Kommunalpolitik

Mannheimer Finanzen: Das ist die Streichliste der Stadtspitze

Ausgaben steigen, Einnahmen sind unsicher - und dann ist da noch der "Elefant" namens Klinikum. Die Stadt Mannheim steht finanziell vor einer schwierigen Zukunft. Trotz Investitionen soll es auch "harte Einschnitte" geben

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Timo Schmidhuber
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„Es ist der schwierigste Haushalt, den ich Ihnen je vorlegen musste“: Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) am Dienstag bei seiner Rede vor dem Gemeinderat, wo er seine Finanzpläne für die kommenden beiden Jahre vorstellte. © Thomas Tröster

Mannheim. Kein „Green Tech“-Gründerzentrum im Musikpark, kein neues Zentrallager fürs Nationaltheater. Und statt einen Neubau zu errichten, soll für die Stadtbücherei das Stadthaus in N 1 umgebaut werden. Oberbürgermeister Christian Specht und Finanzdezernent Volker Proffen (beide CDU) haben am Dienstag ihre Finanzplanung für die kommenden beiden Jahre präsentiert. „Es ist der schwierigste Haushalt, den ich Ihnen je vorlegen musste“, sagte Specht den Stadträtinnen und Stadträten in einer entschiedenen Rede. Wegen der schwierigen finanziellen Situation der Stadt Mannheim seien einige „harte Einschnitte“ nötig. „Aber wir dürfen uns vor der Verantwortung nicht drücken.“ Die Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Welche Projekte sollen nach dem Willen der Stadtspitze gestrichen werden?

Specht will den Plan aufgeben, den Musikpark im Jungbusch zu sanieren und dort das neue Gründerzentrum für Grüne Technologie, „Green Tech“, unterzubringen. Dafür waren rund 21 Millionen Euro veranschlagt. Stattdessen schlägt der Oberbürgermeister vor, für das Zentrum im Mafinex auf dem Lindenhof Räume zu finden.

Finanzbürgermeister Volker Proffen am Dienstag im Stadthaus bei seiner ersten Etatrede. © Thomas Tröster

Nicht weiterverfolgt werden soll auch der geplante Neubau eines Zentrallagers für das Nationaltheater im Hafengebiet. Die prognostizierten Kosten dafür sind von knapp 28 auf rund 40 Millionen Euro gestiegen. Stattdessen will Specht schauen, wie das bestehende Lager renoviert werden kann.

Deutlich abgespeckt werden soll die Sanierung der Multihalle im Herzogenried, für die es nach wie vor kein Nutzungskonzept gibt. Die Kosten für die Sanierung sind von ursprünglich rund 14 Millionen Euro auf mittlerweile knapp 50 Millionen gestiegen. Specht schlägt vor, nur noch das Dach der großen Halle zu sanieren und die restlichen geplanten Arbeiten auszusetzen.

Beim in den vergangenen Jahren vieldiskutierten Thema Stadtbibliothek schlägt der Oberbürgermeister vor, auf den Neubau in N 2 endgültig zu verzichten. Aktuell ist der auf 75 Millionen Euro beziffert. Specht macht sich stattdessen dafür stark, die Bibliothek dauerhaft an ihrem jetzigen Standort im Stadthaus in N 1 zu belassen und das denkmalgeschützte Gebäude durch einen Umbau zukunftsfähig zu machen. Bislang hatte es vom zuständigen Bildungsdezernenten Dirk Grunert (Grüne) in der Diskussion immer geheißen, eine zeitgemäße Bibliothek sei im Stadthaus nicht machbar. Specht sagte in seiner Rede nun, es sei „nicht per se unmöglich“, es erfordere aber „Flexibilität und Kreativität“.

Warum ist die Haushaltslage in Mannheim so schwierig?

Viele Kommunen dürften in den kommenden Jahren wegen den eher schlechten Wirtschaftsaussichten sinkende Steuereinnahmen haben. Gleichzeitig steigen vielerorts die Ausgaben, etwa für den Sozialbereich oder durch höhere Baukosten. Kämmerer Proffen sprach in seiner Etatrede von „anspruchsvollen wirtschaftlichen und finanziellen Rahmenbedingungen“.

Trotz mancher "harter Einschnitte" wollen Finanzbürgermeister Volker Proffen (l.) und Oberbürgermeister Christian Specht auch in Zukunft investieren - vor allem in Bildung, Verkehrsinfrastruktur und Klimaschutz. © Thomas Tröster

Was die Situation in Mannheim besonders macht, ist das Klinikum. Es fährt jedes Jahr Millionen-Verluste ein und gehört Stadt sowie Land gemeinsam. Schon seit vier Jahren ist ein Verbund des Mannheimer Klinikums mit dem Uniklinikum Heidelberg geplant. Ob der kommt, ist derzeit allerdings unklar - am Ende wird darüber das Bundeswirtschaftsministerium entscheiden müssen. Das wird wohl bis Ende April 2025 dauern.

Bis dahin müssen Stadt Mannheim und Land die Verluste des Klinikums ausgleichen. Fürs Jahr 2025 wird mit einem Minus von 100 Millionen Euro gerechnet. Specht hat in seinem Haushaltsplan für 2025 einen Betrag von 40 Millionen als Verlustausgleich vorgesehen. Viel Geld, das an anderer Stelle fehlt und nicht investiert werden kann. Der OB geht davon aus, dass das Land 60 Prozent von einem möglichen Klinikum-Verlust übernimmt. Konkrete Zusagen dazu gibt es aus Stuttgart allerdings nicht. Wenn dieses Geld ausbliebe, hätte Mannheim ein gewaltiges Problem. Nicht nur deshalb nannte der OB in seiner Rede das Klinikum „den Elefant im Raum“.

Muss Mannheim nichts mehr fürs Klinikum bezahlen, wenn der Verbund mit Heidelberg kommt?

Der Verbund bedeutet für die Stadt nicht das Ende der Zahlungen. Auf dem Klinikumsgelände sind schon lange Neubauten geplant und aus energetischen und vor allem aus arbeitsorganisatorischen Gründen auch dringend nötig: die sogenannte „Neue Mitte“. An diesen Kosten - aktuell werden sie auf 800 Millionen Euro beziffert - wird sich die Stadt Mannheim auch bei einem Verbund in den nächsten Jahren mit mehreren hundert Millionen Euro beteiligen müssen. Genaueres werden die Verhandlungen über die Ausgestaltung des Verbundes ergeben.

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Timo Schmidhuber
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Wenn die Entscheidung für oder gegen einen Verbund vorliegt, wird sich die Stadtspitze ihre Finanzen mit Blick auf das Klinikum ohnehin nochmal ganz intensiv anschauen müssen. Möglicherweise ist im Sommer dann auch ein Nachtragshaushalt notwendig.

Mit welchen Ausgaben plant die Stadtspitze in den kommenden beiden Jahren?

2025 sind 1,712 Milliarden Euro veranschlagt, im Jahr darauf 1,730 Milliarden. Die städtischen Ausgaben sind in den vergangenen zehn Jahren fast kontinuierlich gestiegen. Als Gründe dafür nennt Proffen unter anderem Aufgaben, deren Umsetzung vom Bund auf die Kommunen übertragen wurden - wie zum Beispiel der Anspruch auf Ganztagsbetreuung, die Aufnahme Geflüchteter oder die Regeln des Bundesteilhabegesetzes für Menschen mit Handicap.

Und von welchen Einnahmen geht der Haushalt 2025/2026 aus?

Hier handelt es sich ja unter anderem auch um Steuereinnahmen. Veranschlagt ist auf der Grundlage der letzten Steuerschätzung für 2025 ein Betrag von 1,697 Milliarden Euro, fürs Folgejahr sind es 1,755 Milliarden.

Aber diese Prognosen seien unsicher, betonte Proffen. Das zeige zum Beispiel die wichtige Gewerbesteuer, die in Mannheim ansässige Unternehmen an die Stadt zahlen müssen und die bei schwächelnder Wirtschaftslage niedriger ausfällt. Im aktuellen Jahr zum Beispiel, so Proffen, würden die Gewerbesteuereinnahmen am Ende wahrscheinlich rund 20 Millionen Euro unter dem geplanten Betrag liegen.

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Stellt man Einnahmen und Ausgaben für 2025 gegenüber, liegt Mannheim sogar ein paar Millionen Euro im Minus. Gleichzeitig sind die liquiden Eigenmittel, die die Stadt in den vergangenen Jahren zurückgelegt hatte, praktisch aufgebraucht. „Wir müssen alles unternehmen, um wieder einen positiven Kassenbestand zu erreichen“, betonte Specht. Er sagt aber auch: „Im Gegensatz zu anderen Kommunen sind wir immer noch Herr unserer Finanzen.“

Heißt das alles jetzt, dass Mannheim nichts mehr investieren kann?

Nein. Die für die kommenden beiden Jahre geplanten Investitionen sind mit 185 und 177 Millionen Euro sogar immer noch überraschend hoch. Sie fließen, wie Specht betonte, vor allem in den Schulbau und die Schulrenovierung, in die Verkehrsinfrastruktur und in Klimaschutzprojekte. Hier will der Oberbürgermeister auf keinen Fall nachlassen, wie er sagte. Zum Thema Carl-Benz-Stadion sagte Specht in seiner Rede lediglich noch einmal, dass die Verwaltung eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben habe. Die solle zeigen, ob eine Sanierung oder ein Neubau wirtschaftlicher sei.

Wie viele Schulden hat die Stadt Mannheim aktuell?

Allein die Stadt Mannheim belasten Verbindlichkeiten von rund 521 Millionen Euro. Damit gehört sie zu den am höchsten verschuldeten Städten in Baden-Württemberg.

Die Stadtspitze hat ihre Vorschläge zur Finanzplanung 2025/2026 vorgelegt. Das letzte Wort hat allerdings der Gemeinderat. © Thomas Tröster

Rechnet man die Schulden der städtischen Eigenbetriebe, zu denen etwa das Nationaltheater gehört, sowie der städtischen Tochtergesellschaften hinzu, kommt man auf eine Größenordnung von rund einer Milliarde Euro.

Wird es Steuererhöhungen geben?

Dem erteilte der Oberbürgermeister in seiner Rede eine klare Absage. Weder der Hebesatz für die Gewerbesteuer für Unternehmen noch der für die Grundsteuer für Immobilienbesitzer werde erhöht. Bei den Einnahmen aus der neu geregelten Grundsteuer sind im Haushalt wie bislang auch für die kommenden beiden Jahre jeweils 75 Millionen Euro angesetzt. Wie hoch der Hebesatz nach der Reform mit dem Beginn des kommenden Jahres konkret sein wird, dazu sagte Specht in am Dienstag nichts. Das soll Thema in der nächsten Sitzung des Hauptausschusses sein.

Wie geht es bei der Finanzplanung jetzt weiter?

In einer der nächsten Sitzungen des Gemeinderats werden die Fraktionen ihre Vorstellung zur Finanzplanung präsentieren. Im Dezember beschließt dann der Gemeinderat den Doppelhaushalt für 2025 und 2026.

Redaktion Stellvertr. Leiter der Lokalredaktion Mannheim

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