Podcast „Mensch Mannheim“

Trotz Sparzwang will Mannheim seine MVV-Anteile behalten

Im „MM“-Podcast spricht Mannheims Oberbürgermeister Christian Specht über die dramatische Haushaltskrise: Wo gespart werden kann, wo nicht und was ihn ratlos zurücklässt.

Von 
Florian Karlein
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Ein Verkauf der Anteile an der MVV steht für Mannheims Oberbürgermeister Christian Specht trotz aller Sparzwänge nicht zur Debatte. © MVV AG

Mannheim. Kohle, Zaster, Moneten, Asche, Moos, Penunzen – egal, wie man es nennt: In Mannheim dreht sich momentan alles ums Geld. Denn die Stadt ist nicht mehr flüssig, hat vom Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe klare Sparvorgaben bekommen: nach aktuellen Prognosen etwas mehr als 600 Millionen Euro bis zum Jahr 2028. Schon in der ersten Sparrunde wird klar: Schmerzhafte Einschnitte sind nötig. Im Podcast „Mensch Mannheim“ bezieht jetzt Oberbürgermeister Christian Specht im Gespräch mit den „MM“-Lokalchefs Florian Karlein und Timo Schmidhuber ausführlich Stellung.

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Wie bewertet Christian Specht Mannheims aktuelle Haushaltssituation?

Auf einer Skala von 1 (alles entspannt) bis 10 (Alarmstufe Rot) sieht er die Situation „eher so zwischen 9 und 10“. Am Dienstag hat der Gemeinderat das erste Sparpaket mit einem Volumen von etwa 50 Millionen Euro verabschiedet. Weitere sollen in den kommenden Wochen folgen. Bis zum 21. Oktober muss der Nachtragshaushalt stehen, der dem Regierungspräsidium zur Genehmigung vorgelegt werden muss.

Was, wenn das RP den Nachtragshaushalt nicht genehmigt?

Dann könnte der Haushalt der Stadt unter die Aufsicht des Regierungspräsidiums gestellt werden. Was das zur Folge hätte, erklärt Specht in „Mensch Mannheim“. Sämtliche freiwilligen Leistungen der Stadt stünden auf dem Prüfstand – beispielsweise die Kita-Beiträge. Denn das, was Eltern derzeit in Mannheim zahlen, deckt laut Specht lediglich zehn Prozent der Betriebskosten der Einrichtungen. Landesweit liege der Wert bei 20 Prozent. Würde das RP ab kommendem Jahr tatsächlich durch die Aufsicht Einfluss auf Mannheims Ausgaben nehmen, sähe Specht die „kommunale Selbstverwaltung am Ende“.

Hat die Stadt nach Spechts Ansicht in der Vergangenheit über ihren Verhältnissen gelebt?

Mit der Konversion, der Bundesgartenschau und der Theatersanierung habe man sich bewusst für Investitionen entschieden, um die Stadt nach vorne zu bringen. „Ja, wir haben auch gern immer ein bisschen größer gedacht – das kommt dazu.“ In wirtschaftlich guten Zeiten sei das darstellbar gewesen. Aber, auch das räumt Specht ein, habe die Stadt „keine Vorsorge getroffen“ für schlechtere Zeiten. Dennoch seien in der Vergangenheit Entscheidungen getroffen worden, die sich jetzt als „goldrichtig“ erwiesen: etwa das Verbot, neue Schulden zu machen. Auch sei gut, dass einige Großprojekte wie eine neue Stadtbibliothek für 100 Millionen Euro oder das Zentrallager des Nationaltheaters für 40 Millionen Euro gestrichen worden seien – sonst wäre die Haushaltslage noch ernster, sagt Specht: „Wir wären überhaupt nicht mehr handlungsfähig.“

Selfie nach der Podcast-Aufnahme beim „MM“: Oberbürgermeister Christian Specht (M.) mit Timo Schmidhuber (l.) und Florian Karlein. © Florian Karlein

Wie geht es mit den Mannheimer Sparmaßnahmen jetzt weiter?

Spechts Ziel ist es, vernünftig zu sparen, ohne die Stadt kaputtzusparen. Dazu sollen auch die Strukturen der Stadtverwaltung überprüft werden. Dennoch blicke Mannheim auch nach Berlin. Specht fordert, in dieser Krise die Modernisierung der Verwaltung gleich mitzudenken: So könnten Leistungen wie das Wohngeld, das Kindergeld, Bafög oder die Kfz-Zulassung zentralisiert und digitalisiert werden. Und über allem schwebt seit Jahren die Forderung, die Städte und Gemeinden finanziell besser auszustatten. Mannheims Oberbürgermeister sieht das Bewusstsein für die Notwendigkeit dafür im Bund angekommen.

Selbst wenn alle geplanten Sparpakete kommen, muss Mannheim weitere 375 Millionen Euro einsparen. Wie?

Das ist die ganz große Frage. Man hoffe auf den Investitionsturbo, den die Bundesregierung versprochen hat, so Specht. Aber was, wenn die Wirtschaft nicht anspringt und keine höheren Steuereinnahmen den Mannheimer Haushalt entlasten? „Momentan haben wir, ganz ehrlich gesagt, keine Antwort, wie wir zu den 230 Millionen noch mal zusätzlich 375 Millionen in dieser Stadt einsparen können, wenn wir nicht substanziell dann Dinge veräußern, verändern müssten, die wir am Ende des Tages bereuen würden“, gibt der OB im Podcast zu. „Das sogenannte Tafelsilber – vieles davon ist weg.“

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Stehen die GBG oder die MVV zur Debatte?

Glasklares Nein des OB. Zwar überlegten andere Kommunen, ihre Anteile an Wohnungsbaugesellschaften oder an ihren Energieversorgern zu verkaufen. Für Mannheim sei das aber „keine Option“, macht Specht deutlich, bezeichnet eine solche Entscheidung gar als „ganz fatal“. Für den sozialen Wohnungsmarkt in Mannheim und die geplante Energiewende seien sowohl GBG als auch MVV unverzichtbar.

Wo könnte im Mannheimer Luisenpark noch gespart werden?

Der Eintritt in den Luisenpark wird teurer. Ob das ausreicht, müsse man sehen, so der Oberbürgermeister bei „Mensch Mannheim“, „weil die Defizite im Park so groß sind, dass wir da wirklich vor großen Herausforderungen stehen“. Stellt sich die Frage, wie es mit Unterwasserwelt und Bauernhof weitergeht. Umweltbürgermeister Diana Pretzell hat kürzlich aufhorchen lassen, indem sie beides zur Disposition gestellt hat. Im Podcast räumt Christian Specht damit auf: „Es gibt keine Entscheidung und Überlegung, die Unterwasserwelt oder den Streichelzoo im Luisenpark einzustellen.“ Trotzdem müssten auch die Stadtparks einen Teil zur Konsolidierung des Haushalts beitragen.

Niemand hat die Absicht, die Unterwasserwelt zu schließen, sagt Christian Specht. © Michael Ruffler

Über was spricht Specht in der aktuellen Podcast-Folge noch?

Er beantwortet die Frage, ob er durch die Sparmaßnahmen die Lebensqualität in Mannheim in Gefahr sieht. Außerdem blickt Specht auf andere „notleidende“ Bereiche in der Stadt – wie Brücken und Straßen: „Wir kommen nicht dazu, zu investieren in unsere Straßen, wie es notwendig wäre. Der Straßenzustand ist nicht gut.“ Es geht um den Neubau der Konrad-Adenauer-Brücke über den Rhein, die Verteilung des Sondervermögens des Bundes und darum, ob der OB angesichts der Kassenlage noch gut schlafen kann. Er sagt: „Diese Krise, die wir in Deutschland bei den Kommunalfinanzen haben, ist schon einzigartig. Das treibt einen schon um, das ist substanziell anders. Ich bin 20 Jahre hier für Finanzen zuständig, das habe ich noch nie erlebt.“

Redaktion Leiter des Redaktionsteams Mannheim

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