Mannheim. Mehr als sieben Wochen nach der Kundgebung „Sound of Peace Mannheim“ gibt es weiter Klärungsbedarf: Weil einige Künstler auf Erstattung von Spesen warten, haben sich „die ersten Acts“ auf einer Online-Plattform von der Veranstaltung distanziert. Die Organisatoren weisen die Kritik zurück.
Update, 29. Juni 2022, 17 Uhr: Die Veranstalter von „Sound of Peace Mannheim“ und die Söhne Mannheims haben sich auf eine Zahlung für ihren Auftritt am 8. Mai geeinigt. Das teilte Gerhard Fontagnier am Mittwoch mit. Fontagnier ist Vorsitzender des Vereins „Mannheim sagt Ja!“, der für die Kosten der Veranstaltung aufkommt. Nach der Einigung mit den Söhnen befänden sich die Veranstalter auch in „guten Gesprächen“ mit dem Management von Jonas Monar, hieß es. Alle weiteren Acts sind demnach bezahlt oder haben von Forderungen abgesehen. Die Spenden in Höhe von 10 000 Euro hatte der Verein vollständig an die Ukraine-Hilfe überwiesen.
Was war bei „Sound of Peace Mannheim“ los?
In Anlehnung an „Sound of Peace“ in Berlin, wo 15 000 Menschen vor dem Brandenburger Tor während Auftritten von Musikerinnen und Musikern für die Ukraine-Hilfe spendeten, haben Organisatoren des Mannheimer Ablegers am 8. Mai auf 10 000 Menschen im Ehrenhof gehofft - gekommen sind nur 3000. Während zahlreicher Auftritte, etwa von Joris, der Söhne Mannheims oder Laith Al-Deen, sind Spenden in Höhe von 10 000 Euro zusammengekommen, die der Verein „Mannheim sagt Ja!“ am 20. Mai an den Geflüchtetenfonds der Mannheimer Runde und an „Mannheim hilft ohne Grenzen“ überwiesen hat.
Was sagen die Organisatoren zu der Veranstaltung?
Bereits am Tag nach der Veranstaltung hatten sich die Organisatoren enttäuscht über die geringe Resonanz gezeigt. Gleichzeitig sei man mit Ablauf und Stimmung „zufrieden“ gewesen. „Unsere Erwartungen waren zu hoch“, sagt Gerhard Fontagnier nun am Dienstag. Fontagnier sitzt dem Verein „Mannheim sagt Ja!“ vor, der für die Kosten aufkommt. „Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass es besser gewesen wäre, wenn wir uns vom Namen ,Sound of Peace’ gelöst hätten und der Kundgebung einen eigenen Namen gegeben hätten.“ Man hätte auf mehr Künstler aus der Region setzen sollen. „Dann wären Risiko und Kosten geringer gewesen, und wir hätten vermutlich genauso viel Spenden gesammelt.“ Mit-Organisator Chris Rihm sagt: „Die Veranstaltung war ein Erfolg, die Besucherzahl war mau. Das finanzielle Ergebnis war ein Desaster.“
Die Kundgebung hat etwa 65 000 Euro gekostet. 3000 Menschen haben 10 000 Euro für die Ukraine gespendet. Zwischen Kosten und Spenden gibt es eine große Differenz. War dem Veranstalter das Risiko nicht bewusst?
„Wir wussten, dass durch die Technik Kosten von rund 50 000 Euro auf uns zukommen“, antwortet Fontagnier. Aus der Übersicht des Vereins geht hervor, dass Bühne, Licht und Sound etwa 47 000 Euro gekostet haben. Hinzu kommen weitere Ausgaben, etwa für Security, Verpflegung und Strom. Ein Teil der Kosten sei über Gönner - die Mannheimer Runde etwa beteiligte sich mit 30 000 Euro - gedeckt worden. Man habe gehofft, dass ein Teil der Spenden der erhofften 10 000 Menschen für die Finanzierung verwendet werden könne. „Das war nicht der Fall“, sagt Fontagnier. „Die 10 000 Euro, die gespendet worden sind, sind vollständig der Ukraine-Hilfe zugute gekommen und nicht der Finanzierung der Kundgebung.“
Warum gibt es nun Streit zwischen Veranstaltern und den Künstlerinnen und Künstlern?
Seit Wochen schwelt ein Streit um die Bezahlung von Spesen. Am Montag veröffentlichte eine Branchen-Webseite eine Stellungnahme, laut der sich „die ersten Acts“ deshalb von der Veranstaltung distanzieren. Patrick Kronenberger, Manager von Leo Rojas, hatte einen solchen Schritt zuvor angekündigt. Auf Nachfrage hin bleibt unklar, welche weiteren Künstler und Künstlerinnen sich distanzieren. Die Grünen-Stadträte Fontagnier, Rihm und Mit-Organisator Markus Sprengler erklären am Dienstagvormittag, man habe sich mit allen Acts geeinigt - bis auf Leo Rojas, die Söhne Mannheims und Jonas Monar. Einige Acts sind laut Fontagnier von Forderungen zurückgetreten. Am Nachmittag erklärt Kronenberger dann in einer Mail an Fontagnier: „Wir wollen weder mit Ihnen noch Ihrem Verein mehr irgendetwas zu tun haben. Wir verzichten daher auf unsere Forderung komplett.“ Die hätten sich auf 500 Euro netto „für zwei Personen, von welcher eine in Berlin lebt“ belaufen. „Das ist bei aktuellen Spritpreisen und Nebenkosten wohl eigentlich nachvollziehbar“, heißt es in der Mail, die der Redaktion vorliegt. Auf die Mail angesprochen, erklärt Fontagnier am Nachmittag, dass man 35 Cent je Kilometer hätte abrechnen können. „Das haben andere auch gemacht.“ Der Fall habe sich nun „erledigt“. Man wolle 300 Euro an die Ukraine-Hilfe spenden.
Kommen die Forderungen denn überraschend?
Mails, die der Redaktion vorliegen, zeigen, dass Musikmanager Michael Menges am 28. April den Organisatoren eine bis dato aktuelle Schätzung gemailt hat, was „bezüglich Produktionskosten (in erster Linie für An-, Abreise) auf uns zukommen“ kann. Darin sind Kosten von Leo Rojas, der Söhne und Jonas Monar aufgeführt. Menges hatte die Grünen-Stadträte und das gesamte Organisationsteam beim Akquirieren von Künstlerinnen und Künstlern unterstützt. Der Redaktion erklären Fontagnier und Sprengler: „Wir haben das als Fahrt- und Übernachtungskosten, nicht als Honorar verstanden.“ Die Spesen müssten für die Buchhaltung des Vereins belegt werden, erklärt Schatzmeisterin Carmen Fontagnier. „Wir können nur Reise- und Übernachtungskosten rechtfertigen.“ Zudem wolle man keine Aufwandsentschädigungen zahlen, während andere Acts die nicht bekämen. Gerhard Fontagnier sagt: „Wir sind bereit, für Fahrtkosten aufzukommen.“ Die Veranstalter erklären, sie seien mit dem Management der Söhne in Kontakt. „Da ist Bewegung drin.“ In „guten Gesprächen“ stehe man mit dem Management von Jonas Monar. Anfragen an beide Managements blieben am Dienstag unbeantwortet.
Wie ist es um die Lage des Vereins „Mannheim sagt Ja!“ bestellt?
Laut Carmen Fontagnier hätten „viele Privatpersonen, Vereinigungen und Organisationen“ dem Verein bei den noch offenen Kosten mit „großzügigen Spenden“ geholfen. „Unser Verein wird sicher nicht kaputtgehen“, sagt die Schatzmeisterin und betont die Notwendigkeit von Spenden für gemeinnützige Vereine, um Projekte zu finanzieren.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Bei "Sound of Peace Mannheim" gibt es nur Verlierer!