Mannheim. Eine Ausziehleiter von zehn Metern, eine Anstellleiter, zwei Feuerhaken, Schaufel, Pickel, Säge, eine kleine Handspritze, zwei Wassereimer, 60 Meter Schlauch, vier Leinen und zwei Laternen – das musste reichen. Eine Pumpe? Fehlanzeige. Gelöscht wurde nur mit dem Druck aus der Wasserleitung. So ist die Mannheimer Feuerwehr in ihren Anfängen ausgerückt. Das zeigt jetzt der neue Feuerwehrkalender, der die Entwicklung vom Handkarren zum automobilen Löschzug dokumentiert.
Historische Aufnahmen der Feuerwehr Mannheim in einem Kalender
Ungewöhnliche, teils zuvor nie veröffentlichte Fotos und detailreiche, umfangreiche historische Texte – das zeichnet diesen Kalender aus. Erarbeitet haben ihn Bernhard Kunkel (Pensionär Berufsfeuerwehr), Rainer Straßel (Freiwillige Feuerwehr Feudenheim) und Michael Müller (Integrierte Leitstelle/Freiwillige Feuerwehr Innenstadt). Sie engagieren sich ehrenamtlich für das Feuerwehrarchiv in der Wache Süd, das sich als das historische Gedächtnis rund um Brand- und Katastrophenschutz in Mannheim versteht und eng mit dem Marchivum zusammenarbeitet.
„Eine reine Archivierung ist aber sinnlos, wenn sie nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird“, begründet das Autorentrio, warum es nun zum wiederholten Mal die populäre Form eines Kalenders für die Veröffentlichung wählt – nun zum Beginn der Motorisierung.
1889 richtet Mannheim eine bezahlte, ständige Nachtwache aus jeweils sechs Mann der Freiwilligen Feuerwehr im Alten Kaufhaus in N 1 ein. Ab 15. August 1891 stehen dann rund um die Uhr sechs Feuerwehrleute zum sofortigen Abrücken bereit – es ist die Geburtsstunde der Berufsfeuerwehr. Ihre Ausstattung besteht aus dem bereits für die Nachtwache beschafften, zweirädrigen und von Hand zu ziehenden Gerätewagen der in Heidelberg ansässigen Firma Carl Metz. Ihr Gründer Carl Metz ist ab 1818 in einer Feudenheimer Familie aufgewachsen und gilt nicht nur als fortschrittlicher Hersteller von Feuerspritzen, sondern auch als der Vater der Idee, Freiwillige Feuerwehren ins Leben zu rufen.
Statt des Handwagens, mit dem man aber auch in der Innenstadt binnen fünf bis sechs Minuten die Einsatzstelle erreiche, kauft Mannheim 1894 einen mit Pferden zu bespannenden Mannschafts- und Gerätewagen mit anzuhängendem Schlauchwagen.
Ab 1904 fährt die Feuerwehr Mannheim ein Elektroauto
Für den ist in N 1 kein Platz, weshalb die Feuerwehr ab da zum städtischen Bauhof in U 3 umzieht. Die dort ansässige „Arbeitsanstalt“, eine Einrichtung ähnlich einer heutigen Behindertenwerkstatt, war seit Einrichtung der Kreispflegeeinrichtung in Weinheim geschlossen worden. Die städtische Abfuhranstalt muss zwei Pferde und Fuhrknecht stellen. 1899 schafft die Feuerwehr eigene Pferde an, denn nun kommt noch eine – auch von Pferden gezogene – Drehleiter dazu.
1902 übernimmt die Feuerwehr auch die Krankentransporte in Mannheim. Dafür nutzt sie einen Wagen, den die Sanitätskolonne des Männerhilfsvereins zuvor gefahren hat. Weil der Bedarf so hoch ist, wird schon im Jahr darauf ein zweiter, auch pferdebespannter Krankenwagen gekauft. In dem werden sogar ärztliche Instrumente gelagert, damit, wenn ein Arzt anwesend ist, er sofort eingreifen kann.
1904 schreibt die Mannheimer Feuerwehr Geschichte – sie fährt ab da ein Elektroauto. Die Kohlensäurespritze wird von einer Batterie angetrieben, die eine Reichweite von 25 Kilometern aufweist. Sie ist „das erste selbstfahrende und wasserführende Löschfahrzeug der Feuerwehr Mannheim“, so die Autoren, doch in alten Unterlagen haben sie gefunden, dass sich der Motor als zu schwach erwiesen habe und die Batterie nicht lange genug durchhält.
1907 wird bei der Feuerwehr Mannheim eine Dampfspritze angeliefert
Umso größer ist die Freude ab 1907, als eine Dampfspritze angeliefert wird. Sie erreicht mit voller Ausrüstung und Besatzung immerhin eine Geschwindigkeit von 30 Stundenkilometern. Allerdings braucht sie bis zur Betriebsbereitschaft neun Minuten; nur im vorgewärmten Zustand kann sie sofort abrücken. Dafür wird die Stelle eines Heizers geschaffen.
Moderner sind dann ab 1912 der mit Benzin angetriebene Mannschafts- und Gerätewagen von Benz sowie zwei Motorspritzen. Bis zu 40 Kilometern schnell sind sie, wenn sie von der in diesem Jahr bezogenen Feuerwache in der Neckarstadt am Neckarufer aus ausrücken. Aber schließlich wächst Mannheim um diese Zeit, werden doch Käfertal (1897), Neckarau (1899) und Feudenheim (1910) eingemeindet. Nach den Spritzen wird noch eine „automobile Drehleiter“, wie das damals heißt, ausgeliefert, womit „die Automobilisierung der Berufsfeuerwehr abgeschlossen“ sei. Die Feuerwehrpferde werden im November 1912 an die Fuhrverwaltung abgegeben.
1. und 2. Abmarsch: Löschzüge bei der Feuerwehr Mannheim im Einsatz
Ab da ist in den Verwaltungsberichten auch von Löschzügen die Rede, damals „1. Abmarsch“ und „2. Abmarsch“ genannt. Zunächst starten der Mannschaftswagen mit sechs Mann, die Benzinmotorspritze mit acht Mann und die Drehleiter mit vier Mann. Der „2. Abmarsch“ setzt sich dann aus der zweiten Benzinmotorspritze mit wiederum acht Mann und der Dampfspritze mit vier Mann zusammen. Die Kohlensäurespritze dient nur noch als Reserve. Rechnet man noch drei Mann für den Krankentransport, drei weitere für den Betrieb von städtischen Dienstautomobilen, Telegrafist, Posten und einen Bediensteten für das städtische Fernsprechamt dazu, tun pro Schicht 39 Mann Dienst.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-so-ist-mannheims-feuerwehr-frueher-ausgerueckt-_arid,2162197.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim/feudenheim.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html