Vom Allgäu nach Brandenburg und weiter nach Tokio – Mammut und Moschusochse, Höhlenlöwe und Höhlenbär, Flusspferd, Elch und Riesenhirsch aus Mannheim sind viel unterwegs. Nach zwei wichtigen Stationen in Deutschland bereiten die Reiss-Engelhorn-Museen für ihre Ausstellung „Eiszeit-Safari“ gerade eine Japan-Tournee vor.
Zuletzt ist die „Eiszeit-Safari“ im Museum Kempten im Marstall zu Ende gegangen. Es war die erste naturwissenschaftliche Schau in der Stadt und sie landete „bei Einheimischen und Gästen einen Volltreffer“, meldete das Museum begeistert 44 000 Besucher von Ende Oktober 2023 bis April 2024.
Mischung aus Fakten und unterhaltsamen Elementen
,„Das ist absoluter Rekord für Kempten und die erfolgreichste Ausstellung, die dort bisher präsentiert wurde“, freut sich Wilfried Rosendahl, Generaldirektor der Reiss-Engelhorn-Museen, Ideengeber und Macher der Sonderschau. Im Allgäu war es „die größte und aufwendigste Ausstellung, die es je in Kempten gab“, so die „Süddeutsche Zeitung“. „Es ist eine Ausstellung von einem Ausmaß, wie es sie in Kempten noch nie gegeben hat“, sagte der dortige Oberbürgermeister Thomas Kiechle – Sohn des ehemaligen Bundeslandwirtschaftsministers Ignaz Kiechle – bei der Eröffnung. Gelobt wurde dort die „gelungene Mischung aus wissenschaftlich aufbereiteten Fakten und unterhaltsamen interaktiven Elementen“ sowie die Ergänzung um lokale Aspekte aus dem Allgäu.
Konzipiert hatte Rosendahl die Ausstellung, als er noch gar nicht Generaldirektor war. Gezeigt wurde sie erstmals 2016 in der Festung Ehrenbreitstein Koblenz. Danach ging sie in 82 Kisten und mit sechs 40-Tonnern auf Tournee zu sechs weiteren Standorten in Deutschland.
Mit einer Verzögerung durch die Corona-Pandemie lief die Sonderschau von Sommer 2021 bis Februar 2022 in Mannheim – inhaltlich und optisch deutlich aufgewertet, um Originalfunde eiszeitlicher Knochen ebenso wie neue Forschungsergebnisse ergänzt. Knapp 51 000 Besucher sahen die Ausstellung in der Quadratestadt, obwohl es die meiste Zeit noch Einschränkungen für Besucher wie Maskenpflicht wegen Corona gab.
Seither ist die Ausstellung weiter „ohne Unterbrechung auf Tour“, so Rosendahl, zumal sie durch die aktuellen Bezüge zum Klimawandel den Nerv vieler Besucher trifft. Zwischendurch war sie auch nochmal in kleinerer Version während der Bundesgartenschau 2023 in der U-Halle zu sehen gewesen. Und immer findet sich auf allen Publikationen und in der Werbung das Mannheimer Museumslogo.
Seit Anfang Juni läuft die „Eiszeit-Safari“ nun im Archäologischen Landesmuseum in Brandenburg im Paulikloster, einem stattlichen gotische Backsteinbau. Da wird die mehr als 60 lebensechte Tierrekonstruktionen, Skelette und Präparate umfassende Schau als „Sonderausstellung, die keinen kalt lässt!“ und „beeindruckendes Erlebnis für Groß und Klein“ beworben. Neben Franz Schopper, Direktor des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologischen Landesmuseums, sprach zur Einführung auch Rosendahl.
Die Japaner hatten bereits die Mumien-Ausstellung übernommen
In Brandenburg steht die Ausstellung bis 23. Februar 2025. Anschließend werden Kisten für Seecontainer gepackt – für eine Japan-Tour. Die Japaner hatten bereits 2022 Interesse geäußert, jetzt ist das Mannheimer Gastspiel im Land der aufgehenden Sonne sicher. Es soll im Juli 2025 im Nationalmuseum in Tokio beginnen, wahrscheinlich acht Stationen umfassen und bis September 2027 dauern. Der Lizenznehmer für die Ausstellungstour ist das Nationalmuseum und damit ein vertrauter Partner. 2019 übernahmen sie bereits die erfolgreiche Mannheimer Mumien-Ausstellung.
Dabei ist die Mannheimer Sonderschau über all die Jahre nie gleich geblieben. „Wir forschen weiter und beziehen natürlich stets aktuelle Erkenntnisse ein“, betont Rosendahl: „Eiszeit ist für uns ein Dauerthema“, zumal im Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie die Experten sitzen, die eiszeitliche Knochen aus ganz Deutschland untersuchen und genau datieren können.
So waren Rosendahl und weitere Mannheimer Forscher der Reiss-Engelhorn-Museen an einem Projekt von Thomas Terberger (Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege und Universität Göttingen) beteiligt. Dabei handelte es sich, so Rosendahl, „um die weltweit erste genetische Untersuchung von Höhlenlöwen“. Der Studie zufolge lässt sich erstmals nachweisen, dass bereits Neandertaler Höhlenlöwen jagten und sein Fell schätzten – und die Tiere womöglich auch deshalb ausgestorben sind.
Höhlenlöwe hatten eine Schulterhöhe von etwa 1,3 Metern und galten als das gefährlichste Tier der letzten 200 000 Jahre auf unserem Kontinent, bis es am Ende der Eiszeit ausstarb. Bei Ausgrabungen an der Einhornhöhle im Harz waren unter zahlreichen eiszeitlichen Tierresten auch wenige Knochen des Höhlenlöwen identifiziert worden, in einer mehr als 200 000 Jahre alten Fundschicht. Bei der Untersuchung der Überreste fiel den Forschern ein Zehenknochen mit einer Schnittspur auf, die an dieser Stelle nur Sinn ergibt, wenn das Tier zur Fellgewinnung enthäutet wurde. Die neuen Ergebnisse verdeutlichen laut Wilfried Rosendahl, dass der Höhlenlöwe und sein Fell bereits für den Neandertaler von großer Bedeutung war: „Die Studie bestätigt, dass der Neandertaler dem modernen Menschen sehr viel ähnlicher war als noch vor kurzem gedacht“.
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