Noch während die Orgel der Jesuitenkirche spielt, laufen die ersten Menschen los. Und als sich die Spitze der Gruppe dem Marktplatz nähert, passieren die hinteren Teilnehmer gerade erst den Schillerplatz: Etwa 2000 Gläubige haben mit einer Prozession und einem Fest auf dem Marktplatz Fronleichnam gefeiert. Zugleich gab es weitere große Prozessionen in Sandhofen, Käfertal, Waldhof, Rheinau und Almenhof.
Bereits der Gottesdienst in der Jesuitenkirche, die rund 1200 Gäste fasst, ist völlig überfüllt; zahlreiche Leute stehen vor dem barocken Gotteshaus. Fronleichnam gilt als Hochfest, hat für Katholiken also mit den höchsten liturgischen Rang. Es wird seit 1264 in der heutigen Form gefeiert und erinnert an das letzte Abendmahl von Jesus, der für Katholiken in der Eucharistiefeier durch Brot und Wein gegenwärtig wird.
Mannheimer Sonnenmonstranz stammt aus dem 17. Jahrhundert
Und es ist einer der wenigen Tage, wo der gemeinsame Glaube bewusst in der Öffentlichkeit gezeigt und bezeugt wird - quer durch alle Generationen und Nationalitäten. Die Kirche mache sich da „auf den Weg mit und zu den Menschen“, sagt Dekan Karl Jung. Zwei der jüngsten Teilnehmer, fünf und zwei Jahre alt, tragen sogar stolz kleine gelb-weiße Fähnchen mit dem vatikanischen Wappen, die sie mal auf dem Petersplatz bekommen haben.
Joachim Schneider bildet mit dem Vortragekreuz die Spitze der Prozession. Es folgen Chargierte der katholischen Studentenverbindung Churpfalz, Fahnenträger, viele Vertreter der muttersprachlichen Gemeinden in ihren prächtigen bunten Trachten. Neun ehrenamtliche Ordner der Jesuitenkirche, zwei Streifenwagenbesatzungen sowie die Malteser sichern den langen Zug der betenden und singenden Menschen durch die Quadrate ab.
Den meisten Spaß haben sicher die Kommunionkinder in ihren weißen Gewändern. Aus Eimern und Körbchen streuen sie Rosenblätter, fassen immer wieder vergnügt mit ihren Händen in das Wägelchen, in dem ein Bottich mit Nachschub an weiteren Rosenblättern liegt. Rosenblätter und Ministranten mit Altarschellen sind dann das Zeichen, dass der Höhepunkt der Prozession folgt: Der Baldachin, unter dem jeweils ein Priester die Sonnenmonstranz trägt. Sie ist ein von 1694 stammendes, mit Perlen besetztes Kleinod sakraler Kunst. Ihre filigranen Strahlen aus glänzendem Gold und Silber umgeben - einer Sonne gleich - die Hostie, also den Leib des Herrn. Mehrfach wechseln sich auf dem Weg die Geistlichen ab, um das schwere Schmuckstück zu tragen, ehe am Ende der Prozession am Marktplatz Dekan Jung übernimmt.
Glockengeläut begrüßt dort die Menge. Vor allem Mitglieder der muttersprachlichen Gemeinden - Polen, Spanier, Italiener - haben hier seit 5.30 Uhr am Morgen aufgebaut und herrlichen Blumenschmuck ausgebreitet. Enzo Mariconda, der mit seiner Frau das „Blumenhaus am Theater“ in S 6, 19 betreibt, sorgt hier schon seit über 50 Jahren für prachtvollen Blumenschmuck. „Aber es wird immer schwieriger“, bedauert er, denn kaum ein Gärtner züchte noch Rosen. Zum Glück gebe es in Ludwigshafen noch einen Betrieb, von ihm - und über den Großmarkt aus Südamerika - habe er die rund 3000 Rosen, deren Blätter nicht nur die Kommunionkinder streuen. Aus Rosenblättern und Bartnelken haben Samuel Ergin, der ursprünglich aus Peru stammt, und Marlene Rhiem am frühen Morgen ein schönes Blumenbild einer Sonne gestaltet. „Der braune Rahmen ist aus Kaffeesatz“, verrät Mariconda einen Trick, den er für die Sonne angewandt hat. Das Blumenbild liegt auf dem Marktplatz-Pflaster am Ende des roten Teppichs, über den die Prozession die Bühne erreicht.
Als Jung die Monstranz mit Weihrauch einhüllt und vor ihr niederkniet, knien auch die Gläubigen, verharren einen Moment in völliger Stille. Sieben Frauen lesen dann Fürbitten, während Kantor Klaus Krämer jeweils das Kyrie eleison („Herr, erbarme dich“) anstimmt. Gebetet wird für das Verständnis zwischen Nationen, Kulturen und Religionen, für das Wohlergehen des Papstes und der Bischöfe wie auch die Gesundheit von Kranken, für den Erhalt der Schöpfung oder das gute Miteinander von Staat und Kirche. Allen Leidenden, so das Gebet, möge die Botschaft Jesu ein Zeichen der Zuversicht sein. „Du bist das Brot, das Hoffnung macht“, so eine Fürbitte, deren Anliegen alle im Vaterunser zusammengefasst werden.
„Fest der Begegnung“ in Mannheim zeigt Vielfalt der Kirche
Vor dem Schlusssegen stimmen die Teilnehmer, begleitet vom Ensemble Splendid Brass, aus voller Brust „Tantum ergo sacramentum“ an. Nach Karl Jungs Gebet mit der Bitte um die „Frucht der Erlösung“, die allen Gläubigen zuteil werden möge, schallt „Großer Gott wir loben Dich“ über den Marktplatz, ehe wieder Glockengeläut ertönt.
Damit ist der Gottesdienst, aber nicht das Fest zu Ende. „Feiern gehört dazu“, lädt Karl Jung alle ein. Sind früher nach der Prozession und der Schlussandacht die Leute weggelaufen, so hatten die Pfarrer Theo Hipp und Oliver Wintzek die Idee, ein Fest der Begegnung auf dem Marktplatz anzuschließen. „Wir können da die ganze Vielfalt der Kirche zeigen“, sagt Hipp. Roswitha Niedermeier informiert über die anstehende Sanierung der Orgel von St. Sebastian, und besonders die muttersprachlichen Gemeinden legen sich stark ins Zeug, kochen landestypische Spezialitäten und zeigen Tänze in ihrer Tracht.
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