Immobilienmarkt

So will Mannheim mehr günstige Wohnungen schaffen

Die Lage am Mannheimer Wohnungsmarkt ist seit Jahren angespannt. Nun legt die Stadt eine neue wohnungspolitische Strategie vor. Sie enthält Verschärfungen, ungewöhnliche Ideen - und so manche Offenbarung

Von 
Martin Geiger
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Zuletzt sind zwar, wie auf dem Spinelli-Gelände, viele Wohnungen gebaut worden – doch es braucht mehr. © Christoph Blüthner

Mannheim. Das Thema Wohnen gilt als eines der größten Probleme unserer Zeit. Am Donnerstag stellt die Stadt im Ausschuss für Umwelt und Technik ihre neue wohnungspolitische Strategie vor, die die Leitlinien für das kommunale Handeln setzt. Im Mai befasst sich der Gemeinderat mit dem Konzept. Ein Überblick.

Was sind die Prämissen der wohnungspolitischen Strategie?

Mannheim will aus Gründen der Nachhaltigkeit auf eine Entwicklung im Außenbereich verzichten. Es sollen also nicht mehr wie früher beispielsweise auf landwirtschaftlichen Flächen Neubaugebiete entstehen. Zudem will die Kommune einen Schwerpunkt auf preisgünstige Wohnungen legen. Denn, so heißt es in der Vorlage für den Gemeinderat: „Ohne regulierende Eingriffe entstehen durch Akteure des freien Wohnungsmarkts jedoch in der Hauptsache Angebote im hochpreisigen Segment.“ Hinzu kommt, dass durch gesetzliche Änderungen deutlich mehr Menschen einen Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein haben. Gleichzeitig sinkt aber das Angebot an Wohnungen, deren Miete begrenzt ist. Denn diese Grenzen gelten immer nur für eine gewisse Zeit. Und die Fristen laufen nach und nach aus. Darum gibt es hier einen großen Bedarf.

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Wie ist die Ausgangslage in Mannheim?

Das zeigt die neue Wohnungsnachfrageprognose 2040, die externe Experten erstellt haben. Demnach wird damit gerechnet, dass die Bevölkerung bis 2030 um rund 16 000 Menschen wächst. Daraus ergibt sich, dass 7400 neue Wohnungen benötigt werden. Das kann nach Angaben der Verwaltung gelingen – wenn alle bereits geplanten und angedachten Projekte umgesetzt werden. Nach 2030 flacht das Bevölkerungswachstum etwas ab, so die Experten. Dennoch würden bis 2040 weitere 7400 Wohnungen benötigt. Denn viele alte entsprächen – etwa was Barrierefreiheit angeht – nicht mehr dem Bedarf oder müssten aus baulichen Gründen ersetzt werden.

Wo ist der Wohnungsbedarf besonders hoch?

Die Nachfrageprognose hebt zwei Bereiche hervor: Da mit deutlich mehr Haushalten mit älteren Bewohnern gerechnet wird, werden mehr altersgerechte Wohnungen benötigt. Zudem erwarten die Fachleute eine steigende Zahl an Familien. Der Platz reicht jedoch nicht, damit sie alle in Ein- oder Zweifamilienhäusern leben können. Darum sollen Mehrfamilienhäuser so gestaltet werden, dass sie ihren Bedürfnissen entsprechen. Andernfalls bestehe die Gefahr, „dass Familien aus Mannheim wegziehen“.

Wie will die Stadtverwaltung auf diese Entwicklungen reagieren?

Das Dezernat von Baubürgermeister Ralf Eisenhauer (SPD) hat im Kern fünf Punkte identifiziert, die in der wohnungspolitischen Strategie neu eingeführt werden sollen. Im Folgenden die Details dazu.

Was ändert sich beim Quotenmodell für preisgünstiges Wohnen?

Die Quote wird nicht erhöht. Wie bisher müssen auf Gebieten mit neuen Bebauungsplänen in Gebäuden mit mehr als zehn Wohnungen 30 Prozent zu Mieten von 8,17 Euro pro Quadratmeter angeboten werden. Allerdings soll diese Verpflichtung künftig anstatt nach 20 Jahren erst nach 30 enden, um die Mieter länger vor Erhöhungen zu schützen.

Was ist bei den Gewerbegebieten geplant?

Die Stadt will die früher strikte Trennung zwischen Wohn- und Gewerbegebieten auflockern. An „geeigneten Standorten“ soll künftig beides möglich sein. Als Beispiel gilt das Glücksteinquartier, wo es neben Wohnungen zahlreiche Büros gibt. Dieses Vorhaben dürfte nicht allen gefallen: Denn Gewerbetreibende könnten befürchten, dass ihre Freiräume zum Schutz der Bewohner nach und nach kleiner werden – und schlimmstenfalls abwandern.

Was für neue Angebote will die Stadt schaffen?

Etwa eine Wohnungstauschbörse im Internet: Denn als Problem gilt, dass viele Menschen zu lange in ihren Wohnungen bleiben, selbst wenn sich ihr Bedarf – etwa durch den Auszug der Kinder – geändert hat. Als Tauschanreiz könnte eine Umzugskostenpauschale dienen. Auch die Vermieter könnten einen Zuschuss erhalten, wenn sie die Miete im Zuge eines Tauschs nicht zu stark erhöhen. Der Stadt zufolge gibt es etwa in Freiburg seit knapp zwei Jahren solch ein Instrument. In fünf Fällen habe es seinen Zweck bewirkt.

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Welche Neuerungen sind noch vorgesehen?

Es soll auch ein Beratungsangebot für private Gebäudebesitzer geschaffen werden, um ihnen Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie Baulücken schließen, ihre Häuser aufstocken oder leerstehende Läden und Büroflächen umwandeln können. Damit will die Stadt den Bau von neuen Wohnungen fördern.

Wie sollen außerdem preisgünstige Wohnungen entstehen?

Durch eine Gesetzesänderung können inzwischen auch im sogenannten unbeplanten Innenbereich Bauherren verpflichtet werden, bei größeren Neubauvorhaben preisgünstige Wohnungen zu schaffen. Das will die Stadt einführen. Wie hoch der Prozentsatz ausfällt, ist noch offen. Bei der Umnutzung von Gebäuden wird darauf verzichtet.

Wo könnten der Stadt zufolge weitere Wohnungen entstehen?

Vor allem „in stark aufgelockerten Quartieren der 1950er bis 1960er Jahre“ hält sie Nachverdichtungen und Ersatzneubauten für möglich. Aber auch Supermärkte seien geeignet: entweder durch Aufstockungen oder die Bebauung der Parkplätze.

Welche Rolle spielt dabei der Bodenfonds?

Eine kleine: Ende 2019 wurde zwar beschlossen, dass er eingerichtet werden soll, damit die Stadt mehr Grundstücke kaufen kann. Allerdings sind bis Ende 2022 lediglich vier Ankäufe erfolgt.

Wie bewährt sich das Zweckentfremdungsverbot?

Das ist noch unklar: Es gilt zwar seit Herbst 2021 und soll verhindern, dass Wohnungen für andere Zwecke genutzt werden. Insbesondere der regelmäßigen Vermietung an Touristen über Online-Portale wie Airbnb wollte man damit begegnen. Doch die Umsetzung gestaltet sich laut Verwaltung als schwierig und mit hohem Aufwand verbunden.

Wie wird die kommunale Mindesteigentumsquote umgesetzt?

Zum vom Gemeinderat geforderten Instrument, wonach neue Flächen erst entwickelt werden sollen, wenn der Kommune mindestens die Hälfte der Grundstücke gehört, findet sich in der Strategie noch nichts. Auf Nachfrage heißt es aus der Verwaltung, dass die Umsetzung dieser Maßnahme sehr schwierig sei.

Wie findet der Mieterverein die neue Strategie?

Da sie erst seit Kurzem bekannt ist, kann er noch keine Stellungnahme dazu abgeben. Er hätte sich aber gewünscht, dass die Kernpunkte vorab beim Runden Tisch Wohnen vorgestellt worden wären.

Was sagt der Eigentümerverband Haus und Grund dazu?

Vorstand Josef Piontek glaubt nicht, dass so die erforderliche Zahl an Wohnungen geschaffen werden kann. Er fordert ein Umdenken: „Die Gruppe der privaten Kleinvermieter, die 60 bis 70 Prozent der Wohnungen zur Verfügung stellen, wird nach wie vor vernachlässigt.“

Redaktion Reporter für das Ressort "Mannheim".

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