Mannheim. Gut ein Jahr liegt er zurück – unser Turley-Spaziergang. Damals lautete die Botschaft: Auf dem Konversionsgelände der östlichen Neckarstadt hat sich viel getan, aber gleichwohl gibt es „Dornröschenschlaf-Projekte, ja Bauruinen hinter Absperrgattern“. Und daran hat sich in knapp 13 Monaten so gut wie nichts geändert. Weshalb im letztjährigen September aufgenommene Gebäudefotos nahezu den aktuellen Zustand zeigen.
Das Areal mit militärischer Vorgeschichte hat die MWSP als Stadtentwicklungsgesellschaft für Mannheim 2012 übernommen. Von Anfang an stand fest: Wo sich denkmalgeschütztes Gestern mit urbanem Heute vereint, soll das einstige Kasernengebäude zum pulsierenden Herzstück der Begegnung werden – als multifunktionales Casino. Vor einem Jahr waren unter dem endlich sanierten Satteldach hin und wieder noch Arbeiter in Aktion zu sehen.
Inzwischen sind sämtliche Bauaktivitäten eingestellt worden. Auf Anfrage erläutert Heiko Brohm, Sprecher der kommunalen Unternehmensgruppe GBG, zu der die MWSP gehört, den Hintergrund: Dem Architektenbüro samt ausführenden Firmen ist gekündigt worden. Juristische Auseinandersetzungen gibt es wegen „Planungsfehlern und Bauschäden“. Derzeit laufe die Schadensaufnahme – erst danach könne eine erneute Auftragsvergabe erfolgen.
Auch wenn Sprecher Brohm keine Details nennt, so legt eine in der Zielgeraden erfolgte Vertragsauflösung Beanstandungen mit reichlich Konfliktstoff nahe. Es ist kein Geheimnis, dass ursprünglich das renommierte Architektenbüro MVRDV aus Rotterdam – von ihm stammt auch die Idee für die Buchstaben-Häuser auf Franklin – für das Turley-Casino die Konzeption entwickelt hat. Die konkreten Ausführungen übernahmen allerdings freie Architekten in Karlsruhe.
Immerhin gibt es bei einem Sandsteinhaus im Mannheimer Turley-Areal eine positive Entwicklung
Brohm bestätigt, dass sich die Casino-Fertigstellung in dem etwa 120 Jahre alten Kasernengebäude weiter hinzieht. Vor einem Jahr hatte er zuversichtlich angekündigt, dass nach mehreren Verzögerungen wohl Ende 2024 oder im Frühjahr 2025 „das Herz von Turley“, wie es auf dem Absperrzaun heißt, schlagen werde. Um zusätzliche Zeitverluste zu vermeiden, werde bereits nach möglichen Betreibern der geplanten Gastronomie gesucht.
Erfreuliche Nachrichten gib es hingegen für das dreistöckige Sandsteinhaus mit Mansardendach am Turleyplatz Nummer 7. Zwar umwuchert nach wie vor Gestrüpp das leer stehende Gebäude im Eigentum der MWSP. Und an dem Zaunplakat mit dem kuriosen Text „Selbst unser Baucontainer steht unter Denkmalschutz!“ hat sich ebenfalls nichts geändert.
Abgeschlossen sind aber wohl jene juristischen Auseinandersetzungen mit der Tom Bock Group (TBG) als einstigem, aber dann insolventen Ankerinvestor aus Frankfurt. Wie Sprecher Brohm mitteilt, bereite die MWSP für das historische Bestandsgebäude derzeit eine Ausschreibung vor. Diese sei für Konzepte offen – ob Investoren Wohnungen oder andere Nutzungen vorsehen.
„Zwischen dem Rot der Sandsteingebäude und dem bunt getüpfelten Grün der Platzwiese sticht ein weißer Schandfleck ins Auge: Ein hässlicher Hotel-Rohbau präsentiert sich als `Anhängsel` eines sanierten früheren Militärgebäudes.“ Diese anlässlich unseres ersten Turley-Rundgangs formulierte Beschreibung trifft weiterhin zu.
Im Mannheimer Turley-Zentrum: offene Fragen auch bei der Reithalle
Das im damaligen wie derzeitigen Zustand merkwürdig anmutende Ensemble hat der Mannheimer Unternehmer Tamer Baklan im Oktober 2022 bei einer Zwangsversteigerung erworben. Seinerzeit erklärte er, sich ein Hotel vorstellen zu können. Der im Beherbergungsbereich tätige Geschäftsmann – er betreibt beispielsweise am Wasserturm das übernommene „Parkhotel 1901“ (vormals Maritim) – versicherte vor einem Jahr, dass im Oktober 2024 die Bauarbeiten losgehen.
Man habe bereits Angebote für verschiedene Gewerke eingeholt. Warum entgegen dieser Ankündigung nichts passiert ist, darüber war in den letzten Wochen von Tamer Baklan keine Auskunft zu bekommen. Schriftliche wie telefonische Anfragen unserer Zeitung blieben ohne Reaktion.
Unklar ist außerdem, wie es mit der um 1900 errichteten Reithalle weitergeht, wo einst Kavallerie-Rösser ausgebildet wurden. Das denkmalgeschützte wie stark restaurierungsbedürftige Kulturdenkmal mit den imposant gen Himmel strebenden Bögen an der Eingangsfront hat Tamer Baklan – Neffe von Mustafa Baklan, Gründer des in Neckarau ansässigen Lebensmittelkonzerns Suntat – ebenfalls bei einer Zwangsversteigerung gekauft.
Immerhin ist von der Stadt Mannheim zu erfahren, dass diese am 26. Februar 2025 einer Änderung als gemischt genutztes Gebäude mit Fotogalerie samt Atelier, Lagerfläche für Medientechnik, Veranstaltungshalle und Restaurant zugestimmt hat. Wie Corinna Hiss, Pressereferentin für das Dezernat IV, auf Anfrage erklärt, sind die für eine Baufreigabe insbesondere erforderlichen bautechnischen Nachweise bislang nicht eingereicht worden. Und wie sieht es beim Hotel aus? Corinna Hiss: „Für das Hotel liegt der alte Antrag vor, der bereits 2024 genehmigt wurde. Weitere Gespräche gab es danach nicht.“
Es gibt also viele offene Fragen. Und die treiben auch Bewohner um. Beispielsweise Steffen Rupp, der in dem etwas anderen Wohngebiet Entdeckungstouren begleitet. Er beklagt rund um die Fortentwicklung auf Turley „mangelnde Kommunikation und Null Transparenz“.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Stillstand beim Mannheimer Turley-Areal – aber nicht nur