Ausblick

Mannheims Gemeinderat 2025 - leere Kassen, große Aufgaben

Theater-Sanierung, Klinikum, Waldhof-Stadion, Stadtbibliothek, Umgang mit der AfD und vor allem sparen, sparen, sparen. Das 2025 sind die wohl wichtigsten Stichworte für den Mannheimer Gemeinderat

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Steffen Mack
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Die Etatberatungen Mitte Dezember. Gelegentlich war im Ratssaal Musik vom Weihnachtsmarkt auf dem Paradeplatz zu hören. © Steffen Mack

Mannheim. Oberbürgermeister Christian Specht brauchte jeweils nur vier Worte und etwa fünf Sekunden. „Zustimmung? Gegenstimmen? Enthaltungen? Abgelehnt!“ So ging das mit fast allen Anträgen, die Julien Ferrat bei den Etatberatungen stellte. Und bis auf wenige Ausnahmen, in denen zumeist die Hände der AfD hoch gingen, stimmte nur der Einzelstadtrat der von ihm gegründeten Wählerinitiative „Die Mannheimer“ für seine Ideen.

Zwischendurch bekam der eine oder andere im Gemeinderat - konkret waren es Christian Hötting von der CDU und Christopher Probst von der Mannheimer Liste (ML) - zwar mal einen verbalen Wutanfall, mit welch zum Teil unsinnigen Zeug Ferrat die zweitägigen Beratungen aufhalte. Doch mit insgesamt 15 Stunden netto, Pausen rausgerechnet, ging es Mitte Dezember unterm Strich recht zügig.

Nationaltheater und Klinikum sind die größten Kostentreiber

Das lag nicht nur an der zwar moderierenden, aber größtenteils sehr stringenten Sitzungsleitung des CDU-Oberbürgermeisters. SPD-Vorgänger Peter Kurz konnte das auch. Specht profitierte jedoch nun von der Einsicht aller Fraktionen, dass die alarmierende Kassenlage der Stadt nahezu überall zu Einschnitten zwingt.

So wurden die unzähligen Kürzungen in allen Bereichen, die der Haushaltsentwurf von CDU-Kämmerer Volker Proffen vorsah, nur in vergleichsweise wenigen Fällen abgemildert. Manche Einsparung kam sogar noch obendrauf, so das von FDP und AfD beantragte Streichen der Lastenrad-Fördermittel und der Wegfall einer Eintrittsgelder-Bonusregelung beim Nationaltheater, den vor allem die Grünen initiiert hatten und der eine ungewöhnlich breite Mehrheit fand.

Baustelle Nationaltheater: Hier entstehen unterirdisch Präsenzwerkstätten, zur Goethestraße und zum Unteren Luisenpark hin Proberäume. © Thomas Tröster

Auch in den Abschlussreden der Fraktionsvorsitzenden erklang durchweg die Erkenntnis, dass die Kassenlage im nächsten Jahr sie zu weiteren finanziellen Grausamkeiten zwingen wird. Das liegt zum einen an der Theater-Sanierung, die sich als Fass ohne Boden entpuppt - zumal noch niemand ein überzeugendes Alternativ-Konzept vorgelegt hat. Stand jetzt werden dafür schon mehr als 325 Millionen Euro veranschlagt. Tendenz stark steigend.

Zum anderen bleibt auch das Klinikum ein gewaltiger Kostenfaktor. Dank der Krankenhausreform von SPD-Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach kann nun zwar endlich der ersehnte Verbund mit der Heidelberger Uniklinik kommen. Aber selbst wenn diese dann im vorgesehenen Mutter/Tochter-Modell den Löwenanteil im laufenden Geschäft übernimmt, wird auch die Stadt Mannheim weiter sehr viel Geld geben müssen. Insbesondere für das Mega-Bauprojekt „Neue Mitte“, mit dem es im neuen Jahr endlich richtig losgehen soll. Hier dürfte der kommunale Anteil mindestens eine halbe Milliarde Euro betragen, wenigstens gestreckt auf zehn Jahre.

Das Mannheimer Stadthaus N1. © Thomas Tröster

Vor allem wegen Nationaltheater und Universitätsklinikum stehen alle weiteren geplanten Projekte unter Finanzierungsvorbehalt. Nur jene nicht, die für eine Beendigung schon zu weit fortgeschritten sind. So das Kombibad im Herzogenried für 65 Millionen Euro, dessen Rohbau schon steht und das Ende 2025 fertig sein soll, oder der Grünhof auf Spinelli, für den Anfang Dezember der Spatenstich erfolgte. Den baut für voraussichtlich 68 Millionen Euro zwar die GBG, aber das wird sich die Tochtergesellschaft per Miete von der Stadt zurückholen.

Heikel wird der künftige Umgang mit den Stimmen der AfD

In ähnlicher Größenordnung ist eigentlich auch eine Sanierung des Herschelbads vorgesehen. Doch dass die in den nächsten beiden Jahren angegangen wird, erscheint illusorisch. Und vom geplanten Umbau des Carl-Benz-Bads zu einem weiteren Kombibad ist schon lange überhaupt keine Rede mehr.

Obwohl kein Geld da ist, muss der Gemeinderat im neuen Jahr aber entscheiden, wie es mit zwei wichtigen Themen weitergeht: Auch beim sehr wahrscheinlichen Verzicht auf einen Neubau der Stadtbibliothek sind sehr hohe Investitionen am bisherigen Standort, dem Stadthaus in N 1, erforderlich. Und der SV Waldhof, allen voran Präsident Bernd Beetz, braucht endlich Klarheit, ob die Kommune eine mittlere bis hohe zweistellige Millionensumme ins mehr als 30 Jahre alte Carl-Benz-Stadion stecken will. Oder den Bau eines neuen, vom Mäzen vorfinanzierten Stadions auf dem Großparkplatz am Maimarkt-Gelände vorzieht. Der Ausgang scheint offen. Aber so oder so dürfte es noch Jahre dauern, bis da die Bagger rollen.

Bislang spielt der SV Waldhof im Mannheimer Carl-Benz-Stadion. © Bernhard Zinke

Auch mit sich selbst wird der Gemeinderat im neuen Jahr zu kämpfen haben, konkret mit den schwierigen Mehrheitsverhältnissen. Das zeigte sich eindrucksvoll während der Haushaltsberatungen. Da stand die Brandmauer zur AfD großteils, aber mitunter bröckelte sie. Die Bürgerlich-Konservativen nutzten die knappe Mehrheit, die sie zusammen mit den Rechtsextremen und der Stimme des CDU-Oberbürgermeisters haben, zwar im Wesentlichen nur zum Niederschmettern von Anträgen aus dem linken Lager. Doch mancher Protagonist ließ auch schon wenig Skrupel anklingen, mit Hilfe der AfD auch mal ein eigenes Anliegen durchzusetzen. So ja die FDP schon mit der gestrichenen Förderung von Lastenrädern.

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SPD-Fraktionschef Reinhold Götz zog zwar einmal demonstrativ einen Antrag zurück, nachdem die AfD ihn befürwortet hatte. Aber da sie das als einzige tat, hatte der ohnehin ungewisse Erfolgsaussichten. Und an einigen Stellen passierte es sowohl den Sozialdemokraten als auch den Grünen und der LTK, dass Anträge von ihnen nur durchgingen, weil auch die AfD überraschend ihre Hände dafür hob. Mutmaßlich auch, um so selbst Löcher in die Brandmauer zu hauen.

Allerdings ist es ein gewaltiger Unterschied, ob man mal mit einer überraschenden Zustimmung dieser Partei leben muss - oder eine solche von vornerein einkalkuliert.

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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