So wirklich zu beschreiben ist die Atmosphäre rund um die Planken und den Paradeplatz am Sonntagnachmittag nicht. Die vielen Polizistinnen und Polizisten fallen ins Auge. Zwei von ihnen sitzen kurz vor 15 Uhr auf dem Paradeplatz auf Pferden. Sie unterhalten sich, die Tiere erfreuen sich über Streicheleinheiten. Ist das die Ruhe vor dem Sturm?
Im Verlauf des Nachmittags sind die Pferde nicht mehr zu sehen, sehr wohl aber die vielen Polizisten und Polizistinnen, die sich vor allem auf den Kapuzinerplanken und rund um den Platz versammeln. „Free Palestine Mannheim“ ruft anlässlich des Nakba-Tags (der war am 15. Mai) zu einer Kundgebung für Solidarität mit Palästina auf. Vor zwei Jahren endete die Demonstration mit Zusammenstößen mit der Polizei, vergangenes Jahr verlief die Veranstaltung weitgehend friedlich.
Weil Israel 75. Staatsjubiläum feiert und auch in diesem Jahr die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) auf dem Paradeplatz für Solidarität mit Israel wirbt und darauf aufmerksam macht, dass auch Israelis aus arabischen Staaten vertrieben worden sind, war die Nervosität spürbar. Noch am Samstag hatte Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) mit weiteren Institutionen für ein friedliches Zusammenleben aufgerufen und davor gewarnt, den Konflikt in die Stadt zu tragen.
Am Abend ist klar: Der Tag endet friedlich. Der Polizei ist es mit einem Aufgebot im dreistelligen Bereich gelungen, die beiden Demonstrationen voneinander fernzuhalten.
Das Augenmerk liegt, aufgrund der Vorgeschichte, auf der Kundgebung von „Free Palestine“. Die Gruppe hatte noch am Freitag darauf gehofft, mit ihrem Demonstrationszug am Paradeplatz vorbeilaufen zu dürfen, wo die DIG ihren Stand organisiert hat. Die Behörden lehnten dies ab. Noch am Sonntag gibt es vor Beginn auf den Kapuzinerplanken eine kurze Diskussion über den Verlauf der Demonstration, die schließlich vor dem Paradeplatz von den Planken wieder auf die Kapuzinerplanken geleitet werden.
Zwei Personalien festgestellt
Die Resonanz ist geringer als erwartet. Waren es im vergangenen Jahr etwa 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, spricht die Polizei am Sonntag von „in der Spitze 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmern“. Die können sich auf den Kapuzinerplanken an Ständen informieren oder eine Ausstellung der Nahostgruppe zur Nakba anschauen. Rednerinnen und Redner üben Kritik am Staat Israel, wollen die aber nicht als Antisemitismus verstanden wissen, von dem man sich distanziere. „Darf man Israel nicht kritisieren, ohne als Antisemit bezeichnet zu werden“, fragt ein Redner und bezieht sich auf Vorwürfe, die Initiative schüre Antisemitismus.
Neben scharfer Kritik an der Siedlungspolitik nehmen die Referentinnen und Referenten die deutsche Politik ins Visier. An Kanzler Olaf Scholz (SPD) wird genauso appelliert, sich für den Frieden im Nahen Osten einzusetzen, wie an Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Während des Demozugs rufen sie zum Boykott Israels auf.
Nach Ende der Veranstaltung nimmt die Polizei Personalien zweier Teilnehmer auf. Laut einem Sprecher besteht der Verdacht auf das Zeigen verfassungswidriger Symbole und auf Volksverhetzung. Es sind die einzigen Zwischenfälle.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Die Demokratie ist die Siegerin der beiden Demos in Mannheim!