Fußball-EM - Stimmen aus Mannheim vor der Partie Deutschland gegen Frankreich

So erleben Mannheimer Franzosen und Französinnen das EM-Spiel

Von 
Paula Richter
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WM-Halbfinale 1986 in Mexiko: Rudi Völler (l.) hebt den Ball zum 2:0 über den französischen Torhüter Joel Bats. © dpa

Mannheim. 2016 verlor die deutsche Nationalmannschaft im Halbfinale der Europameisterschaft gegen die französische Mannschaft 0:2. Fünf Jahre später treffen die beiden Mannschaften – aufgrund der Pandemie ein Jahr verspätet – bereits in der Vorrunde aufeinander: am Dienstagabend in München. Wir haben Franzosen in Mannheim gefragt, wie sie das Spiel erleben, außerdem Mannheims Ersten Bürgermeister Christian Specht sowie den französischen Honorarkonsul Folker Zöller.

Ludovic Roy drückt Frankreich die Daumen. Der gebürtige Franzose aus Caen in der Normandie unterrichtet Französisch, Geschichte und Deutsch als Fremdsprache. „Ich schaue zwar selten die Fußballligen, bei Europa- und Weltmeisterschaften bin ich aber für Frankreich“, sagt er. Als Kind ist Ludovic Roy mit seinen Eltern nach Mannheim gezogen, doch zu Frankreich habe er nach wie vor eine enge Bindung. „Ich habe alle Ferien dort verbracht“, erzählt er, „da fühlt man natürlich eine Verbundenheit.“ Außerdem habe das französische Team eine starke Mannschaft mit vielen sehr guten Spielern.

Das findet auch Virginie Jouhaud-Neutard aus Bordeaux: „Natürlich habe ich eine kleine Schwäche für Frankreich, ich mag aber beide Mannschaften und freue mich, egal wer gewinnt.“ Jouhaud-Neutard lebt seit 20 Jahren in Deutschland. Nach dem Studium in Mannheim zog sie vor zehn Jahren zurück in die Stadt und ist nun Geschäftsführerin des Institut Français.

„Ich finde die französische Mannschaft toll“, sagt sie, „viele Spieler, die 2018 bei der WM dabei waren, sind auch jetzt wieder im Team – wie Antoine Griezmann oder Kylian Mbappé.“ Außerdem spiegele die Mannschaft die aktuelle Gesellschaft in Frankreich wider. „Die Mannschaft erinnert an 1998. Sie zeigt ein buntes Bild der Gesellschaft und erfährt deshalb auch so viel Sympathie“, sagt die Französin.

Tipp: Frankreich siegt 2:1

Ludovic Roy setzt große Hoffnungen in Trainer Didier Deschamps, der die Mannschaft 2018 zum WM-Titel führte. „Deschamps hat das Team zusammengeschweißt“, sagt er. „Vor 15 Jahren war die Mannschaft am Boden, doch jetzt halten alle zusammen. Daran sieht man, wie wichtig ein guter Trainer ist.“ Nun sei die französische Nationalmannschaft aber wieder eine einheitliche Mannschaft mit guten Chancen, so Roy. „Besonders toll finde ich Antoine Griezmann und Olivier Giroud“, sagt er, „Griezmann ist klein, wendig und schnell, während Giroud eine große Ausdauer hat.“

Frankreichs starke Mannschaft habe gute Chancen, das Spiel gegen Deutschland zu gewinnen, sagt Ludovic Roy. „Aber auch die deutsche Elf ist nicht schlecht“. Roys Tipp: 2:1 für Frankreich, doch letztendlich könne man das Ergebnis nie voraussagen. „Ich halte mich an den ehemaligen Bundestrainer Sepp Herberger“, sagt Roy: „Der Ball ist rund, und das Spiel dauert 90 Minuten.“

Für die meisten sei laut Virginie Jouhaud-Neutard Frankreich der Favorit. Es könnte aber sein, dass das starke Ego der Mannschaft zum Problem werde. Viele gute und bekannte Spieler müssten jetzt zusammenspielen. „Das WM-Finale 2018 gegen Kroatien haben wir im Institut Français geschaut. Das war ein sehr schöner Abend mit toller Stimmung“, erinnert sie sich. Das sei natürlich heute nicht möglich, aber es sei trotzdem toll, dass die Europameisterschaft stattfinden könne.

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Das denkt auch Ludovic Roy. „So etwas wie die EM braucht man jetzt“, sagt er. „Jetzt, da es wieder möglich ist, ist es wichtig, gemeinsam etwas zu erleben.“ Auch er erinnert sich gut an das Finale 2018. „Das Spiel war toll“, erinnert er sich. „Auch wenn es schade war, dass Deutschland so früh ausschied.“ Spiele zwischen Frankreich und Deutschland seien immer spannend, da zwei große Nachbarn gegeneinander anträten, die fast gleich gut seien. Die Stimmung habe er immer friedlich erlebt. „Eine schockierende Erinnerung ist die an das Spiel 2015, als Selbstmordattentäter sich vor dem Stade de France in Paris in die Luft sprengten. „Den plötzlichen Knall vergisst man nicht. Es war so surreal und erschreckend, wie die fröhliche Situation von einem Moment auf den anderen zu einer bedrohlichen wurde.“

Freude für den Gewinner

Zwischen deutschen und französischen Fans habe er die Stimmung jedoch immer nur gut erlebt. Das sagt auch Virginie Jouhaud-Neutard. „Ich habe mich bei Spielen zwischen Deutschland und Frankreich nie schlecht gefühlt“, sagt sie. Im Gegenteil: Sie erlebe Fußball immer als etwas Schönes. Ludovic Roy freut sich auch auf das Spiel. „Zwar drücke ich Frankreich die Daumen, doch wenn man so lange in Deutschland lebt, gönnt man auch der deutschen Mannschaft den Sieg.“ Am Ende freue man sich für den Gewinner.

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„Die Spiele zwischen Deutschland und Frankreich waren immer schon von Leidenschaft geprägt“, findet Christian Specht. Dass das Auftaktspiel beider Mannschaften bei dieser EM nun direkt zu dieser Begegnung führe, wirke wie ein vorgezogenes Finale. Mannheims Erster Bürgermeister und gleichzeitig Vorsitzender des Institut Français ist sehr gespannt, wie das Kräfteverhältnis in diesem Jahr ist. „Unabhängig vom Ergebnis hoffe ich auf ein faires und friedliches Spiel – ganz im Sinne der freundschaftlichen Beziehungen beider Länder.“

Folker Zöller ist französischer Honorarkonsul und gerade in Frankreich in Urlaub. Wegen des Jahrs Verspätung freue er sich umso mehr auf die Europameisterschaft, schreibt er. Das Spiel am Dienstagabend zwischen beiden Mannschaften sei mit Blick auf den Titel ein Gipfeltreffen. Zöllers Motto für die 90 Minuten in der Münchner Arena: „Que le meilleur gagne! – Möge der Beste gewinnen!“ (mit stp)

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