Mannheim. Nicht nur auf die Wahrscheinlichkeit neuer Schulden geht Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) in seiner Rede beim Neujahrsempfang der Stadt Mannheim ein. Am Montagmittag greift das Stadtoberhaupt sehr viele Themen auf, die Mannheim in den vergangenen zwölf Monaten bewegt haben. Christian Specht über …
… die teure Sanierung des Mannheimer Nationaltheaters
Specht nimmt die Verantwortlichen des Nationaltheaters in die Pflicht. Angesichts von erneut gestiegenen Kosten der Sanierung um 60 auf jetzt über 325 Millionen Euro müsse das Haus künftig stärker seinem Ruf als Bürgertheater gerecht werden. Wörtlich formuliert er: „Es muss die Bürgerinnen und Bürger zu Mitstreitern eines Hauses auf dem Niveau eines Staatstheaters machen.“ Mehr als fraglich ist, ob es bei der neusten Kostensteigerung bleibt. Wahrscheinlicher ist, dass weitere Mehrkosten für die Sanierung erforderlich werden.
Deswegen müsse es, so Specht, ebenfalls stärker gelingen, Geld von Bund und Land sowie von Mäzenen und Sponsoren einzuwerben. Ob das Nationaltheater dabei möglicherweise schon Erfolge verbuchen kann, sagt der OB nicht. Gleichzeitig kündigt er an, „über strukturelle Maßnahmen sprechen“ zu müssen. Dabei nennt er die Eintrittspreise, die Zahl der Premieren – die dann wohl sinken dürfte –, sowie die Frage, ob die Ersatzspielstätte Oper am Luisenpark (OPAL) in der spielfreien Zeit für private Produktionen vermietet werden kann.
… den gestrichenen Neubau der Stadtbibliothek in N 2
Specht verbindet in seiner Rede den gestrichenen Neubau mit der anstehenden Sanierung des Stadthauses in N 1 – denn einem Abriss des zentralen Gebäudes am Paradeplatz wird, so der Oberbürgermeister, der Denkmalschutz „unter keinen Umständen zustimmen“. Von den Zuschauerplätzen sind Buh-Rufe zu vernehmen. Und als Specht bei N 1 von einer „herausfordernden Immobilie“ spricht, geht ein zustimmendes Raunen durchs Publikum. Nach jüngsten Erwartungen hätte der Neubau einer Stadtbibliothek rund 100 Millionen Euro gekostet.
Die N 1-Sanierung zusätzlich „hätte die Stadt Mannheim schon in wirtschaftlich besseren Zeiten an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit gebracht“, macht Specht deutlich. In der jetzt angespannten finanziellen Situation geht Specht sogar davon aus, dass die Kommunalaufsicht beide Vorhaben nicht genehmigt hätte. Der Verzicht auf eine neue Stadtbücherei „ist uns nicht leichtgefallen“, sagt er. Aber Machbarkeitsstudien hätten gezeigt, dass es möglich ist, eine Stadtbibliothek in N 1 unterzubringen. Das sei ein Gewinn für die Bücherei und den Paradeplatz. Specht formuliert eine Forderung an das Landesdenkmalamt: „Unterstützen Sie uns darin, N 1 im Inneren so umzugestalten, dass ein funktionsfähiges, attraktives und den Bürgerinnen und Bürgern zugewandtes Gebäude entstehen kann.“
… ein entscheidendes Jahr für das Carl-Benz-Stadion
Erhalt mit großen Investitionen oder Neubau? In diesem Jahr will die Stadtspitze dem Gemeinderat einen Vorschlag vorlegen, kündigt Specht an. Ziel sei, eine moderne Veranstaltungsstätte zu schaffen. Außerdem soll der SV Waldhof in die Lage versetzt werden, nachhaltig wirtschaften zu können und zukunftsfähig zu werden.
Deutlich macht Specht, dass „ein solches Projekt nur durch die Finanzierung privater Investoren möglich sein wird“. SVW-Präsident Bernd Beetz hatte sich in der Vergangenheit bereit dafür gezeigt, einen Neubau zu finanzieren.
… die Zukunft des Alten Meßplatzes in der Neckarstadt
Zentrale Frage ist, ob und wann das geplante Forum Deutsche Sprache gebaut wird. Dass es wegen erheblich gestiegener Kosten zu Verzögerungen kommt, habe alle überrascht, sagt Specht. Klaus-Tschira-Stiftung als Geldgeber und Leibniz-Institut für Deutsche Sprache arbeiteten intensiv an der Planung. In der ersten Jahreshälfte soll es eine Aussage zur Zukunft des Projektes geben.
Um gegen Gewalt- und Drogenprobleme in der Südhälfte des Alten Meßplatzes vorzugehen, soll noch im Januar ein Beteiligungsprozess beginnen. Dabei soll ein Konzept zur Zwischennutzung der mittleren Fläche gefunden werden, auf der früher das Projekt ALTER untergebracht war und das eigentlich für die Baustelleneinrichtung für das Forum Deutsche Sprache geräumt wurde.
… Klimaschutz und Industrie in Mannheim
Specht will Mannheim als industriell geprägte Stadt gegenüber der EU als Pilotstadt für Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit positionieren. Denn die großen Klimaziele könnten langfristig nur erreicht werden, führt er aus, wenn die Industrie in Mannheim wettbewerbsfähiger werde.
Deswegen soll in diesem Jahr geprüft werden, welche Maßnahmen dazu ergriffen werden können. Wettbewerbsfähigkeit soll auch als Ziel in Mannheims Leitbild verankert werden. Als Industrie- und Handelsstandort müsse Mannheim jetzt die Weichen stellen, um auch in zehn, 20 oder 30 Jahren genügend gut bezahlte Arbeitsplätze zu haben.
… den Streit mit Heddesheim wegen des neuen Umspannwerks
Das Wort Heddesheim nimmt Specht in seiner Rede zwar nicht in Mund. Trotzdem wird klar, welche Nachbargemeinde er mit einem kleinen Seitenhieb meint. Als entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit sieht Specht nämlich die Elektrifizierung. Deswegen werde der Strombedarf künftig „erheblich zunehmen“, so der OB. Die nötigen Investitionen in die Infrastruktur werde die Stadt vornehmen oder zulassen. „Hierzu zählen auch zwei – ehrlich gesagt nicht besonders ansehnliche – Umspannwerke auf Mannheimer Gemarkung.“
Über den Standort zwischen Heddesheim und dem Stadtteil Wallstadt, auf dem Transnet BW bauen will, gibt es Unmut in der Gemeinde. „Fragen über Standorte von Energieinfrastruktur sollten wir lösungsorientiert im regionalen Kontext erörtern. Ich bin hier jederzeit gesprächsbereit, denke aber auch, dass die Transformation unserer Energieversorgung eine gemeinsame Aufgabe aller Kommunen in der Region ist.“
…die finanzielle Lage und Zuschüsse der Stadt Mannheim
Specht bezeichnete den Doppelhaushalt 2025/2026 als „schwierigsten Haushalt, den ich als Oberbürgermeister und als Erster Bürgermeister bislang vorzulegen hatte“ – und das sind gut 20 Jahre. „Politik in Zeiten gefüllter Kassen zu gestalten, ist ungleich einfacher, als wenn dies unter umgekehrten Vorzeichen zu geschehen hat.“
Beim Doppelhaushalt wollte die Stadtverwaltung vermeiden, alle Zuschüsse pauschal zu kürzen, obwohl das den Haushalt laut dem Oberbürgermeister hätte „deutlich verbessern“ können. „Zugleich hätte dieses Vorgehen aber unweigerlich dazu geführt, dass für unsere Stadtgesellschaft wichtige Institutionen schnell in ihrer Existenz bedroht gewesen wären.“ Specht bezeichnet es als großen Erfolg und „wichtiges Signal an unsere Stadtgesellschaft“, dass die meisten Zuschüsse der Stadt konstant bleiben.
… die Zukunft von U-Halle und Jugendkulturzentrum
Auch hier spielt das Geld eine entscheidende Rolle. „Meine Vorstellung ist, dass die U-Halle mehr und mehr zu einem Ort der zwanglosen Begegnung, niederschwelliger Kulturangebote und des zivilgesellschaftlichen Engagements wird“, erklärt Specht.
Ursprünglich war geplant, das Jugendkulturzentrum Forum in die U-Halle zu verlegen. Doch das würde 25 Millionen Euro kosten – mehr als doppelt so viel wie 2023 geplant. Specht will mit allen Beteiligten besprechen, was das für die U-Halle und das Forum, das derzeit an der Neckarpromenade beheimatet ist, bedeutet.
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