Porträt

Vorsitzende des Mannheimer Stadtjugendrings: Im Einsatz für das Ehrenamt

Die Stadt Mannheim hat die Vorsitzenden des Stadtjugendrings für ihr ehrenamtliches Engagement ausgezeichnet. Elina Brustinova und Suhail Butt wollen auch in Zukunft Jugendliche für das Ehrenamt motivieren. Das ist nötig, der Mangel ist groß

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Sebastian Koch
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Vertreten als Vorsitzende des Stadtjugendrings Interessen von mehr als 40 000 Kindern und Jugendlichen in Mannheim: Suhail Butt und Elina Brustinova. © Christoph Blüthner

Die eine ist Jüdin, der andere Muslim. Wenn Elina Brustinova und Suhail Butt aber zusammen arbeiten, steht das Gemeinsame im Vordergrund. „Wir merken immer wieder, wie viele Dinge wir teilen“, sagt Suhail Butt mit einem Lachen. Gerade hat Elina Brustinova erzählt, dass sie - wie er - als Kind die Mozart-Grundschule besucht hat.

Heute, viele Jahre später, leiten beide gemeinsam den Stadtjugendring. Der Dachverband setzt sich für die Interessen von mehr als 30 Mitgliedsverbänden mit mehr als 40 000 Mannheimer Jugendlichen ein und vernetzt sie untereinander.

Elina Brustinova im Gespräch. © Christoph Bluethner

Am Wochenende zeichnete Oberbürgermeister Christian Specht - neben anderen - Butt und Brustinova für ihr ehrenamtliches Engagement aus. Dass sie sich neben ihrer Arbeit beim Stadtjugendring auch für den interreligiösen Dialog in der Stadt einsetzten, „macht die beiden zu einem Vorbild für diese Stadt“, hieß es dazu in der Begründung.

Wir treffen Brustinova und Butt im Café des Jugendkulturzentrums Forum. Hier, in dem alten Gebäude an der Neckarpromenade, dem Sitz des Stadtjugendrings, verbringen die Beiden viel Zeit. Ein Praktikum beim „Mannheimer Morgen“ habe sie 2009 zu einem Termin beim Stadtjugendring geführt, erzählt Brustinova. Sie findet Gefallen an dem dortigen Umfeld, nimmt in der Folge für die Jugend der Jüdischen Gemeinde, in der sie sich bereits ehrenamtlich einbringt, an Mitgliederversammlungen teil und engagiert sich schließlich von 2016 an im Vorstand des Stadtjugendrings. Butt ist indes über eine Jugendleiterausbildung für die Jugend der Ahmadiyya-Gemeinde zum Stadtjugendring gekommen. „Live zu erleben, wie viel in Mannheim für Jugendliche und die Verbandsarbeit getan wird, wie viele Gremien und Menschen sich damit beschäftigen und wie mit der Politik zusammengearbeitet wird, ist sehr interessant“, erklärt er seine Faszination. „Es ist toll, was man erreichen kann, wenn man seine Stimme einbringt.“

Mannheimer Stadtjugendring will bessere Bedingungen für Jugendliche schaffen

In den Jahren der Pandemie etwa, erinnert sich Butt, sei der Stadtjugendring das „Sprachrohr“ für die Jugendlichen in Mannheim gewesen. „Wir haben in vielen Sitzungen deutlich gemacht, dass man miteinander statt übereinander reden muss.“ Man habe darauf hingewirkt, dass die Politik bei Entscheidungen, die Kinder und Jugendliche betroffen haben, auch mit den Verbänden gesprochen hat. „Die Pandemie war die schwierigste Zeit, die wir erlebt haben. Im Nachhinein können wir aber auch stolz darauf sein, was wir als Jugend in dieser Zeit geleistet haben“, sagt Butt.

Er und Brustinova, das zeigen das Gespräch wie auch die Treffen in der Vergangenheit, brennen für ihr Amt. Mit ansteckender Begeisterung berichten sie über das, was Mannheims Jugendverbände bewegt, benennen Probleme - wie den Mangel an Ehrenamtlichen, Probleme mit Räumen oder auch mit hohen, durch Inflation bedingten Kosten - und freuen sich über Lösungsansätze, für die auch sie sich starkmachen. Sowohl Brustinova als auch Butt argumentieren dabei aber differenziert. Trotz der Begeisterung wirken sie nie euphorisch oder gar naiv.

Suhail Butt im Gespräch. © Christoph Bluethner

In ihrem Leben sei das Ehrenamt zwar seit 15 Jahren in verschiedenen Funktionen fest verankert, sagt Brustinova. Aus ihrem persönlichen Engagement aber dürfe man keine Regel, schon gar keine Forderung an die Allgemeinheit ableiten, will sie betonen. Nicht jede und jeder kann mehrere Stunden im Monat etwa für Sitzungen investieren. Die Politik müsste deshalb Voraussetzungen schaffen, das Engagement zu erleichterten, und Arbeitgeber müssten jungen Menschen Zeit einräumen. „Ehrenamt muss man sich leisten können. Im Moment ist das ein Luxus.“

Ich sage Jugendlichen immer: Geht zu einem Verband, der euch interessiert, und schaut es euch einfach mal an.
Suhail Butt

Als Vorsitzende will das Duo - gemeinsam mit dem insgesamt fünfköpfigen Vorstand - die Verbandsarbeit „nachhaltig und zukunftsfähig aufstellen“. Über allem steht dabei die Gewinnung an Ehrenamtlichen: Nicht zuletzt, weil durch die Pandemie gleich zwei Jahrgänge an Jugendleitern weggebrochen sind. „Das merken wir jetzt“, sagt Brustinova. Mit dem Projekt „Refresh & Recover“, das den Ehrenamtsmangel wissenschaftlich untersucht hat, war der Stadtjugendring Vorreiter in Deutschland. „Wir müssen jetzt daraus aber auch die richtigen Schlüsse ziehen und versuchen, die Strukturen zu verbessern“, sagt Brustinova.

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Wie viel Zeit sie in ihr Amt investieren, das können Butt und Brustinova nicht genau sagen. Je nach Phase im Jahr sei das mal mehr, mal weniger. Als Vorsitzende des Stadtjugendrings sei ihr Pensum außerdem sowieso nicht repräsentativ für andere. Das Schöne am Ehrenamt sei, sagt Butt, dass man keine Verträge mit persönlichen Verpflichtungen unterschreiben muss. „Ich sage Jugendlichen immer: Geht zu einem Verband, der euch interessiert, und schaut es euch einfach mal an.“ Auch mit weniger Zeitaufwand könne man vieles erreichen. „Wir wissen, dass ehrenamtliches Engagement etwas sehr Bereicherndes ist - für die Gesellschaft und für die eigene Biografie“, sagt Brustinova.

Jugendverbände sind Werkstätten der Demokratie.
Elina Brustinova

Es gibt viele Gründe, sich zu engagieren, sind Butt und Brustinova überzeugt. Sei es in einem Verband, um sich außerhalb der Schule ohne Leistungsdruck mit Gleichaltrigen auszutauschen oder um mit ihnen Interessen zu teilen, wie Sport oder Religion - oder als Jugendleiter und -Delegierter im Stadtjugendring. „Mir fällt kein anderer Ort ein, an dem man so ungezwungen mit so vielen Menschen und Interessen zusammenkommen kann wie in einer Mitgliederversammlung oder in einem Arbeitskreis“, sagt Brustinova. „Jugendverbände sind Werkstätten der Demokratie.“

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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