Mannheim. „Das hätte ich nie gedacht!“, staunt Antonio Palarico. Bis fast zur Straße vor dem Rosengarten erstreckt sich die Warteschlange der Menschen, die den Tag des offenen Denkmals nutzen und den Wasserturm von innen besichtigen wollen. Aber nicht nur der Wasserwerk-Mitarbeiter, sonst hier mit Instandhaltungsaufgaben betraut, staunt über die selbst bei einsetzendem Regen bis zu einer Stunde geduldig Ausharrenden. „Das habe ich noch nie erlebt, und ich bin seit sieben Jahren da“, sagt Michael Wilhelm, Elektromeister und bei der MVV Energie der Chef des Wasserturms. Obwohl erst ab 11 Uhr geöffnet werden sollte, sind bereits um 10 Uhr die ersten Leute da und werden eingelassen, denn aus Sicherheitsgründen dürfen immer nur 60 gleichzeitig rein.
„Super Resonanz - selbst das Wetter hält die Leute nicht ab, man merkt die Liebe zum Wahrzeichen“, freut sich Georg Müller, der Vorstandsvorsitzende der MVV, über den Andrang. Aber weil der Turm 135 Jahre alt wird, bietet die MVV an dem Tag auch erstmals weit mehr als nur die reine Besichtigung. Insbesondere ist die Dauerausstellung im Innern des Gebäudes unter Leitung von MVV-Mitarbeiter Peter Weiß komplett neu konzipiert, getextet und gestaltet worden. Dabei habe man auch die Farbgestaltung an den türkisfarbenen Anstrich der Rohrleitungen im Turm angepasst.
Erinnerung an die spektakuläre „Autosymphonic“
Inhaltlich beginnt die Ausstellung bei den Ursprüngen der Wasserversorgung durch Ziehbrunnen im 17. Jahrhundert bis zum Bau des Wasserwerks Käfertal 1888, dem der 1889 fertiggestellte und bis 2000 als Reservebehälter genutzte Wasserturm folgt. Dessen Bau, die bildhauerischen wie technischen Details, seine Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und der originalgetreue Wiederaufbau bis 1963 werden thematisiert, ebenso die - von der Stadt favorisierten, aber den Bürgern abgelehnten - modernen Visionen mit Café in der zur Kugel umgebauten Turmspitze.
Peter Weiß hat den Wasserturm in der Ausstellung auch in einen größeren Zusammenhang gestellt - nur die Stadtteil-Wassertürme fehlen im Vergleich zur Vorgängerausstellung. Dafür erinnert er an die erst lange nach dem Turm entstehende Oststadt, die Entstehung von Friedrichsplatz, Kunsthalle und Rosengarten sowie die bedeutende Rolle des Turms beim Stadtjubiläum 1907, als die Wasserspiele erstmals sprudeln und die weltberühmte Tänzerin Isadora Duncan hier auftritt.
Auch ganz aktuelle Aspekte sind aufgenommen, so die „Autosymphonic“ 2011, das riesige Multimedia- und Musikspektakel zum Geburtstag des Automobils 2011, das 17 000 Zuschauer anlockte. „Das war ein Höhepunkt für den Wasserturm und wir meinen, dass das auch im kulturellen Gedächtnis der Stadt bewahrt bleiben muss“, so Müller.
Eigens zum „Tag des offenen Denkmals“ hat die MVV zudem rund um das seit 1987 denkmalgeschützte Gebäude eine Ausstellung zu ihrer 150-jährigen Entwicklung vom Stadtwerk zum einzigen börsennotierten kommunalen Energieversorger entwickelt, dazu Gewinnspiele und Experimente zum Mitmachen für die jüngeren Besucher rund ums Wasser geboten. „135 Jahre Wasserturm ist ja schon etwas Besonderes“, betont Peter Weiß.
Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge erstmal beim Tag des offenen Denkmals dabei
Etwas Besonderes - das ist auch die Beteiligung vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge am „Tag des offenen Denkmals“. Den gibt es seit 1993, aber der Volksbund ist in diesem Jahr erstmals dabei. Auch Kriegsgräber seien „Denkmäler, die der Erinnerung und Mahnung dienen“, sagt Alexander Manz, der Vorsitzende der 1919 gegründeten Bürgerinitiative, die sich der Suche nach und Pflege der Grabstätten von Kriegsopfern widmet. Die Idee hierzu sei bei einem der Arbeitseinsätze auf dem Mannheimer Hauptfriedhof entstanden. „Da hatten alle den Wunsch, die Kriegsgräber mehr ins Bewusstsein zu rücken - getreu unserem Motto: Arbeit für den Frieden“, sagt Manz.
Julian Keil, der ehrenamtliche Geschäftsführer vom Volksbund in Mannheim, hat dazu lange im Marchivum Unterlagen gesichtet und dann eine Führung ausgearbeitet, um das Denkmal und das Kriegsgräberfeld der Toten des Krieges 1914/1918 auf dem Mannheimer Hauptfriedhof zu erläutern. Den Ende 1917 ausgeschriebenen Wettbewerb zur Ausgestaltung der Kriegsgräber hatte damals der Mannheimer Architekt Ernst Plattner gewonnen, doch es dauerte noch bis Ende 1922, ehe alle Bauarbeiten abgeschlossen waren. Das schlichte rechteckige Gräberfeld wird gefasst durch einen alle Seiten umschließenden Baumbestand. Das Denkmal besteht aus einem riesigen, altarartigen Baukörper mit dem Spruch „Der Tod versöhnt“. Alleine auf dem ersten Feld beim Denkmal ruhen 1259 Tote, darunter 1233 Soldaten und 26 Zivilsten, meist vom Ersten Weltkrieg. Ab 1943 wurden hier auch Tote des Zweiten Weltkriegs bestattet.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-tag-des-offenen-denkmals-in-mannheim-lange-schlange-am-wasserturm-_arid,2241102.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/firmen_firma,-_firmaid,11.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/firmen_firma,-_firmaid,11.html
[3] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim/kaefertal.html
[4] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html