Sicherheit

Stadt Mannheim verbietet Pro-Palästina-Kundgebung

Eigentlich hätte am Donnerstagabend eine Palästina-Demo auf dem Marktplatz stattfinden sollen. Die Stadt Mannheim hat das verboten. Die Hürden, die für ein Verbot genommen werden müssen, sind hoch - und kompliziert

Von 
Sebastian Koch und Lisa Uhlmann
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Auf dem Marktplatz in Karlsruhe haben sich am Dienstagabend etwa 70 Menschen zu einer pro-palästinensischen Kundgebung versammelt. In Mannheim sind solche Demos verboten worden. © Uli Deck

Mannheim. Wo hört das demokratische Recht auf Versammlungsfreiheit und freie Meinungsäußerung auf und wo fängt eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit an? Diese Abwägung musste die Versammlungsbehörde der Stadt (wie immer) vor einer für Donnerstagabend angekündigten Demonstration für die „Freiheit für Palästina“ treffen. „Die Stadt hat die Kundgebung verboten, weil eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht, die aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ausnahmsweise eine Untersagung rechtfertigt“, erklärt eine Sprecherin des zuständigen von Volker Proffen (CDU) geführten Dezernats am Donnerstag dann auf Anfrage dieser Redaktion.

Nach Informationen dieser Redaktion hatte eine Privatperson zwei Tage zuvor bei der Versammlungsbehörde die Kundgebung angemeldet, die von 18.30 bis 21 Uhr auf dem Marktplatz in der Innenstadt hätte stattfinden sollen. Das Motto: „Stoppt den Genozid in Gaza! - Freiheit für Palästina!“

Kooperationsgespräche im Vorfeld

Angekündigt waren etwa 20 Personen. Die Polizei ist am Abend mit Einsatzkräften am Marktplatz vor Ort, um das Verbot notfalls durchzusetzen, hieß es am Nachmittag. Im Ausschuss für Sicherheit & Ordnung informiert die Verwaltung am Abend, dass sich der Veranstalter und eine weitere Person am Marktplatz getroffen haben sollen. Dabei soll einer der Personen eine Flagge bei sich getragen haben. Laut Verwaltung werden die daraus resultierenden Konsequenzen nun zunächst geprüft. Polizeisprecher Patrick Knapp und eine „MM“-Mitarbeiterin vor Ort hatten zuvor erklärt, die Situation am Marktplatz sei allerdings ruhig verlaufen.

Die Hürden, eine solche Versammlung zu verbieten, sind hoch. „In einer freiheitlichen Demokratie kann eine Versammlung nicht einfach oder leicht verboten werden, bloß weil den staatlichen Stellen bestimmte Meinungen nicht gefallen“, ordnet Nils Schaks, Juniorprofessor für Öffentliches Recht an der Universität, am Donnerstagnachmittag ein.

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Versammlungen müssen angemeldet werden, um die zuständige Behörde - in Mannheim die Versammlungsbehörde - darüber zu informieren, dass eine Versammlung stattfindet. Genehmigt muss die Versammlung nicht werden. Allerdings führt die Behörde grundsätzlich ein sogenanntes Kooperationsgespräch, in dem Auflagen und Organisation geklärt werden.

Ob dieses Gespräch Anlass für das Verbot war oder andere Umstände, ist am Donnerstag nicht bekannt. Schaks betont deshalb, die Entscheidung nicht bewerten zu können. Er erklärt aber: „Ein Verbot kommt nur dann in Betracht, wenn die Behörde nachweisen kann, dass bestimmte Aussagen fallen werden und dass diese Straftaten darstellen.“

Weitere Demo in Mannheim für Samstag angemeldet

Bevor die Versammlungsbehörde eine Demonstration wegen inhaltlichen Aussagen verbietet, muss sie laut dem Mannheimer Juristen „alle anderen rechtmäßigen Deutungsmöglichkeiten ausschließen können“. Vor allem aufgrund der vielen Interpretationsmöglichkeiten von Aussagen ist das kompliziert. „Gelingt es der Versammlungsbehörde nicht, alles andere auszuschließen, kann eine Versammlung nicht verboten werden - mit der Folge, dass selbst widerwärtigste Aussagen auf einer Versammlung getätigt werden dürfen, wenn sie nicht strafbar sind“, sagt Schaks.

Für Samstag ist eine weitere Pro-Palästina-Demo mit rund 100 Personen angemeldet. Die Gruppe „Free Palestine Mannheim“ bewirbt die Demonstration als „Mahnwache/Solidaritätskundgebung“ seit Tagen auf ihren Social-Media-Kanälen. Am Donnerstag waren die Aktivistinnen und Aktivisten nicht zu erreichen.

Verbot auch in Frankfurt und Berlin

Die Gruppe ist in Mannheim nicht unbekannt. Nachdem eine pro-palästinensische Demonstration vor zwei Jahren gewalttätig geendet war, gingen die bislang letzten beiden Demonstrationszüge durch die Quadrate dagegen ohne größere Zwischenfälle vonstatten.

Am Donnerstagabend ist noch nicht klar, ob die Versammlung am Samstag tatsächlich stattfindet. „Eine Kundgebung wäre möglich, wenn gewährleistet ist, dass Auflagen ausreichend sind, um eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit zu verhindern“, erklärt die Sprecherin des Dezernats. Das obligatorische Kooperationsgespräch ist für diesen Freitag angesetzt, ist am Abend im Sicherheitsausschuss zu hören.

Die bislang letzte Demonstration von „Free Palestine“ Mitte Mai fand unter anderem unter den Auflagen statt, „Aufstachelung zu Hass gegen Bevölkerungsgruppen, zu Gewalt oder Willkürmaßnahmen“ zu untersagen, die Menschenwürde Anderer nicht zu verletzen, „indem Teile der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden“ und dass das Verbrennen von Israel-Flaggen vom Veranstalter untersagt wird.

Neben Berlin hat zuletzt auch die Stadt Frankfurt Kundgebungen von anti-israelischen Gruppen verboten. Das Verbot sehen die Gruppen als eine „großangelegte politische Kampagne“. Der Frankfurter Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) hatte erklärt: „Die Demonstrationen schüren den Konflikt.“ (mit dpa)

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

Redaktion Seit 2018 als Polizeireporterin für Mannheim in der Lokalredaktion.

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