ist die Stadt derzeit „in Gesprächen mit Investoren“, so eine Sprecherin des Baudezernats auf Anfrage. „Ende Januar sollten die Verhandlungen abgeschlossen sein“, meinte sie und wollte vorher zu Details nichts sagen. Der Verein Stadtbild hofft, dass das geschichtlich sehr bedeutende, aber immer mehr verfallende Gebäude damit endlich gerettet wird – denn es handelt sich um ein eingetragenes Kulturdenkmal.

„Zäh“ – mit diesem Wort umschreibt Helen Heberer, Stadträtin und Vorsitzende des Vereins Stadtbild, den Prozess. „Wir hatten uns in der Sache so bemüht, auch der Bezirksbeirat“, sagt sie. Seit der Campingplatz Neuostheim 2016 durch die Stadt geschlossen wurde, sind das Areal und auch das Haus, von dem aus er lange verwaltet wurde, verwaist. Daraufhin nutzten es Obdachlose. 2017 entstand ein Brand, bei dem die Flammen sich durch das Dach fraßen. Die Stadt wollte daraufhin das Fährhaus ganz abreißen, doch hiergegen formierte sich harter Widerstand von Bezirksbeiräten, dem Verein Stadtbild sowie vom Landesdenkmalamt.

Um 1867 erbaut

Immerhin sicherte die Stadt daraufhin das Dach mit Folien, „die aber inzwischen so langsam dahinwittern“, klagt Heberer. „Es gibt seit zwei Jahren einige interessierte Käufer, die das Gebäude sanieren wollen und eine teilweise öffentliche Nutzung vorsahen“, so Heberer, doch noch habe die Stadt keinen Zuschlag erteilt. So sei daran gedacht, hier einen Anlaufpunkt für Radfahrer am stark frequentierten Neckartal-Radweg zu etablieren. „Jedenfalls sollte die Stadt nicht weiter Zeit verstreichen lassen, weil das Gebäude leidet und solche Investoren nicht vom Himmel fallen“, fordert Heberer.

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„Das Haus ist immer mehr dem Verfall ausgesetzt“, beklagt Volker Keller, der zweite Vorsitzende des Vereins Stadtbild, der sich um die historische Aufarbeitung des Gebäudes kümmert. Immerhin sei das Fährhaus „das älteste Kulturdenkmal von Neuostheim und der letzte Zeuge der über 600-jährigen Geschichte der Neckarnutzung“, so Keller. Es sei „für Feudenheim und Neuostheim identifikationsstiftend“ sowie ein „Dokument der Verkehrsgeschichte“, weil es eine auf das Mittelalter zurückgehende Fährverbindung dokumentiere. Schließlich wird eine Feudenheimer Fähre bereits 1365 als Zollstation und 1476 als Überfahrt bezeugt.

Der eingeschossige Putzbau mit Sandsteinrahmungen und Satteldach wurde laut Volker Keller um 1867 erbaut. Der Hauseingang an der westlichen Giebelseite weist Hochwassermarken von 1882 und 1919 auf. Beim Bau zählt der Standort des Fährhauses zu Feudenheim, das erst 1910 nach Mannheim eingemeindet wird. Nach dem Bau der auf Dämmen angelegten Straßen von Mannheim nach Heidelberg und nach Großsachsen ab 1762 dient die Fähre als Verbindung dieser beiden Chausseen. 1783/84 wird die Fähre indes durch schweres Treibeis zerstört und 1785 neu errichtet.

Als ab 1866 die dampfbetriebene Kettenschifffahrt die Treidelschifffahrt ersetzt, führt dies zu einem Umbau der Feudenheimer Fähre – in diese Zeit fällt auch der Bau des heutige Fährhauses. Doch nachdem immer mehr Bahnverbindungen entstehen, verliert die Fähre Kundschaft. Ab 1891 dient das Fährhaus zudem als Dampfbahnstation der Kleinbahnlinie nach Heidelberg. Die Feudenheimer Bauern aber nutzen weiter die Überfahrt zu ihren Feldern links des Neckars, ebenso Kaufleute mit dem Ziel Feudenheim.

Doch der Bau der Neckarbrücke Seckenheim – Ilvesheim 1926/27 kostet weitere Kundschaft. Ab 1938, als Pioniere der Feudenheimer Kaserne (heute Spinelli) die Maulbeerinsel nutzen, endet der Fähr-Wagenverkehr. An seine Stelle tritt eine Nachenüberfahrt für Fußgänger.

1945, nach dem Zweiten Weltkrieg, bekommt die Fähre plötzlich wieder hohe Bedeutung – weil die Brücke über den Neckarkanal zerstört ist. Daher müssen die Fährleute die Passanten über den Kanal rudern und dann mit dem Giernachen über den Altneckar setzen. 1969, mit dem Bau der Brücke des Rhein-Neckar-Schnellwegs, wird der Fährverkehr laut Volker Keller endgültig eingestellt. Karl Biedermann, der letzte Fährmann, widmet sich dann nur noch der Fischerei, das Fährhaus wird zum Fischerhaus und dann zur Anlaufstelle des Campingplatzes.

Redaktion Chefreporter

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