Mannheim. Zu den Pinguinen wollen alle. Aber selbst Männer und Frauen, die große Gefahren gewohnt sind, dürfen da derzeit nicht ins Gehege. „Die ersten Jungtiere sind da, da sind schon wir deutlich vorsichtiger“, sagt Tierpflegerin Manuela Roth zu den Feuerwehrleuten. Die sind zu einem ganz besonderen Besuch in den Luisenpark gekommen: um in einem halbtägigen Kompaktkurs zu lernen, wie man mit Tieren umgeht, sie anfassen und notfalls auch retten kann.
So putzig-niedlich sie auf das Publikum wirken – selbst Pinguine können gefährlich sein, gerade wenn sie ihren Nachwuchs verteidigen. „Vor dem Schnabel muss man sich in Acht nehmen, der ist sehr scharf“, erklärt Manuela Roth, und in den Flügeln stecke eine „enorme Kraft“, betont sie: „Wenn die zuhauen, ist es sehr schmerzhaft.“
Also bleiben die Feuerwehrleute am Zaun, während sie sonst fast überallhin dürfen an diesem Tag, wo Tiere gehalten werden im Luisenpark: Südamerikahaus, Terrarium, Bauernhof. Immerhin über 3100 Individuen von 175 Arten, von Vögeln über Säuger bis zu Reptilien, Amphibien und Fischen, leben hier. Sie zu besuchen, geht auf die Initiative von Daniel Stuhr zurück, Ausbilder bei der Berufsfeuerwehr. Er betreut derzeit den Grundlehrgang mit 18 angehenden Berufsfeuerwehrleuten, viele vorher davon schon ehrenamtlich im Brandschutz engagiert.
Notfälle mit Tieren bei der Mannheimer Feuerwehr eigentlich eher selten
Er wolle, dass die jungen Kollegen „ein Gefühl für die Tiere bekommen, Gefahren abschätzen lernen und notfalls mit ihnen umgehen können“, erklärt er. Dabei seien unter den mehr als 4000 Einsätzen, zu denen die Mannheimer Feuerwehr jährlich alarmiert wird, Notfälle mit Tieren „eigentlich sehr selten“, so Jens Stiegel, der stellvertretende Kommandant. „Uns betrifft das nur, wenn es sehr schnell gehen muss – wenn sich etwa die Schlange in einer Wohnung befindet, die gerade brennt“, erklärt Stiegel.
Generell ist für Tiere nämlich der Kommunale Ordnungsdienst zuständig, der wiederum meist das Tierheim oder private Firmen beauftragt. Stiegel schätzt daher, dass die Feuerwehr „zehn bis 20 Tiere pro Jahr aus akuter Notlage befreit, etwa, wenn ein Mauersegler in der Dachrinne festhängt“.
Die Taucher der Feuerwehr würden öfter im Winter gerufen, weil Passanten fürchteten, Schwäne seien festgefroren, „dabei sind sie das gar nicht – aber wir schauen halt“, ergänzt Daniel Stuhl. „Oder die Höhenretter müssen raus, wenn sich Vögel im Dach verfangen“, auch das habe er schon erlebt. In Mannheim gebe es viele Ställe, „und die Leute haben zu Hause immer mehr Terrarien, da muss man wissen, was passieren kann, wenn einem so ein Leguan in einer brennenden Wohnung begegnet“, so der Ausbilder.
Beim Luisenpark stieß er mit seiner Idee auf offene Ohren. Die Feuerwehr sei „vor sehr vielen Jahren“ schon einmal dagewesen, erinnert sich Christine Krämer, Leiterin der Abteilung Zoologie der Stadtpark-Gesellschaft. „Aber ich finde das gut, und im Notfall helfen sie ja auch unseren Tieren“, so Krämer, auch wenn es schon seit Jahrzehnten keinen Feuerwehreinsatz mehr deswegen im Luisenpark gegeben habe.

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Die Tierpflegerinnen nehmen den Feuerwehrleuten erstmal im Terrarium die Scheu, indem sie scherzen. „Handy, Schlüssel und Schuhe mit Stahlkappen weglegen – alles was schwer verdaut werden könnte“, sagen sie lächelnd. Zu Oskar, der mit 34 Kilogramm schwersten und größten Schlange, einem dunklen Tigerphython, gehen auch sie normalerweise nur zu dritt oder zu viert, „aber nie allein“, betont Tierpflegerin Anja Glaser. Pro Meter Schlange brauche man einen Helfer, sei die Regel. Sie erzählen von den Fütterungen und den Gefahren – so kann das Tier bis zu 160 Stundenkilometer schnell sein. Auch der Unterschied zwischen Gift- und Würgeschlangen ist ein Thema, der Umgang mit Schlangenhaken, und wie wichtig es ist, stets den Kopf dieses Reptils zu fixieren.
Tierpfleger im Luisenpark sind gute Lehrer für Feuerwehrleute
Manche Worte hört man immer wieder, das sind „Vorsicht“ und „Abstand“. Über das nötige Gerät, etwa Netze, Boxen und auch spezielle Haken und andere Hilfsmittel, verfügt die Feuerwehr auf dem Kleineinsatzfahrzeug, das bei Tierrettungen alarmiert wird, so Daniel Stuhr. Aber Erfahrungen und Anschauungsunterricht – das könnten die Tierpfleger im Luisenpark viel besser als ein Kurs auf der Wache, ist er dankbar.
Und das sind die Kursteilnehmer auch. „Es wird einem die Angst genommen“, sagt Kai Göller, nachdem er die Riesenschlange angefasst hat, „aber es bleibt der Respekt“. „Es ist gut, dass man nicht mehr erschreckt, sondern man weiß jetzt, wie man ’rangehen muss“, findet Helena Künzel. Beide haben bereits Erfahrung als Mitglieder in einer Freiwilligen Feuerwehr und auch schon Einsätze mit Tieren absolviert. „Ein Wellensittich auf dem Dach im Winter – da hatten die Leute Angst, dass er erfriert“, erzählt Helena Künzel, da habe sie mit der Feuerwehr in ihrer Odenwaldgemeinde Stockheim eben die Steckleiter angestellt und den Vogel heruntergeholt. An einen Notruf wegen einer Katze erinnert sie sich auch, „aber die ist weg, als wir mit der Leiter gekommen sind“.
Sogar noch mit größeren Tieren war Kai Göller bei der Freiwilligen Feuerwehr Neustadt konfrontiert – Galloway-Rinder in einem Bach. Und auch an so etwas hat das Luisenpark-Team gedacht, denn eine Station ist der Bauernhof mit Ziegen, Schafen, Kühen und Pferden. „Pferde sind schreckhaft“, warnt Tierpfleger David Röhrig, der Chef vom Bauernhof. Also demonstriert er vorsichtig, wie einem Pferd das Strickhalfter umzulegen ist, um es einfangen und wegführen zu können – etwa bei einem brennenden Stall. Ziegen dagegen, so zeigt er, müsse man am Horn ziehen. Aber immer gelte: „Wichtig ist, dass man ruhig bleibt, dass man Ruhe und Geduld ausstrahlt“, schärft er den Feuerwehrleuten ein.
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