Heidelberg. Eine kurzfristig organisierte Menschenkette rund um die Synagoge und zahlreiche Solidaritätsbekundungen aus Politik und Gesellschaft: Die Reaktion auf die vergangene Woche bekannt gewordenen Anschlagspläne auf das jüdische Gotteshaus in Heidelberg kam schnell und deutlich. Und auch die Jüdische Kultusgemeinde Heidelberg selbst gibt sich kämpferisch. „Es bricht hier keine Panik aus“, versichert Rabbiner Jona David Pawelczyk-Kissin am Montag auf Anfrage. Am Wochenende nach der Veröffentlichung des vereitelten Vorhabens zweier junger Männer, in der Synagoge Blut zu vergießen, seien die Gottesdienste wie geplant gefeiert worden.
Etwas niedrigere Teilnehmerzahl bei den Gottesdiensten in der Synagoge Heidelberg am Wochenende
Dennoch haben die Anschlagspläne der 18- und 24-Jährigen aus Weinheim und Bad Friedrichshall in der Gemeinde Wirkung gezeigt. Die Teilnehmerzahl bei den beiden Gottesdiensten am Freitagabend und Samstagmorgen sei etwas niedriger gewesen als üblich, berichtet der Rabbiner. Der eine oder die andere sei sicherheitshalber lieber zuhause geblieben.
Jona David Pawelczyk-Kissin hat dafür durchaus Verständnis. „Die abstrakte Bedrohungslage kennen wir alle. Wenn es dann aber so konkret wird, wenn die Synagoge Heidelberg namentlich als Tatort genannt wird, dann ist das nochmal etwas ganz anderes“, sagt er. In den Gottesdiensten und durch interne Kommunikationswege zu den rund 420 Gemeindemitgliedern habe er daher auch vorrangig versucht, die erste Angst zu nehmen.
Nach Bekanntwerden von Anschlagsplänen in Heidelberg: Polizei und jüdische Gemeinden treffen sich zum Austausch
Für Dienstag hat das Polizeipräsidium Mannheim die jüdischen Gemeinden aus Heidelberg und auch aus Mannheim zu einem Gespräch eingeladen, bei dem die aktuelle Situation erörtert und möglicherweise weitere Schritte besprochen werden sollen. Die Sicherheitsvorkehrungen seien bereits unmittelbar nach Bekanntwerden der Anschlagspläne erhöht worden, teilt ein Sprecher des Präsidiums Mannheim auf Anfrage mit. Wie diese für die Heidelberger Synagoge konkret aussehen, darüber machen die Beamten keine Angaben.
Grundsätzlich bewegten sich die Schutzmaßnahmen für jüdische beziehungsweise israelische Einrichtungen „seit Jahren auf einem hohen Niveau und orientieren sich an der fortlaufend aktualisierten Gefährdungsbewertung des Landeskriminalamtes und der örtlich zuständigen Polizeipräsidien“, heißt es. „Dabei werden auch aktuelle Ereignisse berücksichtigt.“
Polizei hat die Schutzmaßnahmen für jüdische Einrichtungen "zuletzt noch intensiviert"
Die ohnehin schon hohen Schutz- und Überwachungsmaßnahmen für die Einrichtungen im Zuständigkeitsbereich seien „zuletzt noch intensiviert“ worden. Dazu zählen im Allgemeinen laut Polizeisprecher unter anderem offene und verdeckte Präsenz- und Aufklärungsmaßnahmen, regelmäßige Kontaktaufnahmen mit den Objektverantwortlichen sowie das Führen von Sicherheitsgesprächen und die Festlegung polizeilicher Ansprechpartner in Eilfällen.
Wie berichtet, war am Freitag die Festnahme eines 18-Jährigen in Weinheim bekannt geworden, der gemeinsam mit einem 24-Jährigen aus Bad Friedrichshall einen Messerangriff in der Synagoge Heidelberg geplant haben soll. Beide wollten dabei als „Märtyrer“ sterben, wie Chatverläufen zu entnehmen war. Vorausgegangen war eine Durchsuchung bei dem 24-Jährigen Anfang Mai, bei der IT-Geräte beschlagnahmt wurden. Um die Ermittlungen nicht zu gefährden, machen Staatsanwaltschaft Stuttgart und LKA aktuell keine weiteren Angaben zu den Verdächtigen.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Geplante Bluttat gegen Juden in Heidelberg: Extremismus vor der Haustür