Sport

Tauzieh-WM in Mannheim: Vier Profis berichten über ihre Leidenschaft für den Sport

Rund 1500 Sportlerinnen und Sportler aus 23 Nationen sind nach Mannheim gekommen, um sich im Tauziehen miteinander zu messen. Vier von ihnen haben uns erzählt, was sie antreibt und was sie sich vom Wettkampf versprechen

Von 
Christian Gerards
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Raphael Kunz betreibt den Sport erst seit 2021. Bei der Begrüßungsfeier posierte er mit Tauzieh-Seppl, dem WM–Maskottchen. © Christian Gerards

Mannheim. 23 Nationen und rund 1500 Sportler, Trainer und Betreuer sind derzeit in Mannheim, um bis Sonntag im Stadion am Alsenweg an der Tauzieh-Weltmeisterschaft teilzunehmen. Unter ihnen sind auch Hsu Heng Tsun aus Taiwan, Melanie Botha aus Südafrika, Jacob Huston aus den USA sowie Raphael Kunz aus Deutschland.

Bei der Tauzieh-WM in Mannheim: Hsu Heng Tsun aus Taiwan

Der 27-Jährige betreibt seinen Sport bereits seit rund zehn Jahren. Schon in der High School habe er mit dem Tauziehen angefangen. Für den Taiwanesen fühlt sich das Kräftemessen mit dem Seil wie ein Zuhause an, da er dabei mit vielen anderen Sportlern im Team zusammen sein und eine Einheit bilden kann.

Hsu Heng Tsun tritt mit der Nationalmannschaft von Taiwan an. © C.Gerards

Auch die Ausdauer, die man für diesen Sport an den Tag legen muss, fasziniert ihn. Um so erfolgreich zu sein, dass er nun von Taiwan zur WM nach Mannheim reisen konnte, trainiert er zwei Mal in der Woche. In dem asiatischen Land mit seinen rund 23,5 Millionen Einwohnern betreiben laut Hsu Heng Tsun lediglich rund 1500 Menschen seinen Sport. Eine Hochburg sei dabei die Hauptstadt Taipeh im Norden des Landes sowie Taichung im Westen.

Er selbst komme aus der Region Taichung. Als Ziel gibt er für sein Team einen Platz unter den ersten Vier aus - am liebsten würde er dabei natürlich auf dem Podium stehen und eine Medaille mit nach Hause nehmen.

Raphael Kunz ist Teil der Tauzieh-Nationalmannschaft Deutschland

Aus Woringen bei Bad Grönenbach im Allgäu stammt Raphael Kunz. Er tritt sowohl bei den Männern als auch in der Mixed-Mannschaft für Deutschland an. Vergangenes Jahr sei er schon beim Nachwuchs-Tauzieh-Wettbewerb auf dem Bundesgartenschau-Gelände als Betreuer gewesen. Auch für ihn verkörpern das Zusammenkommen von Kraft und mentaler Stärke die Faszination vom Tauziehen.

2008 sei im Nachbarort der Tauziehclub Allgäu Power Zell gegründet worden. Er habe sich 2018 das Heimturnier angeschaut und in einer der Mannschaften einen Arbeitskollegen am Seil entdeckt. Er habe diesen am folgenden Arbeitstag angesprochen, und dieser habe ihn zum Training eingeladen. Seither könne auch er das Seil nicht mehr loslassen.

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So richtig mit dem Sport habe er aufgrund von Corona aber erst 2021 begonnen. In jenem Jahr sei er mit dem Tauziehclub, der die deutsche Mannschaft im Schwergewicht stellte, als Betreuer und Ersatzsportler Weltmeister geworden. 2022 holte er mit dem Mixed-Team bei den World Games in den USA Silber. Zwischen zwölf und 20 Stunden trainiere die Mannschaft pro Woche. Das Ziel bei der WM sei es, die Qualifikation für die World Games 2025 im chinesischen Chengdu zu schaffen.

Melanie Botha aus Südafrika bei der Tauzieh-WM in Mannheim

Als Trainerin der südafrikanischen Frauen-Nationalmannschaft ist Melanie Botha nach Mannheim gekommen. Für sie zählt die Kameradschaft zu den herausragenden Eigenschaften des Tauziehens. Es gehe darum, von Individuen zu einem eingeschworenen Team zu werden, in dem jeder seinen Fähigkeiten nach das Beste gebe.

Melanie Botha (mit der Fahne) betreut seit drei Jahren die Nationalmannschaft der Frauen in Südafrika. © Christian Gerards

Die Kapstädterin selbst sei dem Sport seit dem Jahr 2006 verbunden - zunächst als Sportlerin, seit 2020 als Trainerin. Die Frauen-Nationalmannschaft betreue sie seit drei Jahren. Zum Sport sei sie gekommen, nachdem sie bei einem lokalen Turnier als Zuschauerin gewesen sei. Sie habe gedacht, dass das nach einem fantastischen Sport aussehe und sie das unbedingt ausprobieren wolle. Als sie dann zum ersten Mal das Seil in der Hand gehalten habe, sei sie direkt süchtig danach gewesen.

Seither hätte sie damit nicht mehr aufhören können - so wie auch rund 12 000 andere Südafrikaner, die das Tauziehen als Sport betreiben. Es gebe zahlreiche Talente, die sich in den Schulen organisieren - zahlenmäßig seien sie dort sogar stärker vertreten als der Rugby-Nachwuchs, immerhin der Nationalsport schlechthin in Südafrika.

Jacob Huston, USA ist auch bei der Tauzieh-WM in Mannheim dabei

Ein bisschen verrückt ist Jacob Huston aus Madison in Wisconsin für seine Freunde. Denn Tauziehen fristet in den USA ein Schattendasein -nur wenige Menschen betrieben den Sport dort überhaupt. Immer, wenn er jemandem das Tauziehen zeigen würde, dann heiße es vom Gegenüber, dass es ein Hinterhof-Spiel sei - aber Tauziehen sei bedeutend mehr. Beim Tauziehen gehe es um den Dreiklang von Technik, Kraft und Ausdauer. Dabei seien alle drei Eigenschaften von gleicher Bedeutung.

Jacob Huston (r.) führt mit dem Tauziehen eine Familientradition fort. Schon sein Vater stand am Seil. © Christian Gerards

Damit er das Niveau für die Teilnahme an der WM habe, müsse er rund viereinhalb Stunden die Woche trainieren. Aufgrund der WM sei er nun zum ersten Mal in Europa. Er habe sich vor den Titelkämpfen bereits München und Berchtesgaden angeschaut. Der Großteil seines Teams komme vom DJ’s Tug of War Club aus Lakeville, Minnesota.

Doch das Team habe Verstärkung benötigt und bei verschiedenen anderen Vereinen angeklopft. So sei er in die Mannschaft gerückt. Schon sein Vater habe Tauziehen betrieben, und sein ehemaliger Ringer-Trainer brachte Jacob Huston schließlich ebenfalls zu diesem Sport. Nun führe er die Tradition innerhalb der Familie fort.

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