Queeres Leben

So war der Regenbogenempfang der Stadt Mannheim

Beim Regenbogenempfang der Stadt Mannheim machten Menschen aus der queeren Community auf die angespannte politische Lage aufmerksam - und appellierten, Präsenz zu zeigen. Eine Person wurde besonders geehrt

Von 
Laura Bender
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OB Christian Specht mit PLUS-Leiterin Kristin Pelzer. Der Verein bietet seit mehr als 25 Jahren Beratung und Hilfe für die queere Community. © Thomas Tröster

Mannheim. Queere Geflüchtete haben es oft nicht einfach, weder in ihrem Ursprungsland, aber auch nicht in ihrem Zielland, wenn sie mit den Personengruppen, die sie in ihrem Ursprungsland verfolgten, nun in einer Unterkunft untergebracht werden. Diese Problematiken werden jedoch selten thematisiert und bleiben oft ungesehen von der Gesellschaft.

Das äußerten Betroffene beim 9. Regenbogenempfang der Stadt Mannheim. Dessen Fokus lag explizit auf der Arbeit mit geflüchteten queeren Menschen. „Für Mannheim symbolisiert der Regenbogenempfang ein Zeichen für das Engagement der Stadt für Vielfalt und Chancengleichheit und stärkt den Zusammenhalt aller Bürger. Das ehrenamtliche Engagement soll bei diesem Empfang große Wertschätzung erhalten“, so Oberbürgermeister Christian Specht dort.

Regenbogenempfang der Stadt Mannheim würdigt Arbeit für queere Geflüchtete

Es herrschte beim Empfang Einigkeit darüber, dass es Institutionen brauche, die geflüchteten queeren Menschen Unterstützung und Hilfe anbieten. Eine solche Institution ist der Verein PLUS (Psychologische Lesben- und Schwulenberatung) in Mannheim, der beim diesjährigen Empfang eine Ehrung erhalten hat.

Der neunte Empfang wurde moderiert von Shayma AlQueer, einer Dragqueen, die mit 22 Jahren aus Tunesien geflohen war und aktuell in Heidelberg lebt. Die Veranstaltung wurde musikalisch von der orientalischen Musikgruppe, bestehend aus Enren Can Erol und Emre Can Erol von der Musikakademie, untermalt.

Aktuell erlebt man einen gesellschaftlichen Backlash und einen Rechtsruck, die marginalisierten Gruppen spüren das wie Kanarienvögel in Bergwerken als Erste
Kristin Pelzer Leiterin des Bereichs PLUS for refugees

Zu Beginn gab es einen Versprecher der Moderation, die statt Mannheim Heidelberg nannte, woraufhin das Publikum schnell amüsiert reagierte. Daraufhin folgte die Ansprache Christian Spechts. Er reagierte ebenfalls mit Humor auf den Versprecher: „Heidelberg, Mannheim, Ludwigshafen…Hauptsache Regenbogen“ - und erntete unterstützendes Gelächter.

Dies war sein erster Regenbogenempfang in seiner Amtszeit, und daher freue er sich sehr, nun nicht nur als Gast dabei zu sein, sondern tatsächlich auch etwas beitragen zu dürfen in Form seiner Rede. Ein Leitziel für die Stadt Mannheim sei es, bis 2030 zu erreichen, dass kein Mensch aufgrund seiner sexuellen oder geschlechtlichen Identität herabgewürdigt oder diskriminiert werde. 2021 wurde Mannheim zudem zum Freiheitsraum für queere Menschen ausgerufen.

PLUS in Mannheim: Beratungsangebote seit nun mehr als 25 Jahren

PLUS ist eine gemeinnützige Organisation, die Angebote und Beratungen zur Vielfalt sexueller Orientierung und Geschlecht anbietet, sie wurde 1998 gegründet. Seit über 25 Jahren wird mit großem fachlichem und ehrenamtlichem Engagement die Beratungsstelle für Menschen der queeren Community betrieben. Ab 2015 begleitet PLUS außerdem auch geflüchtete queere Personen.

Die Ehrung nahm Kristin Pelzer, Leiterin des Bereichs PLUS for refugees, entgegen. „Aktuell erlebt man einen gesellschaftlichen Backlash und einen Rechtsruck, die marginalisierten Gruppen spüren das wie Kanarienvögel in Bergwerken als Erste“, meinte sie. Jeder sei aufgerufen, sich für Vielfalt und Demokratie einzusetzen. Man sollte sich gerade in solchen Zeiten, in denen die Queerfeindlichkeit zunehme, wieder für die Unterstützung gerade dieser marginalisierten Gruppen stark machen, um dem Rechtsruck entgegenzuwirken.

Queere Migranten berichten beim Regenbogenempfang von ihren Erfahrungen

Im weiteren Verlauf kam es zu einer Diskussionsrunde, bei der drei unterschiedliche Migranten von ihrer Erfahrung berichten durften. Baküs Mejri kommt ursprünglich aus Tunesien und engagiert sich nun in Deutschland politisch für die queeren Themen als PLUS-Mitarbeiter. Mejri lebte in einer Flüchtlingsunterkunft und konnte von einigen Problemen dort berichten. Er wurde in der Unterkunft nicht akzeptiert und aufgrund seines Queerseins verbal angefeindet. Somit war sein Zufluchtsort kein Schutzort mehr.

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Er war mit den Menschen an einem Ort, vor denen er eigentlich flüchten wollte, beschrieb er. Außerhalb der Unterkunft wurde er jedoch auch nicht akzeptiert und fühlte sich ziemlich allein, bis er auf PLUS gestoßen war. Dort erhielt er zahlreiche Angebote, sich mit anderen queeren Migranten zu vernetzten, und bekam generell Unterstützung. Von ähnlichen Erfahrungen kann auch Richard berichten, ebenfalls ein Unterstützer der PLUS-Organisation. Er erfährt immer wieder, dass vor allem Menschen in Asylunterkünften mit heftigen Beleidigungen von ihren Schicksalsgenossen konfrontiert sind.

Gruppe von Geflüchteten engagiert sich bei PLUS

Außerdem äußert sich Nano Badran, aus Syrien. Er leitet mit Mejri die Gruppe der Unicorn refugees, die sich engagiert, um Migranten miteinander zu verbinden. Auch er hat sich mit anderen Migranten über die Organisation gefunden und sich nun ein sogenanntes „safe space“ aufgebaut, indem er ganz er selber sein darf.

Ist Mannheim sicher für queere Menschen, wollten wir von Menschen im Publikum wissen. Elli sagte, das sei immer sehr spezifisch. Sie fühle sich zwar sicher, aber wahrscheinlich nur, weil sie nicht direkt als queer gelesen wird. Bei Personen, die auffälligeres Make-up tragen oder herausstechen durch ihren Kleidungsstil, der nicht in das binäre System passt, könnte das alles schon anders aussehen. Delilah, Politikwissenschaftsstudentin, sagt: „Natürlich ist der Rechtsruck ein großes aktuelles Problem. Man sollte sich aber nicht unterkriegen lassen und gerade jetzt Präsenz zeigen. Man sollte, natürlich wenn man die Möglichkeit hat, aktiv dagegen vorgehen, etwa durch Demonstrationen.“

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