Preis für Denkmalpflege

Syte-Hotel am Mannheimer Hauptbahnhof: Schmuckstück statt Rattenloch

Es war lange ein Schandfleck, der leer stand und wo Müll abgeladen wurde: das Gründerzeithaus an der Ecke Tattersaalstraße/Heinrich-Lanz-Straße. Was daraus geworden ist und warum es dafür nun einen Preis gab

Von 
Peter W. Ragge
Lesedauer: 
Eigentümer und Vorstand des Vereins Stadtbild bei der Verleihung des Denkmalpreises vor dem Syte Hotel. © Michael Ruffler

Mannheim. Es war „jahrelang in einem beklagenswerten Zustand“, erinnert sich Helen Heberer, Vorsitzende vom Verein Stadtbild, an den Schandfleck an der Ecke Tattersallstraße/Heinrich-Lanz-Straße. Ein Bauträger wollte dort ein vornehmes „Stadtpalais“ mit teuren Eigentumswohnungen errichten, aber es wurde nur ein Müllabladeplatz, wo sich Ratten tummelten. Doch dann kauften die Heidelberger Projektentwickler Erhard & Stern Real Estate das denkmalgeschützte Gründerzeithaus und machten daraus das Syte-Hotel. Dafür erhielten sie nun den Preis für Denkmalpflege.

Seit 2009 vergibt der aus der Bürgerinitiative für den historischen Wiederaufbau des Alten Kaufhauses in N 1 entstandene Verein den Preis. Er ist gedacht als Dank für Eigentümer von Bauwerken, die vorbildlich saniert und ergänzt wurden. „Das Stadtbild von Mannheim hat durch Sie etwas von dem zurück erhalten, was vor den Kriegszerstörungen und der bis heute grassierenden Abrisswut seinen Reichtum ausmachte“, so Volker Keller, der zweite Vorsitzende des Vereins.

Investition von fünf bis sechs Millionen Euro

Dazu gehöre „viel Mut, Finanzkraft und Nerven“, ergänzte Heberer. Der Preis solle nicht nur Anerkennung dafür sein, sondern auch andere Hauseigentümer anregen, sich ebenso zu engagieren, sagte sie bei der Übergabe der Messingplakette und der Urkunde an die beiden Eigentümer Gregor M. Erhard und Daniel Stern. Bis 2015 investierten sie, wie sie damals sagten, fünf bis sechs Millionen Euro in das Haus. Dafür entstand ein von Johannes F. Groebler geleitetes schmuckes Vier-Sterne-Hotel mit 39 - durchweg klimatisierten - Zimmern, Bar, Restaurant und Tagungsraum.

Bisherige Preisträger

 

  • Den Preis für Denkmalpflege erhielten bisher: 2009 Familie Aschbacher für E 3, 16, 2010 Familie Jöst für B 7, 5, 2011 Normann und Marie-Luise Stassen für Bopp & Reuter Siedlung, 2012 Familie Schütz für Alte Schule Seckenheim, 2013 Gesellschaft Räuberhöhle für Villa Werderstraße 36, 2014 Familie und Firma Lochbühler für Wasserturm Seckenheim, 2015 Dietmar Brixy für Altes Pumpwerk Neckarau.
  • 2016 folgten Martina und Simone Herrdegen für Café Herrdegen, 2017 Susanne Räuchle für die Villa in der Viktoriastraße, 2018 Roland Oparaku und Petra Rambow vom Hotel und Restaurant „Kleiner Rosengarten“ in U 6,19, 2019 Wendelin Scharbach für das Doppelhaus Meerwiesenstraße/Schwarzwaldstraße, 2020 Alexander Tanzer und Markus Hauch für das Haus Schanzenstraße 11.
  • 2021 ging es weiter mit dem Ehepaar Kuchenbuch für die Sanierung des Lokschuppens im Glücksteinquartier, 2022 Angelika Hill und Apotheker Wolfgang Mülle für Erhalt der historischen Marien-Apotheke in Neckarau, 2023 Jürgen Herrmann für Sanierung der Alten Brauerei. pwr

„Es war schon eine sehr große Herausforderung“, blickte Erhard jetzt auf den Kauf 2011 zurück, erinnerte an sehr viel Taubendreck im Haus und den schlimmen Zustand. „Die Statik war sehr problematisch, wir mussten die Decke neu betonieren“, so Erhard. Während der Bauzeit hätten sie sich aber quasi in das Gebäude verliebt und sich statt der ursprünglichen Idee, Eigentumswohnungen zu errichten, für ein Hotel mit Bar entschieden, das sie selbst betreiben. „Es wäre zu schade gewesen, es wieder hergeben zu müssen“, so der Projektentwickler.

Damit hätten die Eigentümer dem historischen Haus „seinen Platz in der Gesellschaft wiedergegeben“, dankte Heberer, „und geschickt Altes und Neues verbunden“, lobte sie die stilvolle Sanierung. Diese habe „die Stadt bereichert und ihr einen wichtigen Ankerpunkt zurückgegeben“, so die Vorsitzende.

Und nicht nur das. Das Syte Hotel sei „ein besonderes Haus“, hob Volker Keller hervor, „es ist nämlich das einzige Gebäude, das von der ehemaligen Prachtarchitektur des gesamten Bahnhofvorplatzes übrig geblieben ist“. Zwar gäbe es nur wenige Unterlagen über die Geschichte des viergeschossigen Sandsteinbaus mit Kolossalpilaster, mehrgeschossigen Erkern sowie Reliefs in Brüstungsfeldern, der nach dem Zweiten Weltkrieg ein weiteres Geschoss aufgesetzt bekam.

Erbaut auf dem früheren Gelände der Lanz-Fabrik

Gebaut wurde es wohl um 1911. In den Jahrzehnten davor gehört die ganze Gegend zum Gelände der Maschinenfabrik Heinrich Lanz, die 1910 auf den Lindenhof umzieht. 1910 ist als Eigentümer das Baugeschäft Baum & Schäfer eingetragen, die das Haus offenbar erbaut hat. Im Adressbuch 1911 werden erstmals in allen Etagen des Hauses Mieter genannt, aber dann wird die Mannheimer Bank als Eigentümer aufgeführt und das Baugeschäft als aufgelöst. In den Geschäftsräumen im Erdgeschoss ziehen ein Friseur und ein Zigarrengeschäft ein.

Mehr zum Thema

Umbauarbeiten

Das hat die Leonardo-Gruppe mit dem traditionsreichsten Mannheimer Hotel vor

Veröffentlicht
Von
Peter W. Ragge
Mehr erfahren
Konversionsgelände

Turley in Mannheim: Das hat sich auf dem Gelände getan

Veröffentlicht
Von
Waltraud Kirsch-Mayer
Mehr erfahren
Denkmalschutz

Warum das alte Fährhaus in Mannheim weiter verrottet

Veröffentlicht
Von
Peter W. Ragge
Mehr erfahren

1928 geht das Haus aus dem Eigentum der Bank an den Oberingenieur Karl Stierle über, der auf dem Lindenhof wohnt. „In seinem Besitz beziehungsweise dem seiner Erben sollte das Haus bis nach dem Zweiten Weltkrieg verbleiben“, so Keller. Ab 1947 wird ein Hotel genannt, 1949 taucht es unter dem Namen „Rheinbrücken“ mit Restaurant in Adressbüchern auf. Ab 1956 heißt das Hotel „Rheinhof“, der neue Wirt Artur Hofmann. Alte Bilder verraten einen neuen weißen Farbanstrich. „Das sollte das Haus attraktiver machen, aber man hat wenig Gespür für historische Fassaden, denn dem Sandstein tut es nicht gut“, beklagt Keller. Der Rheinhof existiert bis um 1970. In den 1970er bis 1990er Jahren gehört das Haus dem Land. Die Wohnungen sind überwiegend an Privatleute vermietet. Auch die Universität Mannheim nutzt Räume. Doch nun sei „wieder ein Ensemble entstanden, das die Pracht und Schönheit des früheren Platzes erahnen lässt“, lobt Keller.

Redaktion Chefreporter

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke