Ukraine-Krieg - Anastasia Seredynskaja und Oleksander Petrenko sind quasi über Nacht in einer Großküche gelandet

So fanden zwei Geflüchtete über Nacht eine Arbeit in Mannheim

Von 
Steffen Mack
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Lea dos Santos (links) zeigt Oleksander Petrenko und Anastasia Seredynskaja, was zur Zubereitung des Abendessens zu tun ist. © Christoph Blüthner

Sie sind sichtlich sehr nervös. Aber wer wäre das nicht? Auch mit Großküchenerfahrung möchte man am ersten Arbeitstag nicht unbedingt beim Käseschneiden beobachtet, gar fotografiert werden. Außerdem ist das für Anastasia Seredynskaja und Oleksander Petrenko ein plötzlicher Rollentausch: Wenn es in der privaten Flüchtlingsunterkunft in Käfertal gleich Abendessen gibt, werden sie erstmals auf der anderen Seite der Theke stehen. Und ihre Landsleute aus der Ukraine nicht minder große Augen machen.

Auch die Stadt vermittelt Jobs

Die 20-Jährige und ihr eineinhalb Jahre älterer Freund kommen aus Odessa, der Hafenstadt am Schwarzen Meer. Dort arbeiteten die beiden, wie sie dem „MM“ später mit freundlicher Hilfe einer ehrenamtlichen Dolmetscherin per WhatsApp berichten, in einem Restaurant mit Unterhaltungsprogramm für Kinder. Vor viereinhalb Jahren lernten sie sich kennen, fast so lange sind sie schon ein Paar. Vor dem Krieg flohen sie nach Moldawien, innerhalb von nur zwei Tagen gelangten sie nach Deutschland. In Mannheim kamen sie vor rund drei Wochen an.

Anastasia Seredynskaja und Oleksander Petrenko an ihrem ersten Arbeitstag in der Küche der Unterkunft in Käfertal. © Christoph Blüthner

Nach der Anmeldung in ihrer Unterkunft, eigentlich ein Wohnheim für angehende Rettungssanitäter, bekamen sie nun ihre Steuer-Identifikationsnummer geschickt. Darauf hat sie Herbergsvater Michael Linke direkt eingestellt. Damit kann er den Beiden („Ich mag sie sehr, die sind sehr offen und anständig“) nicht nur zu zwölf Euro pro Stunde verhelfen, sondern dank ihrer Gastronomie-Erfahrung auch Krankheitsausfälle in seiner Küche kompensieren. „Vielleicht kochen sie ja mal was Ukrainisches.“ Wenn das dann ein Eintopf oder etwas anderes Haltbares sei, könnten ihre Landsleute davon auch mal außerhalb der Mensa-Öffnungszeiten essen. Linke hofft zudem, dass die Zwei bei den Bewohnern um Verständnis werben, wenn es mal ein Problem gibt.

Auf Grundlage der Massenzustrom-Richtlinie der EU bekommen Menschen aus der Ukraine nicht nur schnell und unkompliziert eine bis auf drei Jahre verlängerbare Aufenthaltserlaubnis. Wenn sie die haben, können sie im Normalfall dann auch - sofern die örtliche Ausländerbehörde mitspielt - auch vergleichsweise unbürokratisch eine Arbeit aufnehmen.

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Die Stadt Mannheim unterstützt Flüchtlinge aus der Ukraine bei der Jobsuche. „Es werden schon täglich über 20 Beratungsgespräche durchgeführt und auch schon Stellen vermittelt“, so Rathaussprecher Ralf Walther. Ziel sei eine schnelle Integration, um so ein selbstständiges Leben möglich zu machen.

„Toll in Arbeit eingewiesen“

Anastasia Seredynskaja und Oleksander Petrenko sind nach ihrem ersten Arbeitstag jedenfalls sehr froh. Er zeigt sich besonders vom gut organisierten, sehr freundlichen Küchen-Team angetan. Das habe ihnen auch ohne Dolmetscherin erklären können, „wie hier alles abläuft und uns toll in unsere Arbeit eingewiesen“. Sie freuten sich auch, in ihrer Unterkunft helfen zu können, sowie über die neuen Eindrücke und beruflichen Erfahrungen, so die Beiden. Die knüpften gut an ihre früheren Tätigkeiten an: Er sei schon Koch und Barkeeper gewesen, sie Köchin und Konditorin. Bei aller Freude meint die 20-Jährige aber auch: „Ich kann es nicht erwarten, meine Heimatstadt wiedersehen zu können.“ Odessa sei wirklich wunderschön.

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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