Konversionsgelände

Turley in Mannheim: Das hat sich auf dem Gelände getan

Absperrgatter, Glasscherben und juristische Auseinandersetzungen: Auf dem Mannheimer Konversionsgelände der östlichen Neckarstadt hat sich viel getan, es gibt aber auch Stillstand hinter den Absperrgattern. Ein Spaziergang

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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Markant ragt es gen Himmel – das Eingangstor der zwangsversteigerten Reithalle: Noch ist unklar, was der neue Eigentümer damit vor hat. © Christoph Blüthner

Mannheim. Turley feiert: Quartiersfest am 21. September – diese Botschaft prangt im Stadtgebiet auf Plakat-Stimmgabeln. Wenn das kein Anlass ist, vorab zwischen roten Sandsteingebäuden und üppigen Kastanien einen Spaziergang zu unternehmen. Und zwar dort, wo sich denkmalgeschütztes Gestern mit urbanem Heute vereint. Und dies in einer Atmosphäre, die so gar nicht an die militärische Vorgeschichte des Areals erinnert. Allerdings sind auf dem Konversionsgelände, das die Stadtentwicklungsgesellschaft für Mannheim, die MWSP, 2012 übernommen hat, zugewucherte Dornröschenschlaf-Projekte, ja Bauruinen hinter Absperrgattern nicht zu übersehen.

Zahlreiche leerstehende Gebäude auf Turley in Mannheim

Dies gilt beispielsweise für das dreistöckige Sandsteinhaus mit Mansardendach am Turleyplatz Nummer 7, das von Gestrüpp umwuchert geradezu verwunschen wirkt. Umso mehr verblüfft am vorderen Zaun das Plakat: „Selbst unser Baucontainer steht unter Denkmalschutz.“ Dazu der Hinweis: „Jetzt hier am Turleyplatz 7 die Bauleitung“. Allerdings steht das Gebäude im Eigentum der MWSP leer, was Anwohner angesichts der attraktiven Immobilie verwundert – auch Katy Oberländer, die mit ihrem Mann 2019 auf das Konversionsgelände gezogen ist.

Ob selbst Baucontainer unter Denkmalschutz stehen, mag dahin gestellt sein – aber die alten roten Sandsteingebäude schon. © Christoph Blüthner

Die kommunale Unternehmensgruppe GBG, zu der die MWSP gehört, beantwortet unsere Anfrage: Juristische Auseinandersetzungen mit der Tom Bock Group (TBG) würden bis heute Pläne für das frühere Offiziersgebäude der Amerikaner blockieren. Bekanntlich hat der einstige Ankerinvestor aus Frankfurt auf der Konversionsfläche Turley zunächst mehrere seiner Elf von insgesamt 13 historischen Bestandsgebäuden saniert. Aber dann stockten vereinbarte Projekte. Und so machte die MWSP im Juni 2019 öffentlich, dass sie wegen „andauernder Leistungsstörungen“ von sämtlichen Verträgen mit der (später insolventen) Tom Bock Group zurückgetreten ist.

Um das einstige US-Offiziersgebäude am Turleyplatz 7 ranken sich neben Büschen auch juristische Auseinandersetzungen. © Christoph Blüthner

Die „komplexe rechtliche Situation“, wie es die GBG formuliert, wirkt sich auch auf die geplante Tiefgarage aus. Dort, wo einst badische Kadetten zum Appell antraten und Jahrzehnte später US-Soldaten in der Freizeit Baseball spielten, sollte der Ankerinvestor 300 unterirdische Pkw-Stellplätze schaffen. Dass diese bis heute nicht verwirklicht wurden, nervt viele Mieter und Wohnungseigentümer angesichts „wild“ im Gelände abgestellter Autos. Es gibt aber auch andere Meinungen: Günter Bergmann von der Turley Umbau² GmbH sieht den Bau einer unterirdischen Garage generell als „Umweltfrevel“.

Probleme beim Realisieren einer Tiefgarage auf Turley in Mannheim

Eigentlich sah es vor zwei Jahren so aus, als gebe es beim Realisieren der Tiefgarage einen neuen Partner. In dieser Funktion wurde der auf Turley aktive Projektentwickler „Fortoon“ präsentiert. Bekanntlich sollte sich auch weiterhin nichts tun. Als Gründe führt die GBG neben juristischem Zoff mit der TBG „fehlende Restfinanzierungsmöglichkeiten“ und explodierende Preise sowohl bei den Materialien wie beim Bauen an.

Es sei aktuell nicht möglich, „Tiefgaragenplätze zu vernünftigen Preisen herzustellen“, erklärt GBG-Sprecher Heiko Brohm und verweist darauf, dass in der unterirdischen Garage des Baufeldes IV noch freie Stellplätze angemietet werden könnten. Wie von Bewohnern zu hören ist, würden diese aber als sehr teuer empfunden – mit der Folge, dass stattdessen irgendwo oberirdisch geparkt wird.

Beim Spaziergang im historischen Turley-Zentrum sticht zwischen dem Rot der Sandsteingebäude und dem bunt getüpfelten Grün der Platzwiese ein weißer Schandfleck ins Auge: Ein hässlicher Hotel-Rohbau präsentiert sich als „Anhängsel“ eines sanierten früheren Militärgebäudes. Ein merkwürdig anmutendes Ensemble – jedenfalls im derzeitigen Zustand.

Hotel-Rohbau als hässlicher Blickfang: Allerdings sollen hier im Oktober Handwerker anrücken. © Christoph Blüthner

Der Mannheimer Unternehmer Tamer Baklan hat es im Oktober 2022 bei einer Zwangsversteigerung erworben. Damals erklärte er, keine konkreten Pläne zu haben, sich aber ein Hotel gut vorstellen zu können. Schließlich ist der Neffe von Mustafa Baklan, Gründer des in Neckarau ansässigen Lebensmittelkonzerns Suntat, in der Beherbergungsbranche tätig und betreibt beispielsweise am Wasserturm das übernommene „Parkhotel 1901“ (vormals Maritim).

Allerdings hat sich zwei Jahre lang nichts getan. „Im Oktober soll es mit den Bauarbeiten losgehen“, versichert Tamer Baklan gegenüber unserer Redaktion. Seit gut zwei Monaten liege von der Stadt die Baugenehmigung für das von ihm geplante Hotel vor. Die vergangenen Wochen habe man genutzt, um Angebote für die verschiedenen Gewerbe einzuholen.

Solch eine konkrete Ankündigung gibt es für die ehemalige Reithalle nicht. Aus der Ferne betrachtet wirkt das um 1900 errichtete Gebäude, wo einst Kavallerie-Rösser ausgebildet wurden, nostalgisch imposant – insbesondere die Eingangsfront mit den geschwungenen Bögen der gen Himmel ragenden Ziermauer. Das denkmalgeschützte wie stark restaurierungsbedürftige Kulturdenkmal kaufte Tamer Baklan ebenfalls bei einer Zwangsversteigerung.

Restaurierungsbedürftiges Kulturdenkmal: Die um 1900 erbaute Reithalle gammelt mit zerbrochenen Fenstern vor sich hin. © Christoph Blüthner

Ein Bauantrag, so lässt er wissen, sei inzwischen zwar eingereicht, aber noch nicht genehmigt worden. Welches Konzept es für die 2100 Quadratmeter umfassende Fläche gibt, darüber möchte der Unternehmer derzeit nicht sprechen – „vielleicht in ein paar Wochen“. Voreigentümer Tom Bock hatte gern wortreich erklärt, die markante Reithalle nobel für Ausstellungen und Events umgestalten zu wollen.

„Hier entsteht das Herz Turleys“ prangt in Großbuchstaben an jener Baustelle, wo sich die einstige Kaserne in ein Casino verwandelt. Und dies soll Gastronomie und Gemeinschaftsräume vereinen. Allerdings lässt das seit Jahren gepriesene Herzstück auf sich warten. Wer in alten Medienberichten stöbert, findet mannigfach, dass die MWSP einst davon ausging, das Projekt im Sommer 2019 einweihen zu können.

Unter dem sanierten historischen Satteldach verwandelt sich das einstige Kasernengebäude in ein als Herz von Turley. © Christoph Blüthner

Nach Rückzug und Pleite des Investors Bock erlitt das ambitionierte Vorhaben sozusagen einen „ Herzstillstand“. Im Herbst 2022 fehlte beispielsweise noch immer das neue Dach. Inzwischen ist an der Langzeit-Baustelle mehr oder weniger Betriebsamkeit zu beobachten. Allerdings haben Anwohner in manchen Wochen nur ein, zwei Arbeiter in Aktion gesehen, wie Katy Oberländer erzählt.

"Anspruchsvolle bauliche Situation" auf Turley in Mannheim

Als Ursache, dass sich die Sanierung des denkmalgeschützten Casino-Gebäudes seit Jahren hinzieht, nennt GBG-Sprecher Heiko Brohm „die anspruchsvolle bauliche Situation“ des 120 Jahre alten Gebäudes, das mehrfach umgestaltet wurde und deshalb „ immer wieder Überraschungen mit sich bringt“. Erfreulicherweise ist das Projekt in die Zielgerade eingebogen. Jedenfalls kündigt Brohm an, Ende des Jahres beziehungsweise Anfang 2025 solle das Turley-Herz zu schlagen beginnen. So die Planung.

Welches gastronomische Angebot realisiert wird, steht offenbar noch nicht fest. Mit potenziellen Betreibern, so ist zu hören, laufen derzeit Gespräche. Außerdem sei ab 2025 im ehemals militärischen Betriebsgebäude Turleyplatz 13 eine „kleine gastronomische Einrichtung“ vorgesehen – Details derzeit unbekannt.

Blick über die Platzwiese zum historischen Turley-Zentrum: Grünflächen macht auf dem Zwölf-Hektar-Gesamtareal knapp ein Fünftel aus. © Christoph Blüthner

Konkret ist hingegen: Die entstehenden Werkstätten werden von der Johannis-Diakonie Mosbach betrieben – als Angebot für jene behinderten Männer und Frauen, die auf Turley ein Zuhause in der Fritz-Salm-Straße gefunden haben. Insofern löst das Casino die Konzeptidee eines inklusiven Ortes ein.

Ab wann das Turley-Herz tatsächlich pulsieren wird, gilt abzuwarten. Beim Quartiersfest, zu dem die städtische Entwicklungsgesellschaft MWSP am Samstag, 21. September, von 14 bis 18 Uhr einlädt, dürfte jedenfalls auf dem einstigen Appellplatz reges Leben herrschen. Auf und um eine Bühne mit Live-Programm.

Freie Autorin

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