Mannheim. Mehl liegt in der Luft, es riecht nach wertigem Holz und die schönsten Blumen warten bereits darauf, zu einem üppigen Strauß gebunden zu werden: In etwa so stellt man sich die Austragungsstätte einer Weltmeisterschaft der Berufe vor. Und genau dorthin ist Team Germany unterwegs.
Vergangene Woche wurde die Deutsche Berufe-Nationalmannschaft in Mannheim verabschiedet. Ziel sind die World Skills 2024 in Lyon. Begabte Menschen treten über vier Tage in unterschiedlichen Berufen gegeneinander an, zum Zweck der Völkerverständigung, des Wissenstransfers und natürlich, um möglichst viele Medaillen zu gewinnen. Mannheim ist für die Mannschaft logistisch gesehen der zentralste Treffpunkt, Teilnehmende aus Mannheim sind diesmal trotzdem keine dabei.
Was sind die World Skills in Lyon und wie viele Deutsche treten dort an?
Gegen 13:30 Uhr versammeln sich die ersten Teilnehmer in weinroten T-Shirts vor dem Museum der Weltkulturen auf dem Toulonplatz in Mannheim. Sie sind jung, denn die Altersgrenze für die World Skills liegt bei 23 Jahren. Ob Mechatroniker, IT-ler, Florist oder Steinmetz - sie alle bringen ihren eigenen Bundestrainer mit, der sie die letzten Monate begleitet und mit ihnen verschiedenen Trainings absolviert hat.
Denn bei den World Skills kann nicht jeder antreten, eigentlich nur die Besten: „Die Nationalmannschaft setzt sich dieses Jahr aus 42 Teilnehmer*innen aus ganz Deutschland zusammen. Bevor sie zu den Weltmeisterschaften, den World Skills fahren, haben sie schon mehrere Wettbewerbe hinter sich, erst auf regionaler, dann auf nationaler Ebene“, erklärt Angelina Roth, Abteilung Marketing der Nationalmannschaft.
Ziel war es, junge Menschen zu fördern und sie in Kontakt zu bringen. Über die Wettbewerbe finden sie international zusammen, können sich fachlich untereinander austauschen, werden zu Freunden und machen keinen Krieg. Die Völkerverständigung war und ist immer noch Ziel der Sache.
Doch was sind die World Skills eigentlich? Roth lacht, denn: „Obwohl es viele Parallelen zu den Olympischen Spielen gibt, erfreuen sie sich lange nicht solch einer Bekanntheit. Die World Skills sind die Weltmeisterschaften der Berufe.“ Aus den Bereichen Industrie, Dienstleistung und Handwerk treten Menschen aus aller Welt über mehrere Tage hinweg gegeneinander an.
Die Jury setzt sich aus den Bundestrainern der Teilnehmenden zusammen. Sie bewerten nicht nur das Werkergebnis, sondern beobachten ihre Schützlinge über die Tage hinweg ganz genau. Hierbei achten sie vor allem auf verschiedene Skills, die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ebenfalls erfüllen müssen: Präzision und Genauigkeit während der Arbeitsausführung, aber auch Stressresistenz, Arbeitssicherheit sowie problem- und lösungsorientiertes Arbeiten. „Die Trainer vergeben schließlich Punkte und diskutieren gerne bis in die Nacht - bevor die Gewinnerinnen und Gewinner schlussendlich feststehen und verkündet werden. Das kann sehr spannend sein“, sagt Roth.
Deutschland ist vorn mit dabei: Titelverteidiger im Backen
Roth freut sich sichtlich auf die kommenden Spiele. „Deutschland ist immer vorn mit dabei“, prahlt sie. „Bei den letzten World Skills wurden wir sogar Weltmeister im Backen. Aber auch in den Bereichen Mechatronik, Industrie 4.0, Fliesenleger, Zimmerer, Maurer und IT, gehören wir zur Weltspitze.“
Der Toulonplatz füllt sich mit der Zeit. Darunter Sandro Ambs (Teilnehmer als Elektroniker) mit Bundestrainer Julian Weis. Sie sitzen auf einer Bank, die gepackten Koffer stehen schon bereit. „Ich wurde über meinen Ausbildungsbetrieb SICK AG auf die Chance aufmerksam“, erzählt Ambs. „Ich habe vor zwei Jahren die World Skills in Stuttgart besucht und bin jetzt selbst das erste Mal dabei.“ Bundestrainer Weis ist stolz auf seine Schützlinge: „Medaillen gewinnen wir immer mal wieder. Auch dieses Jahr gehen wir mit einem starken Team an den Start.“
Bevor sie zu den Weltmeisterschaften, den World Skills fahren, haben sie schon mehrere Wettbewerbe hinter sich, erst auf regionaler, dann auf nationaler Ebene.
Auch Hubert Romer, Geschäftsführer und offizieller Delegierter des Vereins World Skills Germany, begeistert sich nicht nur für sein Team, sondern auch für die Sache: „Seit über 170 Jahren gibt es berufliche Wettbewerbe. Ziel war es, junge Menschen zu fördern und sie in Kontakt zu bringen. Über die Wettbewerbe finden sie international zusammen, können sich fachlich untereinander austauschen, werden zu Freunden und machen keinen Krieg. Die Völkerverständigung war und ist immer noch Ziel der Sache.“
Und er führt weiter aus: „Außerdem sind wir deutlich nachhaltiger als jeder Leistungssport. Welchen Nutzen hat ein Sieg über 100 Meter im Vergleich zu den umfassenden Auswirkungen der Erfolge unserer Gewinnerinnen und Gewinner? Sie gehen in Realschulen und Gymnasien - teilen dort ihr Wissen und ihre Erfahrungen. Unsere Botschaft soll lauten: Eine berufliche Bildung ist das Sprungbrett in deine Karriere. Wir fördern so junge Menschen und unterstützen auch nebenbei die Wirtschaft.“
Koffer voller Schokolade und Marzipan erschweren das Beladen vor der Abreise zur WM der Berufe in Lyon
Mannheims Wirtschaftsbürgermeister Thorsten Riehle gibt den jungen Athletinnen und Athleten auch noch ein paar Worte mit auf den Weg: „Hier steht die Zukunft unseres Handwerks und die erste Nationalmannschaft, die ich verabschieden darf. Das ist für uns als Mannheimer eine große Ehre. Ich bin sehr gespannt auf die Ergebnisse, glaube daran, dass jeder von Euch sein Bestes gibt."
Die Koffer werden in den eigens gebrandeten Bus geladen - was da wohl alles drin ist? Prompt kommt die Antwort, als beim Einladen eines wohl sehr schweren Exemplars laut gestöhnt wird: „Das sind die schweren Koffer der Konditoren, alles Marzipan und Schokolade“, wird beim Einladendes Koffers gewitzelt.
Eine lange Fahrt steht der Mannschaft nun bevor. „Wir haben uns das mit dem Bus von der deutschen Fußballnationalmannschaft abgeguckt.“ Angelina Roths Augen funkeln. „Wir wollten einen eigenen Bus, mit dem wir gemeinsam nach Lyon fahren. Die Fahrt dauert zwar etwas länger, aber die Fußballer haben das auch so gemacht. Unsere Mannschaft kann sich während der Fahrt untereinander besser kennenlernen, an Zeit hierfür mangelt es definitiv nicht.“
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-von-mannheim-aus-zur-weltmeisterschaft-der-berufe-_arid,2241650.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.de/themen-schwerpunkte_dossier,-olympische-spiele-2021-in-tokio-_dossierid,246.html