Terror in Gaza

Heidelberg fühlt mit Partnerstadt Rehovot und Israel

Die Verbindungen zwischen Heidelberg und Israel sind eng. Bei einer Mahnwache auf dem Universitätsplatz wurde der Opfer des Angriffs gedacht. Auch Betroffene berichteten - und kritisierten das Auswärtige Amt

Von 
Michaela Roßner
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Auf dem Heidelberger Uniplatz gedachten rund 450 Menschen am Mittwochabend der Opfer in Gaza und Israel. Aus Teelichtern wurde ein Davidstern auf dem Pflaster gebildet. © Philipp Rothe

Heidelberg. Heidelberg hat mit Rehovot nicht nur eine Partnerstadt in Israel, sondern besitzt auch über verschiedene Institutionen und wissenschaftliche Netzwerke enge Verbindungen dorthin. In diesen Tagen ist nach dem Überfall der Hamas und den Ereignissen in Gaza daher das Mitgefühl groß. Rund 450 Menschen haben sich am Mittwochabend an einer Mahnwache auf dem Heidelberger Universitätsplatz versammelt, um der Opfer der Angriffe in Israel zu gedenken. Eingeladen hatten dazu die Deutsch-Israelische Gesellschaft Rhein-Neckar Mannheim, das Rektorat der Hochschule für Jüdische Studien (HfJS) und Vertreter mehrerer Religionen.

Die rund einstündige Veranstaltung wurde - anders als eine vergleichbare ein paar Tage zuvor in der Quadratestadt - nicht gestört. Es sei „entspannt und sehr würdig“ abgelaufen, blickt einer der Organisatoren, Chris Rihm von der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Rhein-Neckar, zurück, wenngleich die Atmosphäre ob der Angriffe in Israel „bedrückend“ gewesen sei. Auf dem Universitätsplatz in der Altstadt bildeten die Teilnehmer - wie in Mannheim - einen großen Davidstern aus Teelichtern.

Ronen Reichmann stellt Fragen zum Krieg

Aufgerufen zu der Mahnwache, zu der fünf kurze Impulsvorträge, etwa vom Ersten Bürgermeister Jürgen Odszuck, gehörten, hatten unter anderem Michael Schmitt (Vorstand des Freundeskreises der HfJS), Werner Arnold als Rektor der HfJS, Jona Pawelczyk-Kissin für die Jüdische Kultusgemeinde HD und Pfarrer Mirko Diepen für die Evangelische Kirche in Heidelberg und die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit.

Auch Pfarrer Johannes Brandt von der Katholischen Stadtkirche und Victor Gabriel Marki für das Junge Forum DIG Heidelberg unterstützten den Aufruf. Einer der Teilnehmer der Mahnwache auf dem Uniplatz war Ronen Reichman. Der Professor der HfJS hat sich in den vergangenen Monaten unter anderem intensiv mit der viel diskutierten Justizreform befasst. Gleich morgens um halb sechs hat Reichman am Samstag die schrecklichen Nachrichten aus Israel wahrgenommen. Dann kamen schon die ersten Videos. „Und seither kommen immer neue, fürchterliche Details hinzu, und die Zahl der Toten steigt ständig.“ Stetig versucht er sich über Medienberichte, aber auch über WhatsApp-Kontakte zu Freunden und Bekannten ein Bild zu machen.

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Dass er von Heidelberg aus wenig helfen kann, schmerzt ihn, der vor der Pandemie zwei bis drei Mal im Jahr nach Israel reiste, seither nur noch einmal pro Jahr. „Schock und Traurigkeit, aber auch Wut“ beschreibt Reichman seine Gefühlswelt im Angesicht des Unfassbaren. Warum hat es so lange gedauert, bis Hilfe kam? Und warum wussten die Nachrichtendienste nichts von geplanten Überfällen?

Kritik am Auswärtigen Amt

Während etwa Italien schon am Wochenanfang Menschen mit Sonderflügen nach Hause geholt hat, hoben gestern auch erste Lufthansamaschinen in Israel mit Destination Deutschland ab. An Bord Menschen, die Sicherheit suchen.

Bei Johannes Becke, Inhaber des Ben-Gurion-Lehrstuhl für Israel- und Nahoststudien, war es anders: Er wollte an diesem Tag ohnehin nach Deutschland zurückfliegen. Der Aufbruch war nicht überstürzt, aber der Heidelberger war gezwungen, neue Flüge zu buchen. „Inzwischen sitzen wir am Gate für einen Evakuierungsflug“, meldet er sich per Mail. „Wir sind erschüttert über das katastrophal schlechte Krisenmanagement des Auswärtigen Amtes. Mehrere Tage wurden wir aufgerufen, uns doch selbst Flüge zu suchen - dann kamen endlich Evakuierungsflüge.“ Pro Person kostete das 300 Euro, „aber die Flüge gab es nur durch Anrufe bei einem völlig überforderten indischen Callcenter. Nach ungelogen 1000 Anrufen kamen wir nachts um 4 Uhr endlich durch“, berichtet Becke.

Flagge weht vor dem Rathaus

„Wir sind in diesen schweren Stunden und Tagen in Gedanken bei den Menschen in Israel. Das gilt vor allem für unsere Freundinnen und Freunde in unserer Partnerstadt Rehovot“, betont Erster Bürgermeister Odszuck: „Die Bilder, die uns seit Samstagvormittag insbesondere aus den südlichen Landesteilen Israels erreichen, sind nur schwer zu ertragen. Es ist erschreckend zu sehen, wie ganz normale Bürgerinnen und Bürger - darunter auch Kinder - brutal getötet, entführt und auf grausamste Weise misshandelt werden.“ Auch in Rehovot gab es Verletzte, Menschen mussten sich vor dem Raketenbeschuss in Sicherheit bringen, weiß man im Rathaus aus der Stadt südlich von Tel Aviv, in der rund 150 000 Menschen leben.

Becke blickt nicht nur Richtung Gaza, sondern auch in die Region: „Die Terror-Attacke der Hamas ist präzedenzlos. Hier wurden - ausgebildet vom Iran - die Methoden des Islamischen Staates kopiert.“ Becke erwartet „vom „Pro-Palästina-Milieu in Deutschland und auch in der Rhein-Neckar-Region“ Positionen: „Doch man schweigt, so, als wäre nichts passiert- zum Teil werden die Attacken ja auch noch klammheimlich oder ganz offen begrüßt.“ Aber: „Wer sich so verhält wie der Islamische Staat, muss auch so behandelt werden - jede Illusion über einen ,moderaten Flügel der Hamas’ ist zerplatzt. Gerade im Interesse der Palästinenser können wir daher nur hoffen, dass es Israel in den nächsten Tagen und Wochen gelingen wird, diese Terrororganisation ein für alle mal zu zerschlagen.“

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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